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Giovanni Maria Vian, Direktor des Osservatore Romano Giovanni Maria Vian, Direktor des Osservatore Romano 

Abkommen für die Geschichte: Ein Kommentar

Es ist eine lange und komplexe Vorgeschichte, die zum provisorischen Abkommen zwischen der Volksrepublik China und dem Heiligen Stuhl geführt hat. Für die Vatikanmedien würdigt Giovanni Maria Vian den Weg zu diesem Abkommen.

Ein Editorial für die Vatikanmedien von Giovanni Maria Vian, Direktor des Osservatore Romano, der Zeitung des Vatikan

Das Datum des 22. September ist sicherlich dazu bestimmt, in die Geschichte einzugehen. Der Grund ist die Unterzeichnung eines provisorischen Abkommens in Peking zwischen China und dem Heiligen Stuhl über die Ernennung der Bischöfe, das durch jahrzehntelange geduldige Verhandlungen vorbereitet wurde. Der Papst beginnt indessen seinen Besuch in den baltischen Staaten und ist zur selben Stunde in Litauen eingetroffen, in der seine Repräsentanten Tausende von Kilometern entfernt eine sicherlich noch nicht abschließende Etappe erreicht haben, die aber bereits jetzt für das Leben der Katholiken in dem großen asiatischen Land von höchster Bedeutung ist.

 

Eine gute Nachricht

 

Die Einigung war verkündet worden, und auch wenn gegensätzliche Interpretationen und Widerstand voraussichtlich nicht aufhören werden, ist die Nachricht, die sofort um die Welt ging, sehr positiv. Der Papst erkennt außerdem den letzten ohne päpstlichen Auftrag geweihten Bischöfen die volle Gemeinschaft zu – mit der offensichtlichen Absicht, einen normalen Ablauf des alltäglichen Lebens vieler katholischer Gemeinden sicherzustellen, was bestätigt wird durch die gleichzeitige Errichtung einer neuen Diözese im Norden der Hauptstadt, der ersten seit über siebzig Jahren.

Es handelt sich in der Tat um eine wichtige Etappe in der Geschichte des Christentums in China, wo die ersten Spuren des Evangeliums in sehr frühe Zeit zurückreichen. Sie werden bezeugt von einer 781 in Xi’an, im Herzen des riesigen Landes, errichteten Stele. Auf dem fast drei Meter hohen Monument, das Anfang des 17. Jahrhunderts entdeckt wurde, ist in chinesischen und syrischen Buchstaben der Bericht von der bereits 635 erfolgten Ankunft christlicher Missionare zu lesen, die wahrscheinlich über die sogenannte Seidenstraße aus Persien kamen.

 

Geschichte einer Annäherung

 

Ihre Namen sind in den Kalkfelsen eingraviert und stehen neben der Verkündigung der »Religion des Lichtes« und einer Zusammenfassung der Geschichte dieser winzigen Gemeinde mit weiteren Dutzenden von Namen sowie einer Darlegung der christlichen Lehre, die dann den Hunderten von Büchern überantwortet wurde, die in den folgenden Jahrhunderten übersetzt und verbreitet worden sind.

Die Geschichte dieser außerordentlichen –  zwischen unerwarteten Blütezeiten und Verfolgung schwankenden – Tradition setzt sich dann fort bis zur Begegnung mit den vor allem franziskanischen Missionen, die seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in einem Zeitraum von etwa einhundert Jahren von Päpsten und christlichen Herrschern Europas ausgesandt wurden. Zu Beginn der Neuzeit ist es der neue Orden der Jesuiten, Speerspitze der katholischen Reform, der zum Protagonisten der Missionen in China wird, von Franz Xaver bis Matteo Ricci, um nur die bekanntesten einer ganzen Reihe von Namen zu nennen. In der Geschichte der Verbreitung des Evangeliums gibt es wenig Vergleichbares.

 

Komplexe Lage

 

Politische Einmischung, Verhärtung in der Lehre, Neid und Auseinandersetzungen zwischen den Orden verkomplizieren allerdings das Werk der Missionare beträchtlich. Es wird behindert durch den verheerenden Ritenstreit, der sich bis Mitte des 18. Jahrhunderts hinzieht, durch die von den Kolonialmächten auferlegten Einschränkungen im darauffolgenden Jahrhundert und schließlich durch wiederholte Verfolgung auch im Lauf des 20. Jahrhunderts.

Erst 1926 werden von Pius XI. in Rom die ersten chinesischen Bischöfe geweiht, während zwanzig Jahre später sein Nachfolger die katholische Hierarchie im Land errichtet. Dieser als »symbolisch und entscheidend« bezeichneten »zwei Fakten der Religionsgeschichte Chinas« gedenkt Paul VI. am 6. Januar 1967 in der Predigt zum Hochfest der Erscheinung des Herrn, einem leidenschaftlichen Lobreis des Landes. Montini hatte sich bereits knapp ein Jahr zuvor in der Ansprache an die Vereinten Nationen für die Aufnahme des kommunistischen China eingesetzt und er war es auch, der »zum ersten Mal in der Geschichte« chinesischen Boden betrat, als er einige Stunden in Hongkong verweilte, das damals unter britischer Kontrolle stand. »Um nur ein Wort zu sagen: Liebe«, ruft der Papst aus und fügt mit Weitblick hinzu: »Die Kirche darf dieses gute Wort nicht verschweigen; Liebe, die bleiben wird.«

(Osservatore Romano)

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22. September 2018, 15:30