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Pater Hans Zollner bei der jüngsten Kinderschutzkonferenz in Warschau (20. September 2021) Pater Hans Zollner bei der jüngsten Kinderschutzkonferenz in Warschau (20. September 2021) 

Neues Safeguarding-Institut an der Gregoriana: „Wir wollen unseren Beitrag leisten“

Der Vatikan ist einen weiteren Schritt zur Prävention von sexualisierter Gewalt gegangen und hat sein Kinderschutzzentrum zu einem Institut ausgebaut. Jesuitenpater Hans Zollner leitet das „Institut für Safeguarding“, das am 15. Oktober seine Arbeit aufgenommen hat. Im Interview mit unseren Kollegen vom Domradio erklärt er die Hintergründe.

DOMRADIO.DE: Was genau wird denn am Institut gelehrt und gelernt?

Pater Hans Zollner SJ (Leiter des Institute for Anthropology. Interdisciplinary Studies on Human Dignity and Care [IADC]): Wir machen weiter mit dem, was wir auch bisher als Kinderschutzzentrum angeboten hatten, nämlich einen sechsmonatigen Kurs als Diplom in Safeguarding, ein zweijähriges Masterstudium Safeguarding.

Was jetzt dazu kommt, ist ein Doktorat, das wir anbieten können. Wir schulen Personen aus der ganzen Welt, die zu uns kommen, über all das, was mit Prävention von Missbrauch zu tun hat, mit seiner Aufarbeitung, mit den persönlichen und institutionellen Risikofaktoren oder Schutzfaktoren.

Und dann machen wir auch weiter mit dem E-Learning-Programm, das wir weltweit mit verschiedenen Partnern und Institutionen in sechs Sprachen anbieten.

„Wir wollen alles, was mit Prävention von Missbrauch und mit seiner Aufarbeitung zu tun hat, in einen größeren Zusammenhang stellen“

DOMRADIO.DE: Das Institut für Safeguarding ist jetzt der Nachfolger des bisherigen Kinderschutzzentrums. Was genau ist denn jetzt neu und anders?

Pater Zollner: Das Wichtigste, was man auch am Namen sieht, ist: Wir wollen alles, was mit Prävention von Missbrauch und mit seiner Aufarbeitung zu tun hat, in einen größeren Zusammenhang stellen, nämlich mit dem Schutz der Menschenwürde und der Sorge für schutzbefohlene Personen.

Zwar werden wir natürlich auch weiterhin Kindern eine Priorität geben. Aber wir können uns nicht mehr nur auf Kinderschutz konzentrieren, sondern es geht aufgrund der Entwicklungen der letzten Jahre auch um den Schutz von Personen im Erwachsenenalter, die in Situationen von Verwundbarkeit sind.

Also das ist das Inhaltliche. Vom Strukturellen her ist es für uns wichtig gewesen, dass wir ein Institut werden. Ein Zentrum kann laut unserer Verfassung der Uni keinen eigenen Lehrkörper haben und keine eigenen akademischen Grade verleihen. Das ist jetzt anders.

Wir haben auch schon einige weitere Dozentinnen und Dozenten ernannt und können nun unsere eigenen akademischen Grade an die Studierenden, die hier in Rom sind, verleihen.

Hier das Interview mit P. Zollner zum Nachhören

DOMRADIO.DE: Welche wissenschaftlichen Fächer kommen denn da zum Tragen?

Pater Zollner: Also wir definieren uns ja als, wie man im wissenschaftlichen Bereich sagt, interdisziplinär oder multidisziplinär. Wir selber im Team repräsentieren verschiedene Disziplinen, nämlich Theologie, Pädagogik, Sozialwissenschaften, Philosophie und Psychologie. Dazu ist jetzt auch ein Anthropologe gekommen.

Wir haben weitere Dozentinnen und Dozenten, die in anderen Fächern mindestens Teilqualifikationen haben. Also wir selber im Team bilden das ab. Wir haben weltweit ein sehr großes Netzwerk, wo wir mit verschiedenen anderen Expertinnen und Experten im Bereich Psychiatrie, Recht, Kirchenrecht und so weiter zusammenarbeiten.

„Wir sind sehr froh, dass wir auch einen aktiven Beitrag dazu leisten können, dass die Kirche und die Gesellschaft ein sichererer Ort werden“

DOMRADIO.DE: In welchen Bereichen werden die Absolventen später zum Einsatz kommen?

Pater Zollner: Sie sollen in ihren Diözesen, Ordensgemeinschaften oder in anderen Institutionen, die sie hierher schicken, später die Safeguarding-Beauftragten werden und, wie man im Deutschen sagen würde, als Interventions- oder Präventions-Expertinnen und -Experten alles, was auch mit Schulungsmaßnahmen vom kirchlichen Personal und darüber hinaus im Bereich Schutz, also Kinderschutz und Schutz von schutzbefohlenen Personen, zusammenhängt, betreuen.

Es gibt Leute, die das auch in akademischen Institutionen unterrichten, aber der Großteil unserer Absolventinnen und Absolventen ist praktisch tätig. Die gehen in Institutionen. Sie schreiben Leitlinien für diese Institutionen, überwachen die Implementation, also das, was dann umgesetzt wird.

Insofern sind wir sehr froh, dass wir auch einen aktiven Beitrag dazu leisten können, dass die Kirche und die Gesellschaft ein sichererer Ort werden.

Im Gespräch mit Betroffenen

DOMRADIO.DE: Wie reagieren die Betroffenen auf die Einrichtung des Instituts?

Pater Zollner: Die Stimmen, die ich gehört habe, waren sehr positiv. Eine Betroffene von sexualisierter Gewalt als Erwachsene hat mir geschrieben und gerade auch das kommentiert, dass wir unser Feld jetzt nicht nur auf Kinder beschränken, sondern auch diese Betroffenen-Gruppe aktiv in den Blick nehmen.

Ich habe auch Juan Carlos Cruz, einen sehr bekannten Vertreter von Betroffenen aus Chile, gebeten, eine Grußbotschaft zu schicken, was er auch gerne gemacht hat. Wir sind natürlich auch weiterhin im Gespräch mit Betroffenen und bitten Sie darum, dass sie uns auch kritisch begleiten.

DOMRADIO.DE: Wie optimistisch sind Sie, dass diese wissenschaftliche Ausbildung tatsächlich dazu beitragen kann, sexualisierte Gewalt und Missbrauch zu verhindern?

Pater Zollner: Aus allen Gegenden der Welt hören wir, dass es eine große Not gibt, Leute entsprechend vorzubereiten, auszubilden und zu begleiten, die im Bereich Safeguarding unterwegs sind, die für Kinderschutz und andere Schutzmaßnahmen zuständig sind. Deshalb wollen wir unseren Beitrag leisten.

Wir haben ja auch schon ein Netzwerk verschiedener anderer akademischer Institutionen weltweit gegründet und haben uns auf die Fahne geschrieben, dass wir Menschen ausbilden wollen, weil wir glauben, dass diese Ausbildung eben dazu beiträgt, dass mittel- und langfristig sehr viel mehr Menschen auf das Thema Missbrauch aufmerksam werden und bereit sind, etwas zu tun, damit kein Missbrauch geschieht und sich auch dafür einsetzen, dass Betroffene angehört werden und dass man ihnen alles an Gerechtigkeit anbieten kann, was man eben als Kirche tun kann.

Das Interview führte Florian Helbig.

(domradio - cs)

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19. Oktober 2021, 10:59