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Linda Bordoni mit Darya aus Russland, Olga aus Belarus and Katya aus der Ukraine Linda Bordoni mit Darya aus Russland, Olga aus Belarus and Katya aus der Ukraine 

Krieg in der Ukraine: Frauen erheben ihre Stimme für den Frieden

Sie kommen aus Russland, Belarus und der Ukraine und nahmen kürzlich an der Generalaudienz teil, um ihre gemeinsame Forderung nach Frieden vorzutragen: Darya, Olga und Kateryna trafen Papst Franziskus am vergangenen Mittwoch. Über ihren gemeinsamen Einsatz gegen Krieg und Gewalt sprachen sie mit uns.

Linda Bordoni und Christine Seuss - Vatikanstadt

Darya kommt aus Russland, Olga aus Belarus und Kateryna aus der Ukraine. Sie sind in Italien, um der Stimme von Millionen ihrer Mitbürger gegen den Krieg in der Ukraine und die zunehmende Militarisierung der Welt Gehör zu verschaffen. Eingeladen wurden sie von der Italienischen Bewegung für Gewaltlosigkeit, die sich für Entmilitarisierung und pazifistische Aktionen stark macht.

So viele Russen sind gegen den Krieg, können es aber nicht sagen

„Mein Ziel ist es, einen Weg zu finden, wie das russische Volk existieren kann, ohne dass seine Hände mit Blut befleckt sind“, betont Darya Berg. Mit Blick auf ihr Projekt „Go by the forest“ erklärt die Russin, dass es sich um ein gewaltfreies Programm des zivilen Widerstands handele, das „dem russischen Volk dabei helfen soll, diesen schrecklichen Krieg, den Russland in der Ukraine begonnen hat, abzulehnen“.

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Darya musste aus ihrem Land fliehen, um ihre Ideale und ihr pazifistisches Engagement verfolgen zu können. Wäre sie in Russland geblieben, säße sie heute wegen ihrer Worte und Taten im Gefängnis, erklärt sie nüchtern: „So viele Menschen in Russland sind gegen den Krieg, aber sie können es nicht laut sagen, weil sie von unserer Regierung bedroht werden und Angst haben. Sie selbst sei hier, weil sie diese Menschen „alle vertritt und Europa und der ganzen Welt sagen will, dass es viele russische Menschen gibt, die gegen den Krieg sind, die niemanden töten wollen und die Frieden wollen.“ Es sei wichtig, auf diese Stimmen zu hören, auch wenn sie schwiegen, insistiert die Aktivistin.

Satellitenfoto (Archiv) an der georgisch-russischen Grenze im September 2022. Kilometerlange Staus bildeten sich, als wehrpflichtige Männer aus Russland ausreisen wollten.
Satellitenfoto (Archiv) an der georgisch-russischen Grenze im September 2022. Kilometerlange Staus bildeten sich, als wehrpflichtige Männer aus Russland ausreisen wollten.

Darya erläutert, dass „Go by the Forest“ in Russland eine doppelte Bedeutung habe: Es bedeute einerseits „es ist uns egal, was ihr denkt“, und das, so fährt sie fort, „ist das, was wir der Regierung unseres Landes sagen. Es ist aber auch eine Aufforderung, ,durch den Wald zu gehen‘, nach Möglichkeiten zu suchen, die Grenze zu überqueren, um der Wehrpflicht zu entgehen. Wir helfen den Menschen, die in diesem blutigen Krieg niemanden töten wollen, wir helfen ihnen, ihre Rechte zu kennen, wir helfen ihnen mit juristischen Informationen, psychologischer Unterstützung und Verstecken auf russischem Territorium und wir helfen ihnen, die Grenze zu überqueren.“

Es sei zwar immer noch erlaubt, das Land zu verlassen, sagt Darya, aber dies sei sehr schwierig für Menschen, die vor allem aus Dörfern oder kleineren Städten kommen, die keine Pässe haben und Russland noch nie verlassen haben. Diese Menschen werden „von der Regierung, vom Militär, von der Armee bedroht, und sie wissen nicht, was sie tun können und was nicht“: „Seit dem Beginn des Krieges und dem Beginn der Mobilisierung in Russland haben wir 4.000 Menschen geholfen, dem Krieg zu entgehen“.

