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Vatikan: „Sehenswerte Erfolge“ im Kampf gegen Missbrauch

Das führende Forschungsinstitut der katholischen Kirche zu sexuellem Missbrauch an Minderjährigen wird ausgebaut. Als Nachfolger des bisherigen Kinderschutzzentrums (CCP) wurde jetzt in Rom ein neues Institut für „Safeguarding“, also Vorbeugung und Schutz vor Missbrauch, offiziell eröffnet.

Das „Institute for Anthropology. Interdisciplinary Studies on Human Dignity and Care“ (IADC), so der offizielle Titel, befasst sich auch mit anderen Formen von Missbrauch bei Minderjährigen sowie volljährigen abhängigen Personen.

„Wir werden Missbrauch zwar nicht ganz aus der Welt schaffen können“, sagte Institutsleiter Hans Zollner bei einer Veranstaltung zum offiziellen Start des Instituts am Donnerstag. „Sehr wohl aber können wir konkrete Maßnahmen ergreifen, um vorzubeugen und bei Fällen von Missbrauch zu intervenieren.“ Insgesamt gehe es darum, in Einrichtungen ein Umfeld zu schaffen, in dem menschliche Würde besser geschützt werde. Auf jeden Fall gebe es „keine Entschuldigung mehr, Betroffenen nicht zuzuhören“, so der deutsche Jesuit.

Interdisziplinärer Ansatz

Juan Carlos Cruz, einer der weltweiten Sprecher für Missbrauchs-Betroffene, bescheinigte in einer Videobotschaft der Einrichtung sehenswerte „Erfolge bei ihrer Arbeit“. Es sei unbedingt notwendig, die Erfahrungen von Betroffenen zu verstehen, betonte Cruz.

Italiens Hochschulministerin Cristina Messa lobte den interdisziplinären Ansatz des IADC. Darüber hinaus gelte es, öffentliches Bewusstsein für das Problem diverser Formen von Missbrauch zu stärken; betroffene Institutionen sollten stärker zusammenarbeiten. Kardinal Giuseppe Versaldi von der vatikanischen Bildungskongregation forderte zudem eine global stärker vernetzte ganzheitliche Forschung und Bildung.

Jörg Fegert, Kinder- und Jugendpsychiater der deutschen Universität Ulm und wie Zollner einer der Gründer des Kinderschutzzentrums, berichtete von großem Interesse an Online-Kursen seiner Hochschule zu Safeguarding während der Pandemie. Dieses „völlig unerwartete“ Interesse solle das IADC unbedingt nutzen, so Fegert.

Neue Erkenntnisse

Anlass für den Ausbau des Kinderschutzzentrums zum IADC waren unter anderem die Lehren aus der #MeToo-Bewegung sowie Berichte über Ordensfrauen und Seminaristen, die von Vorgesetzten missbraucht wurden, erklärte Zollner jüngst gegenüber der Nachrichtenagentur kathpress. Zudem sei die Einsicht in systemische und strukturelle Probleme der Kirche, die Missbrauch erlauben, gewachsen. Dies wurde besonders deutlich auf dem Anti-Missbrauchsgipfel, den Papst Franziskus Anfang 2019 nach Rom einberufen hatte.

Als ordentliches Hochschulinstitut der Päpstlichen Universität Gregoriana kann das IADC nun auch den akademischen Doktorgrad anbieten und weitere Dozenten einstellen. Der Lehrkörper soll nach Aussage Zollners so international wie möglich sein, um kulturelle Unterschiede abzubilden.

Bisher mehr als 4.000 Studenten

Die Fortbildungsprogramme zum Erwerb eines Diploms und Lizenziats in Safeguarding sowie eines Doktorats in Anthropologie werden auf Englisch und Spanisch angeboten. Bisher haben 140 Absolventen verschiedenster Länder Studien am bisherigen CCP absolviert. Mit Beginn des Wintersemesters startete der inzwischen siebte Diplomstudiengang mit 22 Teilnehmern aus 15 Ländern.

Die Absolventen sind in Diözesen, Orden, Schulen oder auch staatlichen Behörden oft unmittelbar für Kinder- und Jugendarbeit zuständig. Andere schulen ihrerseits Mitarbeiter zu Prävention und Intervention bei Missbrauch. Insgesamt haben an den mit internationalen Partnern gemeinsam konzipierten Onlineangeboten sowie Schulungen vor Ort bis heute über 4.000 Studenten teilgenommen.

(kap – sk)
 

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15. Oktober 2021, 10:35