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Gedenkzeremonie unter Teilnahme der deutschen Bundeskanzlerin Merkel bei der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem Gedenkzeremonie unter Teilnahme der deutschen Bundeskanzlerin Merkel bei der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem 

Israel: Kurienkardinal für Rettung von Juden ausgezeichnet

Die Jerusalemer Holocaustgedenkstätte „Yad Vashem“ hat den französischen Kurienkardinal Eugène Tisserant posthum als „Gerechter unter den Völkern" geehrt. Der Titel wird Männern und Frauen verliehen, die im Zweiten Weltkrieg unter Einsatz ihres Lebens Juden gerettet haben. Mit Tisserant gemeinsam wurde diese Ehre auch seinen ehemaligen Unterstützern François de Vial und André Bouquin zuteil.

Mit dem Titel „Gerechter unter den Völker“ erhielten sie somit die höchste Auszeichnung des Landes für Nicht-Juden. 

Tisserant zählte zu den führenden Personen der Römischen Kurie. Er wurde 1936 zum Kardinal ernannt und leitete anschließend bis 1959 die Heilige Kongregation für die Orientalischen Kirchen. Der französische Kardinal wird als eine charakterstarke Persönlichkeit beschrieben, die für ihre Rede- und Gedankenfreiheit bekannt war.

Kardinal Tisserant versteckte viele Juden

Charakterstärke bewies Tisserant besonders in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Einer ganzen Reihe von jüdischen Geflüchteten bot er in Rom Unterschlupf – etwa in seiner Privatwohnung oder einem Kloster. Laut seinem Biographen Étienne Fouilloux beschäftigte er in den 1930er-Jahren einige Juden in der Vatikanischen Bibliothek, nachdem diese im faschistischen Italien ihre Stelle verloren hatten, und verhalf anderen zu Visa, damit sie in die Vereinigten Staaten oder nach Brasilien ausreisen konnten. Zum Judentum habe Tisserant immer freundliche Beziehungen gepflegt, erklärt Fouilloux: „Es ist eine sehr tiefe Beziehung, die auf sein Studium als Seminarist in Nancy vor dem Ersten Weltkrieg zurückgeht, wo er sofort Hebräisch lernen wollte, was nicht zum üblichen Lehrplan für Seminaristen gehörte“.

Verspätetes Zeugnis

Dass Tisserant erst jetzt, fast 50 Jahre nach seinem Tod, die Auszeichnung erhält, liege daran, dass es lange Zeit zwar Beweise für seinen Einsatz gegeben, aber ein Zeugnis von konkreten Personen gefehlt hatte, denen Tisserant half. Dieses legte schließlich Miron Lerner ab. Im Alter von 17 Jahren fand sich der Jude 1944 in Rom wieder - allein und mittellos. Seine Schwester war zuvor nach Auschwitz deportiert worden. Durch eine glückliche Fügung stieß Lerner auf Kardinal Tisserant. Diesem gelang es zunächst, den jungen Mann im Vatikan selbst zu verstecken, bevor er ihn dem Rektor der französischen Nationalkirche in Rom Saint-Louis-des-Français, Monsieur Bouquin, anvertraute. „Ich kann Ihnen sagen, dass Kardinal Tisserant eine ganze Reihe von Juden in den Klöstern Roms und in Saint-Louis-des-Français versteckt hat", schrieb Lerner in einem bewegenden Artikel, der 1998 in der Zeitung „Libération“ veröffentlicht wurde.

Eine Zeremonie für die Geehrten soll zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Seit ihrer Gründung hat die Holocaustgedenkstätte „Yad Vashem“  nach eigenen Angaben rund 28.000 Personen aus rund 50 Ländern als „Gerechte unter den Völkern" anerkannt, darunter nicht wenige Kirchenmänner, Ordensfrauen und katholische Laien.

(vatican news – gh)

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22. Oktober 2021, 15:18