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Bischof Alvaro Ramazzini Imeri von Guatemala, hier im Gespräch mit Mario Galgano Bischof Alvaro Ramazzini Imeri von Guatemala, hier im Gespräch mit Mario Galgano 

Guatemalas designierter Kardinal: „Warum ich dankbar bin“

Guatemala erhält seinen ersten Kardinal – und was für einen. Der als „roter Bischof“ bekannte Alvaro Ramazzini setzt sich entschieden für die Menschenwürde aller ein. Dafür hat der Bischof von Huehuetenango schon Morddrohungen bekommen. Im Interview mit seinem Diözesansender Radio Creativa warnte Ramazzini vor einer weltlichen Logik, die einer Person mehr Gehör schenkt, wenn sie Kardinal ist, und spricht von seiner Entscheidung für Gerechtigkeit und Wahrheit.

„Warum bin ich dankbar für diese Ernennung durch den Papst? Ich sage euch, warum: Wenn du an einen Kardinal denkst, denkst du an jemanden, der Karriere macht. Nein! Vorsicht! In der Kirche geht es nicht darum, Karriere zu machen, denn Jesus sagt, dass die ersten die letzten sind. Der Papst hat es gezeigt, vor allem dieser Papst hat es gezeigt. Es ist nicht so, dass ich mich jetzt überlegen fühle, weil ich ein Kardinal bin. Sicher, die Mentalität der Welt ist anders, ah, der Kardinal, sicher hören wir auf ihn, aber auf den Bischof von Huehuetenango hören wir nicht.“

Ein Kardinal habe zwei Hauptaufgaben, erklärte der Bischof den Hörern und Hörerinnen seines Senders: die Wahl und die Beratung des Papstes. Zum Punkt Konklave sagte Ramazzini, er hoffe, „dass es noch lange dauern wird, um den Papst zu wählen, weil Papst Franziskus noch viele Jahre lebt.“ Zweitens berufe das Kirchenoberhaupt jeden Kardinal als Berater in eine Vatikanbehörde, „um ihm bei seinen Entscheidungen zu helfen“. Ramazzini hofft, seine Erfahrungen aus der Kirche in Guatemala gut einbringen zu können. Er wolle dem Papst sagen, „was in diesem Teil der Welt geschieht, in dem die Informationen, die den Vatikan erreichen, oft nicht die Realität Ihres Lebens widerspiegeln“, so der Bischof an die Hörerschaft seines Diözesansenders. „In diesem Sinne besteht die Verantwortung, die ich übernehme, darin, die Stimmen des katholischen und nicht-katholischen Volkes von Guatemala in jene Büros zu bringen, in denen wichtige Entscheidungen für die ganze Kirche getroffen werden. Das ist alles.“

„[ Werden sie mein Gehalt erhöhen? Nein. Weil ihr mir genug gebt, um davon zu leben. Mein Reichtum seid ihr]“

Auch über Geldfragen äußerte sich der Bischof der mit 900.000 Einwohnern kleinen Diözese Huehuetenango erfrischend direkt. „Werden sie mein Gehalt erhöhen? Nein. Weil ihr mir genug gebt, um davon zu leben. Mein Reichtum seid ihr, Brüder und Schwestern. Etwas Anderes brauche ich nicht.“ Ramazzini betonte, er werde das Bistum nicht verlassen. „Das Gute an diesem Papst ist, dass er dich zum Kardinal macht und dir sagt, dass du dort bleiben sollst. Wie beim Kardinal von Panama, beim Kardinal von Managua, Nicaragua. Das gefällt mir an diesem Papst: Er versucht zu lehren, dass es nicht die Ehrungen sind, nach denen wir in der Kirche suchen müssen, sondern dass die größte Ehre darin besteht, euch zu dienen. Das ist die größte Ehre. Es ist nicht einfach. Ein Bruder sagt: Betet für eure Hirten, betet für sie.“

„Betet für mich, damit ich ein treuer Hirte werde, der euch nicht verrät“

Wer Priester oder Bischof werde, lege alles in die Hände Gottes, so Ramazzini. Allerdings brauche es auch Mut zur Verkündigung. Wer Angst habe, dieses oder jenes zu sagen, sei im priesterlichen Dienst nicht gut aufgehoben. „Wozu wärst du dann Priester geworden? Es wäre besser gewesen, du bleibst zu Hause, mit einer Frau, einer Schar von Kindern, wärst Opa, glücklich. Priester zu sein, und noch mehr Bischof zu sein, heißt eine Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidung für Gerechtigkeit, für Wahrheit, Freiheit und Solidarität, und wenn man nicht bereit ist, dieser Priester zu sein, dann ist es besser zu tun, wie es in jenem Schlager heißt: nimmt deinen Koffer und geh dorthin, wo du glücklich sein kannst. Betet für mich, damit ich ein treuer Hirte werde, der euch nicht verrät, der die Brüder im Priesteramt nicht verrät, der die Ordensleute nicht verrät. Mögen wir zusammen gehen.“

Gegen Gewalt und Umweltzerstörung

Der 72-jährige Bischof ist keine leise Stimme in Guatemala. Er wendet sich gegen Drogenkriminalität und Gewalt, Ausbeutung und Umweltzerstörung durch Bergbau-Großprojekte, streitet für die Rechte der Landarbeiter und sucht Lösungen für die aktuelle Migrationskrise. Als Ramazzini 2006, damals als Bischof von San Marcos, einer der ärmsten Diözesen des mittelamerikanischen Landes, zum Vorsitzenden von Guatemalas Bischofskonferenz gewählt wurde, sprachen die Medien von einem „Linksruck" durch den „roten Bischof". Dennoch strahlt er Gelassenheit aus.

Für sein Engagement erhielt Ramazzini 2005 den österreichischen Konrad-Lorenz-Preis. 2011 folgte der US-amerikanische Friedenspreis „Pacem in Terris Peace and Freedom Award". Oft bekommt er, auch als Leiter der nationalen Caritas, zu hören: Die Kirche solle predigen und sich ansonsten aus Agrar- und Menschenrechtsfragen heraushalten; die Hühnerpreise hätten nichts mit dem Evangelium zu tun. Ramazzini antwortet darauf: „Wenn die Kirche nur ihre Botschaft verkündet und dabei die Lebensprobleme der Menschen außer Acht lässt, wird sie zur Komplizin der Ungerechtigkeit."

Gerechtigkeit und Landbesitz

Als besonders gefährlich gilt der Einsatz des Bischofs für die Landlosen. Guatemala ist der Staat mit der ungerechtesten Verteilung von Land in ganz Lateinamerika. Wenige Großgrundbesitzer verfügen über rund zwei Drittel des Bodens. Ihnen ist Ramazzinis Engagement suspekt: für die Campesinos, die auf den Fincas der Reichen ausgebeutet werden, und für die Umwelt, die durch große Goldminen verwüstet zu werden droht.

Mit Ramazzinis Erhebung in den Kardinalsstand ist nun die Hoffnung verbunden, dass auch sein Kampf für Gerechtigkeit mehr Aufmerksamkeit erhalten wird. Gleichzeitig dürfte somit das Risiko verringert werden, dass er selbst zum Opfer krimineller Gewalt werden könnte.

(radio creativa/vatican news/kna – gs)

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02. September 2019, 13:43