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Vollmond hinter der Frauenkirche in Dresden Vollmond hinter der Frauenkirche in Dresden 

Diakonie-Präsident: „Es gibt spezifisch protestantische Probleme“

Der evangelische Pfarrer Rüdiger Schuch ist gerade neu im Amt, als die „ForuM-Studie“ zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche veröffentlicht wird. Er spricht im Podcast Himmelklar beim Kölner Domradio von einem turbulenten Start als Präsident der Diakonie.

Mit dem Thema sexualisierte Gewalt in Kirche und Diakonie habe er sich seit längerem befasst. In seiner letzten Stelle als Beauftragter der drei Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen habe er zusammen mit seinen Kollegen aus dem katholischen Büro „schon mehrere Jahre erlebt, dass die Kirchen in einer Vertrauenskrise sind“, so Schuch im Podcast Himmelklar. Und er fügt an: „Zunächst einmal haben die Menschen – sehr stark transportiert über die Problematik in der katholischen Kirche – das Vertrauen in die Kirche nicht nur ein Stück weit, sondern fast komplett verloren.“

Er erinnert auch daran, dass es aus Sicht der evangelischen Kirche im vergangenen Jahr im NRW-Landtag eine Phase gab, „wo wir in Ausschüssen über sexualisierte Gewalt in Kirche und Diakonie Rede und Antwort stehen mussten. Und das auch völlig zu Recht“. Letztlich treibe die Landtagsabgeordneten die Frage um: Kann man den Kirchen heute noch vertrauen? Und sind sie auch in ihren sozialen Angeboten vertrauenswürdig? „Da sind wir auskunftspflichtig“, so das Fazit Schuchs.

„Menschen haben das Vertrauen in die Kirche nicht nur ein Stück weit, sondern fast komplett verloren.“

Er habe damals schon sehr deutlich gesagt, dass sexualisierte Gewalt „kein Problem der katholischen Kirche ist, auch im Blick auf beide Kirchen, sondern dass es sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche gibt wie in der katholischen auch, und dass das kein Thema des Zölibats ist“. Der Zölibat sei ein Spezifikum der katholischen Kirche , aber es gebe auch Spezifika in der evangelischen Kirche. Er fand es deshalb auch das Narrativ falsch, das da lautet: Die evangelische Kirche sei so liberal, die Probleme, die sie hätten, die hätten alle in der Gesellschaft. „Nein! Es gibt spezifisch protestantische Probleme“, wiederholt der neue Diakonie-Leiter.

Zum Nachhören - was der neue Diakonie-Leiter sagt

Pfarrhaus als besonderer Ort

„In dieser Studie hat sich noch mal sehr deutlich, vor allen Dingen durch die qualifizierten Interviews, gezeigt, dass das Pfarrhaus ein besonderer Ort ist. Zum Beispiel, dass in einem Pfarrhaus die Trennung zwischen privat und dienstlich sehr viel schwieriger zu ziehen ist als in anderen Bereichen und dass das Möglichkeiten des Missbrauchs eröffnet. Wie in der katholischen Kirche auch ist die Position des Pfarrers zu nennen. Trotz des Priestertums aller Gläubigen in der evangelischen Kirche ist die Position des Pfarrers ein Problem – und ich spreche jetzt mal männlich, weil es ja Täter sind, von denen in der Studie berichtet wird. Es sind keine Täterinnen, sondern es sind Täter.

Die Machtposition, die der Pfarrer hat, hat auch Machtmissbrauch ermöglicht. Protestantische Pfarrer sind in besonderer Weise kommunikativ ausgebildet. Sie sind in besonderer Weise ausgebildet, intrinsisch zu motivieren und zu überzeugen usw. All das kann auch eine Kehrseite haben, wenn es zum Instrumentarium wird, Menschen zu belästigen und zu missbrauchen. Da müssen wir als evangelische Kirche sehr kritisch hinschauen.“

Diakonie Deutschland

Die Diakonie ist der soziale Dienst der evangelischen Kirchen. Sie versteht ihren Auftrag als gelebte Nächstenliebe und setzt sich für Menschen ein, die am Rande der Gesellschaft stehen, die auf Hilfe angewiesen oder benachteiligt sind. Neben dieser Hilfe versteht sie sich als Anwältin der Schwachen und benennt öffentlich die Ursachen von sozialer Not gegenüber Politik und Gesellschaft. Diese Aufgabe nimmt sie gemeinsam mit anderen Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege wahr.

(himmelklar/domradio – mg)

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07. Februar 2024, 10:46