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Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin  (ANSA)

Parolin: „Für den Papst ist Verhandeln keine Kapitulation“

Der Vatikan bemüht sich weiterhin, die Kontroverse um Äußerungen des Papstes zum Ukraine-Krieg zu dämpfen. Jetzt hat sich auch Franziskus‘ Chefdiplomat eingeschaltet.

Im Interview mit der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ wies Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin den Eindruck zurück, dass der Papst einseitig nur die Ukraine aufgerufen habe, sich um einen Verhandlungsfrieden zu bemühen. Franziskus habe davon gesprochen, dass „die Bedingungen für eine diplomatische Lösung auf der Suche nach einem gerechten und dauerhaften Frieden“ geschaffen werden müssten, und es sei doch „offensichtlich, dass die Schaffung solcher Bedingungen nicht nur in der Verantwortung einer der beiden Parteien liegt, sondern in der beider“. Der Kardinal wörtlich: „Die erste Bedingung scheint mir gerade die Beendigung der Aggression zu sein“.

„Die erste Bedingung scheint mir gerade die Beendigung der Aggression zu sein“

Der Papst hatte in einem Interview vom Februar, dessen Text am Samstagabend bekanntwurde, gesagt: „Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass es nicht gut läuft, muss man den Mut haben, zu verhandeln“. Auf die Frage des Interviewers, ob das den „Mut zur Kapitulation, Mut zur weißen Fahne“ bedeute, hatte Franziskus erwidert: „Das ist eine Frage der Sichtweise. Aber ich denke, dass derjenige stärker ist, der die Situation erkennt, der an das Volk denkt, der den Mut der weißen Fahne hat, zu verhandeln“.

Hier zum Nachhören
Der ukrainische Präsident traf im Mai letzten Jahres den Papst im Vatikan
Der ukrainische Präsident traf im Mai letzten Jahres den Papst im Vatikan

Diese Papstworte haben international für teilweise heftige Reaktionen gesorgt. Die Ukraine bestellte den päpstlichen Nuntius in Kyiv ins Außenministerium ein; Außenminister Dmytro Kuleba erklärte, man werde nur die blau-gelbe Fahne der Ukraine hissen, und der Vatikan solle seine „Fehler des 20. Jahrhunderts“ nicht wiederholen. Auch von der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine, die mit Rom verbunden ist, kam deutlicher Widerspruch.

„Papst hat vom Mut zu Verhandlungen gesprochen“

Im Gespräch mit dem „Corriere della Sera“ von diesem Dienstag insistiert der Kardinalstaatssekretär nun, Franziskus habe „von Verhandlungen und vor allem vom Mut zu Verhandlungen“ gesprochen: „Das ist niemals eine Kapitulation“. Auf die Papstworte von der „weißen Fahne“ ging Parolin nicht ausdrücklich ein. Um Franziskus‘ Äußerungen zu beurteilen, müsse man den Kontext des Interviews berücksichtigen, bemerkte er lediglich. „Der Heilige Stuhl ruft weiterhin zu einem ‚Waffenstillstand‘ auf - wobei die Aggressoren zuerst das Feuer einstellen sollten - und dann zur Aufnahme von Verhandlungen.“ Franziskus betone, „dass Verhandlungen keine Schwäche, sondern Stärke sind“, „keine Kapitulation, sondern Mut“.

Der Aggressor: Russlands Präsident Wladimir Putin
Der Aggressor: Russlands Präsident Wladimir Putin

Weiter auf „diplomatische Lösung“ setzen

Kurz nach dem russischen Überfall auf das Nachbarland hatte Parolin ein neues Format für Friedensverhandlungen nach dem Minsker Modell ins Gespräch gebracht. Jetzt lässt er wissen, er glaube weiter an die Möglichkeit „einer diplomatischen Lösung“. „Der Krieg gegen die Ukraine ist nicht das Ergebnis einer unkontrollierbaren Naturkatastrophe.“ Derselbe menschliche Wille, der das Drama in der Ukraine verursacht habe, habe auch „die Möglichkeit und die Verantwortung, Schritte zu unternehmen, um den Weg für eine diplomatische Lösung zu öffnen“.

Sorge über drohende Ausweitung des Krieges

Parolin spricht auch von seiner Sorge über eine drohende Ausweitung des Krieges. Sie würde „neues Leid, neue Trauer, neue Opfer, neue Zerstörungen“ bedeuten. Beunruhigt ist er speziell über russische Andeutungen, man könne auch zu Nuklearwaffen greifen. Der Kardinal spricht von der „Gefahr eines fatalen nuklearen ‚Abdriftens‘“ – man müsse nur „die Regelmäßigkeit sehen, mit der bestimmte Regierungsvertreter auf eine solche Drohung zurückgreifen“. Er könne „nur hoffen, dass es sich um strategische Propaganda handelt und nicht um eine ‚Warnung‘ vor etwas wirklich Möglichem.“ Die „verschiedenen Akteure in dieser tragischen Situation“ sollten sich nicht „noch mehr auf ihre eigenen Interessen versteifen“, sondern stattdessen „alles tun, was sie können, um einen gerechten und stabilen Frieden zu erreichen“.

(vatican news – sk)

Nach einem russischen Luftangriff in der Ostukraine am vergangenen Sonntag
Nach einem russischen Luftangriff in der Ostukraine am vergangenen Sonntag

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12. März 2024, 10:33