Ukrainische Militärübungen nahe bei der Grenze zu Belarus
Ukrainische Militärübungen nahe bei der Grenze zu Belarus

Unser Zuhause

Olga Karach wiederum leitet eine belarussische Organisation namens „Unsere Heimat“. Sie erzählt uns, dass derzeit eine Kampagne läuft, die den Männern des Landes helfen soll, die Einberufung in die belarussische Armee und damit den Krieg in der Ukraine zu vermeiden.

Olga erinnert daran, dass der belarussische Präsident erst diese Woche ein Gesetz verabschiedet hat, das die Todesstrafe für Deserteure aus der Armee vorsieht. Wie Darya engagiert sich Olga in einer Kampagne, um den Männern Gehör zu verschaffen, „die sich nicht einschreiben lassen wollen, die nicht zu den Waffen greifen wollen und die deshalb an den Rand gedrängt werden“: „Sie kämpfen gegen das Gesetz und die öffentliche Meinung und stehen unter großem Druck von vielen, vielen Seiten.“

Lukaschenko ist Verbündeter Putins
Lukaschenko ist Verbündeter Putins

Olga sagt, dass die Medienaufmerksamkeit seit der friedlichen Revolution von 2020, bei der Tausende von Bürgern, die gegen Lukaschenko waren, inhaftiert oder ins Exil geschickt wurden, zwar nachgelassen habe, aber es „immer noch viel Terror und viele Operationen in unserem Land“ gebe. Heute, so betont sie, brauche das belarussische Volk „noch mehr Solidarität und Unterstützung, weil Lukaschenko unter dem unglaublichen Druck von Wladimir Putin steht, belarussische Soldaten in die Ukraine zu schicken“.

Sie sei nun in Italien, weil sie „eine zweite Front in der Ukraine auf belarussischer Seite stoppen und verhindern“ will: „Ich glaube, dass wir es als pazifistische und gewaltfreie Bewegung schaffen können. Wir brauchen die Aufmerksamkeit Europas für die Situation in Belarus“, betont sie, „vor allem für die belaurussischen Männer, die versuchen, die Einberufung zur Armee zu vermeiden“.

Frieden für die Ukraine

Kateryna Lanko aus Kyiv vervollständigt das Trio. Ihr Ziel sei es, „Frieden für die Ukraine zu erreichen, den Krieg zu beenden, eine stärkere Friedensbewegung in der Ukraine zu etablieren und unsere Kriegsdienstverweigerer zu unterstützen“, erklärt sie. Der eindringliche Friedensappell von Papst Franziskus während der Generalaudienz und seine Worte, dass „alles, was auf Trümmern gebaut ist, niemals ein wahrer Sieg sein kann“, hätten ihr viel Mut gemacht und ihr Herz erwärmt: „Ich glaube, dass es uns mit der Hilfe des Papstes gelingen wird, diesen Krieg zu beenden“, zeigt sie sich überzeugt.

Die Kraft aus der Einigkeit

Die drei Frauen bekräftigen ihr gemeinsames Engagement, das sich, wie sie sagen, aus gemeinsamen Problemen und der Überzeugung speise, dass sie gemeinsam viel erreichen können. Ziel ihrer Reise nach Italien ist es, Geld für ihre Arbeit zu sammeln, aber mehr noch, sie wollen gehört werden. Olga erinnert sich mit Dankbarkeit an die Solidarität vieler Italiener mit den belarussischen Kindern von Tschernobyl, die durch die Nuklearkatastrophe 1986 zu Waisen wurden oder anderweitig betroffen waren. Sie hofft auch, dass Europa die Nachricht aufgreifen werde, dass Lukaschenko militärische Ausbildungszentren für Kinder ab sechs Jahren einrichtet, „um ihnen das Schießen und den Umgang mit militärischer Ausrüstung beizubringen“, damit sie schließlich als Kindersoldaten eingesetzt werden können.

„Wir alle drei brauchen Ihre Hilfe“, sagt Darya, „aber vor allem müssen wir gehört werden. Ich glaube, dass wir gemeinsam den Krieg beenden können, und das ist sehr wichtig für unsere Länder, damit wir so viele Leben wie möglich retten können.“ Sie seien hier, „um zu sagen, dass es Menschen gibt, die nicht kämpfen wollen, die nicht mit Waffen in den Händen enden wollen, die nicht töten oder getötet werden wollen.“ Sie schließt mit den Worten: „Mein Ziel ist es, einen Weg zu finden, damit die Russen leben können, ohne Blut an ihren Händen zu haben“.

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27. Februar 2023, 11:49