Suche

Der Sitz des Vatikanischen Gerichtshofs Der Sitz des Vatikanischen Gerichtshofs 

Papst ändert die Strafgesetzgebung und das Justizsystem des Vatikans

Mit einem Motu proprio, also einem Papst-Erlass, will Franziskus die Justizmechanismen des Vatikans vereinfachen und die Funktionalität des Justizsystems verbessern. Die Aufgaben des Amtes des Promotors der Justiz (vatikanische Staatsanwaltschaft) werden genauer definiert sowie die Amtszeit des Präsidenten des Vatikanischen Gerichtshofs und die Vollzeitregelung der Richter geändert.

Mario Galgano - Vatikanstadt

Angesichts der „Bedürfnisse, die in den letzten Jahren im Bereich der Justizverwaltung“ im Vatikan entstanden seien, hat Papst Franziskus mit Wirkung vom Donnerstag, 13. April, einige Änderungen des Strafrechts und des Justizsystems des Staates Vatikanstadt festgelegt.

„Weitere Anpassungen“ definiert der Papst in einem neuen Motu proprio, das an diesem Mittwoch, am 12. April, veröffentlicht wurde. Sie wurden auch durch die Zunahme juristischer Fragen notwendig, die „eine schnelle und gerechte Definition im Bereich der Verfahren“ erfordern und somit eine „wachsende Arbeitsbelastung“ für die Justizbehörden darstellen. Dies dürfte ein Verweis auf die verschiedenen, derzeit laufenden Gerichtsverfahren sein, beginnend mit dem Verfahren über die Verwaltung der Gelder des Heiligen Stuhls, das am 27. Juli 2021 mit einem Gerichtsprozess begonnen wurde und das noch in vollem Gange ist.

Verbesserung der Funktionalität des Systems

Die vom Papst eingeführten Änderungen zielen darauf ab, die Mechanismen zu vereinfachen und sicherzustellen, dass „die Funktionalität des Justizsystems“ erhalten bleibe und wenn möglich verbessert werde. Zu den Neuerungen gehören eine genauere Abgrenzung der Ermittlungs- und Strafverfolgungsfunktionen des Amtes des „Förderers der Justiz“ – so wird der vatikanische Staatsanwalt bezeichnet – sowie die Möglichkeit, das aus drei Richtern bestehende Gremium - das ein einziges bleiben muss - um einen weiteren zusätzlichen Stellvertreter zu ergänzen, wenn eines der Mitglieder ausscheidet. Die Justizreform sieht auch die Möglichkeit für den Papst vor, einen stellvertretenden Präsidenten des Vatikanischen Gerichtshofes zu ernennen, wenn der amtierende Präsident zurücktritt, und die Abschaffung der Vollzeitpräsenz von mindestens einem Richter im Richtergremium. Letzteres ist eine Neuerung, die mit der vatikanischen Gesetzesnummer „CCCLI“ vom 16. März 2020 eingeführt wurde, mit der der Papst eine neue Gerichtsordnung verkündet hatte.

Der Papst und die Vatikan-Richter
Der Papst und die Vatikan-Richter

Aufgaben des Staatsanwaltes

In diesem Gesetz wird der erste Absatz durch den folgenden ersetzt: „Die richterliche Gewalt im Staat der Vatikanstadt wird im Namen des Papstes für die richterlichen Funktionen durch das Gericht, den Berufungsgerichtshof und den Kassationsgerichtshof ausgeübt; für die Ermittlungs- und Strafverfolgungsfunktionen durch das Amt des Promotors der Justiz.“ Eine weitere Präzisierung im neuen Motu proprio lautet, dass „die Richter vom Papst ernannt werden und bei der Ausübung ihres Amtes nur dem Gesetz unterworfen sind“. Sie, so heißt es in dem Dokument weiter, „üben ihre Befugnisse unparteiisch aus, auf der Grundlage und innerhalb der Grenzen der vom Gesetz festgelegten Zuständigkeiten“.

Auch der Justizpromotor (Staatsanwalt) kann - so heißt es in dem Papst-Erlass - dem Gericht „einen Antrag auf Einstellung der Strafverfolgung“ vorlegen, wenn er der Auffassung ist, dass „die Voraussetzungen für eine richterliche Begnadigung erfüllt sind“ oder dass die Tat „aufgrund der Art des Verhaltens, der Persönlichkeit des Angeklagten, des dem Verletzten zugefügten Schadens oder der verursachten Gefahr als geringfügig angesehen werden kann“, ebenso wie ein etwaiges Wiedergutmachungsverhalten des Angeklagten.

Eine Gerichtsverhandlung im Vatikan
Eine Gerichtsverhandlung im Vatikan

Hauptberufliche Tätigkeit

Das neue Justiz-Dokument hebt auch den bisherigen Absatz 2 von Artikel 6 im vatikanischen Justizsystem auf, der vorsah, dass mindestens einer der ordentlichen Richter des Gerichts vollzeitbeschäftigt sein muss, „ohne ein untergeordnetes Beschäftigungsverhältnis zu haben oder ständig freiberufliche Tätigkeiten auszuüben“. Von nun an kann jede und jeder auch andere Aufgaben übernehmen, niemand muss hauptamtlich im Vatikan beschäftigt sein.

Stellvertretendes Mitglied

Eine weitere Änderung betrifft Absatz 3 von Artikel 6, in dem es hieß: „Der Gerichtshof entscheidet in einem einzigen Gremium aus drei Richtern, die vom Präsidenten des Gerichtshofs unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Fähigkeiten und der Art des Verfahrens bestimmt werden.“ Im jetzigen Motu proprio heißt es dazu, dass der Präsident des Gerichtshofs bei der Ernennung der Richter auch den „Zeitpunkt des Ausscheidens der Richter im Verhältnis zur voraussichtlichen Dauer des Verfahrens“ berücksichtigen muss. „Im Hinblick auf den Grundsatz der Unabänderlichkeit des Richters und zur Gewährleistung einer angemessenen Dauer der Verhandlung kann der Präsident ein stellvertretendes Mitglied ernennen, das an der Arbeit des richterlichen Gremiums teilnimmt und im Falle der Verhinderung oder des Ausscheidens eines Richters urteilen kann.“

Eine Gerichtsverhandlung im Vatikan
Eine Gerichtsverhandlung im Vatikan

Beendigung der Amtszeit des Präsidenten

Schließlich wurden Änderungen an Artikel 10 vorgenommen, der die Beendigung des Amtes des Präsidenten des vatikanischen Gerichtshofs betrifft. Das Gesetz von 2020 sieht vor, dass „die ordentlichen Richter am Ende des Gerichtsjahres, in dem sie das fünfundsiebzigste Lebensjahr vollenden, ihr Amt niederlegen müssen, was mit der Annahme durch den Papst wirksam wird“, der „in jedem Fall die Fortsetzung des Amtes der ordentlichen Richter über die im vorigen Absatz genannte Grenze hinaus anordnen kann“.

Diesem Absatz wird ein neuer hinzugefügt, in dem festgelegt wird, dass der Papst „während des Gerichtsjahres, in dem der Präsident zurücktreten muss, einen stellvertretenden Präsidenten ernennen kann, der den Präsidenten bei der Ausübung seines Amtes unterstützt“ und „stellvertretende Funktionen“ ausübt, indem er „den Gremien bei Urteilen mit einer voraussichtlichen Dauer von mehr als einem Jahr“ vorsteht und „das Amt übernimmt, wenn der Präsident sein Amt niederlegt“.

(vatican news)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

12. April 2023, 13:37