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Gewaltwelle am 28. Juli in Port-au-Prince Gewaltwelle am 28. Juli in Port-au-Prince  Die Geschichte

Haiti: Hauptstadt-Erzbischof klagt Trägheit der Behörden an

Die Kathedrale von Port-au-Prince wurde am 27. Juli durch „ein durch Brandstiftung verursachtes Feuer“ schwer beschädigt. Die Kirche von Haiti warnt erneut vor der Gewalt bewaffneter Banden, die ganze Landstriche kontrollieren. Der Erzbischof von Port-au-Prince, Max Leroy Mésidor, ist empört über die Hilflosigkeit der Polizei und die fehlende Autorität des Staates.

Mario Galgano und Myriam Sandouno - Vatikanstadt.

Das Stadtzentrum von Port-au-Prince war in den letzten Tagen Schauplatz gewalttätiger Zusammenstöße zwischen bewaffneten Banden, bei denen Hunderte von Menschen unter der in großer Not befindlichen Zivilbevölkerung ums Leben kamen. Selbst die Polizei ist nach Angaben des Erzbischofs von Port-au-Prince, Max Leroy Mésidor, machtlos. Die Kathedrale, die sich inmitten der umkämpften Gebiete befindet, wurde am 27. Juli durch „ein durch Brandstiftung verursachtes Feuer“ schwer beschädigt, das die Feuerwehr eindämmen konnte, um die heilige Stätte zu retten.

Die Ursachen für die Auseinandersetzungen

Die Gründe der Auseinandersetzungen scheinen politisch und wirtschaftlich zu sein, da die Gruppen Verbindungen zu bestimmten Sektoren und politischen Führern haben. Es wird auch behauptet, dass es darum gehe, neuralgische Gebiete im Hinblick auf die Wahlen zu kontrollieren. Es gebe auch wirtschaftliche Gründe, da die bewaffneten Gruppen Entführungen und Lösegeldforderungen durchführen und Steuern von Händlern erheben, die in ihrem Gebiet tätig seien. Diese Gruppen versuchten, so viele Gebiete wie möglich zu besetzen und von den Händlern und Bewohnern dieser Gebiete Geld zu erpressen. „Wer könnte glauben, dass wir heute in Haiti, insbesondere in Port-au-Prince, sicher sind? Wir passen auf, bleiben vorsichtig, beten und vertrauen auf Gott und hoffen auf ein besseres Morgen, denn wir wissen, dass das Land mit seiner Gnade wieder auf die Beine kommen wird“, so der Erzbischof gegenüber Radio Vatikan.

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Die Reaktion der haitianischen Regierung

Die Reaktion der Regierung sei schwach und weit davon entfernt, die Bevölkerung zu beruhigen. Es gebe keine offizielle Regierungsmitteilung zur Situation in Cité Soleil, dem größten Slum der Hauptstadt, wo Zusammenstöße zwischen Gruppen bewaffneter Banden nach Schätzungen mehrerer Menschenrechtsorganisationen fast 400 Todesopfer gefordert hätten. Dazu Erzbischof Leroy Mésidor:

„Die Polizei ihrerseits scheint machtlos zu sein, denn sie ist nach allgemeiner Ansicht gegen schwer bewaffnete Banden, die über einen starken und mächtigen politischen und wirtschaftlichen Rückhalt verfügen, unterausgerüstet. Die Bevölkerung spürt keinen wirklichen Willen der Behörden, dieser Situation ein Ende zu setzen. Die Bischofskonferenz von Haiti hat sich damit in ihrer Botschaft vom 29. Juli damit auseinandergesetzt. Warum handelt der Staat nicht, um im Rahmen der Justiz mit der nötigen Härte durchzugreifen und die Banditen unschädlich zu machen? Ist es unmöglich, die Quellen abzuschneiden, die die Gruppen mit Waffen und Munition versorgen? Profitieren von dieser Situation unberührbare Personen? Wir erwarten eine energischere und entschlossenere Reaktion der Behörden.“

In der Botschaft der Bischofskonferenz von Haiti fordern die Bischöfe Maßnahmen zur Entwaffnung der Banden. Dazu hat der Erzbischof der Hauptstadt Haitis auch konkrete Vorschläge:

„Es sind zu viele Waffen im Umlauf, die ins Land gebracht werden. Zunächst sollten die Zollkontrollen verstärkt, die Grenzen kontrolliert und die Waffenlieferungen aufgeklärt werden. Zweitens, zu einer ernsthaften Entwaffnung zu gelangen. Ich habe keine Kenntnisse in diesem Bereich und die Kirche auch nicht. Wir überlassen es daher den Militärexperten, darüber nachzudenken, wie eine echte und wirksame Abrüstung erreicht werden kann. Außerdem können uns die sogenannten ,befreundeten´ Länder Haitis helfen, wir sind nicht das erste Volk in dieser Situation, wir können uns von Arbeiten inspirieren lassen, die anderswo in diesem Bereich geleistet wurden, damit wir in Frieden leben und uns frei bewegen können, unter Einhaltung der Gesetze und Grundsätze. Ich möchte jedoch hinzufügen, dass wir an der Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes im Allgemeinen und der Slumbewohner im Besonderen arbeiten müssen. Man kann keinen Frieden haben, wenn man einen Großteil der Bevölkerung unter empörenden Bedingungen leben lässt, d. h. ohne sauberes Trinkwasser, Strom und Latrinen. Heute reicht ein viertelstündiger Regen aus, um Stadtviertel zu überfluten und die Menschen auf die Straßen, Sportplätze und öffentliche Plätze zu werfen. Die Situation der Menschen in den Arbeitervierteln muss berücksichtigt werden, es scheint, als würden sie für den Staat nicht zählen. Meiner Meinung nach bedarf es auch eines nationalen Bewusstseins für die Katastrophe, die auf uns zukommt, es bedarf eines echten nationalen Dialogs und eines Minimalkonsenses, um einen Ausweg aus dieser Krise zu finden, die uns alle betrifft. Möge uns die Jungfrau Maria Unsere Liebe Frau von der Immerwährenden Hilfe beistehen.“

(vatican news)

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05. August 2022, 13:21