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Rauch steigt aus Gebäuden in Khartoum Nord auf Rauch steigt aus Gebäuden in Khartoum Nord auf 

Sudan: Bischof verschanzt sich in der Kathedrale

Auch zum Ende des Fastenmonats Ramadan kommt der Sudan nicht zur Ruhe. Trotz vereinbarter Feuerpausen tobt der Konflikt. Tausende sind aus der Hauptstadt Khartum geflohen. „Kirche in Not“ sieht nicht nur die Christen unter Druck.

„Momentan können wir nur telefonisch beistehen. Ich versuche die verschiedenen Kontakte täglich anzurufen und sage einfach, dass wir da sind. Ich frage jedes Mal nach, was wir tun können.“ Das sagt Kinga Schierstädt, Projektreferentin für Afrika beim katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ dem Kölner Domradio.

Es gehe in aktuellem Fall nicht um einen Religionskampf, so Schierstädt weiter, sondern um zwei Militärgeneräle, die gegeneinander kämpfen. „Aber die Gefahr, dass Zivilisten dem zum Opfer fallen, ist sehr sehr groß, weil ohne Rücksicht auf Verluste geschossen wird. Somit ist die Gefahr außer Haus zu gehen, wahnsinnig groß“, fügt sie an. Was die Katholiken im Sudan betreffe, sagt sie: „Die katholische Kirche im Sudan ist sehr klein, etwa 95 Prozent der Einwohner sind Muslime. Da es kein religiöser Konflikt ist, sind alle Bürger gleich betroffen. Die öffentlichen Gottesdienste am vergangenen Sonntag sind ausgefallen. Das Glaubensleben findet in den Krisenzonen nur mehr in den Privathäusern statt.“ Einer von den Bischöfen habe ihr gesagt, dass er sich inzwischen in der Kathedrale verschanzt hat beziehungsweise dahin geflohen ist: „Hier bin ich wenigstens in der Nähe vom Allerheiligsten. Das ist momentan mein einziger Schutz.“

Hintergründe des Konflikts

Der Konflikt zwischen den beiden militärischen Fraktionen im Sudan werde wahrscheinlich auf die Nachbarländer übergreifen, nicht zuletzt weil beide Kontrahenten Verbindungen zu Nachbarstaaten und externen Sponsoren haben. Die sudanesischen Streitkräfte (FAS) unter dem Kommando von General Abdel Fattah Al-Bourhane haben enge Verbindungen zu ihren ägyptischen Kollegen, wie die Tatsache beweist, dass einige Kairoer Militärangehörige, die sich zu gemeinsamen Übungen im Sudan aufhielten, vorübergehend von Milizionären der Rapid Support Forces (RSF) unter der Führung von Al-Bourhanes Rivalen, General Mohammed Hamdan Daglo (oder Dagalo), bekannt als „Hemetti“, festgehalten wurden. Die Nähe zwischen den regulären sudanesischen Streitkräften und den ägyptischen Streitkräften ist Teil der Druckkampagne, die Kairo gegen Äthiopien wegen der Kontrolle des Nilwassers führt, die nach ägyptischer Auffassung durch den Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD), das größte jemals in Afrika gebaute Wasserkraftwerk, gefährdet ist.

Die Rolle Libyens

Es sei daher verständlich, dass Addis Abeba eher Daglo als Al-Bourhane wohlwollend gegenüberstehe. Von seinen Hochburgen in Darfur (im Westen des Landes) aus habe Daglo mit seiner RSF ein dichtes Netz grenzüberschreitender Beziehungen geknüpft, in dessen Mittelpunkt der Handel mit Gold steht, das in den Minen der Region abgebaut wird, und er schickt seine eigenen Männer zur Verstärkung der Reihen seiner regionalen Verbündeten. Daglo werde insbesondere vom starken Mann der Cyrenaica (östlich von Libyen), Khalifa Haftar, unterstützt, dem der sudanesische Rebellengeneral einige Söldner zur Verfügung gestellt haben soll. Die Rolle Haftars zeige die Komplexität der regionalen politischen Situation.

Der libysche General werde von den Vereinigten Arabischen Emiraten, Frankreich, Russland und Ägypten unterstützt. Letzteres unterstützt, wie sich herausstellte, Al-Bourhane und nicht Daglo. Haftars Handlungsspielraum ergebe sich nach einigen Analysen aus der Tatsache, dass er die Sicherheit der ägyptischen Westgrenze garantiert.

Die Rolle der Emirate

Außerdem seien die Emirate, die sowohl Haftar als auch Daglo sponsern, die Empfänger des Goldes, das in den sudanesischen und zentralafrikanischen Minen abgebaut werde, die von den russischen Wagner-Milizen kontrolliert würden, die ihrerseits von westlichen Ländern beschuldigt werden, mit Daglo gemeinsame Sache zu machen. Letztere scheine sich auch in den Bürgerkrieg in der Zentralafrikanischen Republik einzumischen, und sei es nur, um Ressourcen für die Finanzierung des Krieges zu gewinnen. Es sei darauf hingewiesen, dass sowohl die RSF von Daglo als auch die FAS von Al-Bourhane über eigene Ressourcen verfügen, die es den beiden Kontrahenten ermöglichen könnten, den Krieg bis zum bitteren Ende zu verlängern. Erstere, wie bereits erwähnt, vor allem durch Gold und die Bereitstellung von Söldnern (die z. B. von den Emiraten und Saudi-Arabien im Krieg im Jemen eingesetzt werden), letztere durch ihre Kontrolle über weite Bereiche der nationalen Wirtschaft (Banken, Versicherungen, die Agrar- und Ernährungswirtschaft, die Kriegsindustrie, deren Produkte sogar in der Ukraine eingesetzt wurden). Die von den westlichen Ländern gegen den Sudan verhängten Sanktionen wegen des Staatsstreichs von 2021 (der von den beiden rivalisierenden Generälen gemeinsam durchgeführt wurde) haben die Explosion des Konflikts nicht verhindert.

(domradio/fides – mg)

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22. April 2023, 14:06