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Der Prozess im Multifunktionssaal der Vatikanischen Museen Der Prozess im Multifunktionssaal der Vatikanischen Museen  (Vatican Media)

Vatikanprozess: Millionenschaden durch verweigerten IOR-Kredit

Wegen eines zunächst positiv beschiedenen und anschließend doch verweigerten IOR-Kredites musste das Staatssekretariat für einen bereits bestehenden Kredit mit ungünstigen Konditionen über Monate Zinsen und Rückzahlgebühren in Millionenhöhe leisten. Das erklärte der Substitut im Staatssekretariat, Erzbischof Edgar Pena Parra, während der jüngsten Sitzungsperiode im Vatikanprozess um das Geschäft mit einer Londoner Luxus-Immobilie.

Die offizielle Verweigerung der dringend benötigten Finanzierung für die Tilgung eines externen Kredites zu ungünstigen Konditionen sei allerdings erst nach Monaten erfolgt. Der dadurch verursachte Schaden belaufe sich auf 24 Millionen Euro, so der Substitut in seiner Aussage am 52. Prozesstag. Erst nachdem die Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls (APSA) die Verwaltung von Finanzanlagen und Immobilien des Staatssekretariats, darunter auch der Peterspfennig, vom Staatssekretariat übernommen hatte, löste sich die Blockade; die APSA selbst tilgte den Kredit und öffnete eine eigene Kreditlinie. „So sind wir von Zahlungen in Höhe von einer Millionen Euro pro Monat auf 800.000 Euro im Jahr gekommen“, erklärte Peña Parra.

Finanzprozess im Vatikan (17.3.2023)
Finanzprozess im Vatikan (17.3.2023)

Er habe wegen des unverständlichen Verhaltens der IOR-Entscheider auch eine interne Untersuchung bei der vatikanischen Gendarmerie erbeten, um ausschließen zu können, dass das Geldinstitut in Kontakt mit Gianluigi Torzi stünde, dem angeklagten Broker, der zeitweise dank eines Aktienpaketes mit Stimmrecht die totale Kontrolle über das Gebäude in der Londoner Sloan Avenue besaß.

Der damalige IOR-Präsident Jean-Baptiste De Franssu hatte in seiner Vernehmung am vergangenen 16. Februar ausgesagt, dass das Institut aufgrund der vom Compliance Office aufgezeigten Risiken der Geldwäsche und vor allem aufgrund der Tatsache, dass das Staatssekretariat nie die erforderlichen Unterlagen vorgelegt hatte, beschlossen habe, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen: „Wir waren gezwungen, Anzeige zu erstatten". Die offiziellen Untersuchungen der Vatikanjustiz zu dem Finanzskandal waren erst durch eine gemeinsame Anzeige durch die Vatikanbank IOR und den Generalrevisor im Juli 2019 ins Rollen gekommen.

Keine Übergabe durch Becciu

Mit dem Vorgänger des aktuellen Substituten, Angelo Becciu, sitzt erstmals ein Kardinal auf der Anklagebank in einem Vatikanprozess. Er habe von ihm keinerlei Übergabe erhalten, als er Oktober 2018 die Amtsgeschäfte im Staatssekretariat übernommen hatte und sei erst nach und nach den Hintergründen des Immobiliengeschäftes auf die Spur gekommen, so Peña Parra, der in diesem Zusammenhang von einem „Kreuzweg“ sprach. Während der Vernehmung am Donnerstag hatte er von einer „absoluter Täuschung“ gesprochen, der man in Zusammenhang mit dem Deal aufgesessen sei. Man habe auch aufgrund falscher Beratung Anteile an einer Investmentgesellschaft erworben, die ein System von „leeren Schachteln“ darstellte.

Finanzprozess im Vatikan
Finanzprozess im Vatikan

Wie der Substitut während der Sitzung darlegte, habe der damalige Verwaltungsleiter Alberto Perlasca entscheidende Verträge wie das Framework Agreement und das Share Purchase Agreement mit der Firma Torzis unterzeichnet, ohne dazu bevollmächtigt zu sein. Im Dezember 2018, also nur wenige Wochen nach dem Amtsantritt Peña Parras, habe es in Santa Marta ein Treffen mit externen Finanzexperten gegeben. Seine Anweisung von höchster Stelle sei gewesen, mit den geringstmöglichen Verlusten aus dem Geschäft auszusteigen und „von vorne anzufangen“. In diesem Zusammenhang haben man verschiedene Optionen erwogen, darunter auch einen Prozess gegen Torzi. Letztlich habe man sich jedoch gezwungen gesehen, Torzi 15 Millionen Euro auszuzahlen, um die alleinige Kontrolle über die Immobilie zu erhalten.

Im Zusammenhang mit dem Londoner Immobiliengeschäft, das zu hohen Verlusten geführt hat, wird seit Juli 2021 im Vatikan ein Strafprozess mit zehn Angeklagten geführt, darunter auch der ehemalige Substitut, Kardinal Angelo Becciu. Die Anklagepunkte lauten auf Geldwäsche, Erpressung, Betrug, Veruntreuung, Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung, wobei den einzelnen Angeklagten unterschiedliche Vorwürfe zur Last gelegt werden. Die nächsten Sitzungstage im Prozess, der bis Ende des Jahres abgeschlossen werden soll, sind für den 29., 30., und 31. März anberaumt.

(vatican news - cs)

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18. März 2023, 08:11