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Wortlaut: Die Predigt des Papstes

Radio Vatikan/Vatican News dokumentiert an dieser Stelle in amtlicher Übersetzung die Predigt von Papst Franziskus in der Mongolei. Sämtliche Wortmeldungen des Papstes finden Sie wie immer auf vatican.va.

Mit den Worten des Psalms haben wir gebetet: »Gott, […], es dürstet nach dir meine Seele. Nach dir schmachtet mein Fleisch wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser« (Ps 63,2). Diese wunderbare Gebetsanrufung begleitet unsere Lebensreise durch alle Wüsten, die wir durchqueren müssen. Und gerade in diesem dürren Land erreicht uns eine gute Nachricht: Wir sind auf unserer Reise nicht allein; unsere Dürren haben nicht die Macht, unser Leben für immer öde werden zu lassen; der Schrei unseres Durstes bleibt nicht ungehört. Gott, der Vater, hat seinen Sohn gesandt, uns lebendiges Wasser zu geben, um den Durst unserer Seele zu stillen (vgl. Joh 4,10). Und Jesus – wir haben es gerade im Evangelium gehört – zeigt uns den Weg, um den Durst zu stillen: Es ist der Weg der Liebe, den er bis zum Ende, bis zum Kreuz, gegangen ist. Er ruft uns, ihm auf diesem Weg zu folgen, „indem wir das Leben verlieren, um es neu zu finden“ (vgl. Mt 16,24-25).

Verweilen wir gemeinsam bei diesen beiden Aspekten: Der Durst, der uns innewohnt, und die Liebe, die unseren Durst stillt. (...)

Zunächst einmal geht es für uns darum, den Durst zu erkennen, der uns innewohnt. Der Psalmist klagt Gott seine innere Trockenheit, weil sein Leben einer Wüste gleicht. Seine Worte haben in einem Land wie der Mongolei einen besonderen Klang: Ein riesiges Gebiet, reich an Geschichte und Kultur, aber auch gezeichnet von der Einsamkeit der Steppe und von der Trockenheit der Wüste. Viele von euch sind an die Schönheit und die Mühsal des Wanderns gewöhnt, eine Betätigung, die an einen wesentlichen Aspekt der biblischen Spiritualität erinnert, der durch die Gestalt Abrahams verkörpert wird und ganz allgemein dem Volk Israel und jedem Jünger des Herrn eigen ist: Wir alle sind nämlich „Nomaden Gottes“, Pilger auf der Suche nach Glück, Wanderer, die nach Liebe dürsten. Die Wüste, die der Psalmist anspricht, bezieht sich also auf unser Leben: Wir sind jenes dürre Land, das nach klarem Wasser dürstet, einem Wasser, das unseren Durst in der Tiefe stillt. Es ist unser Herz, das sich danach sehnt, das Geheimnis wahrer Freude zu entdecken, jener Freude, die uns selbst inmitten existenzieller Dürre begleiten und Halt geben kann. Ja, wir haben einen unstillbaren Durst nach Glück in uns; wir sind auf der Suche nach einem Sinn und einer Richtung in unserem Leben, nach einer Motivation für die Tätigkeiten, denen wir jeden Tag nachgehen; und vor allem dürsten wir nach Liebe, denn nur die Liebe erfüllt uns wirklich. Sie macht, dass es uns gut geht (...), sie öffnet uns für das Vertrauen, indem sie uns die Schönheit des Lebens kosten lässt.

Liebe Brüder und Schwestern, der christliche Glaube entspricht diesem Durst; er nimmt ihn ernst; er beseitigt ihn nicht, er versucht nicht, ihn mit Palliativa oder Surrogaten zu lindern. Denn in diesem Durst liegt unser großes Geheimnis: Er öffnet uns für die Begegnung mit dem lebendigen Gott, dem Gott der Liebe, der uns entgegenkommt, um uns zu seinen Kindern und untereinander zu Brüdern und Schwestern zu machen.

Und damit kommen wir zum zweiten Aspekt: die Liebe, die unseren Durst stillt. (...) Das ist der Inhalt des christlichen Glaubens: Gott, der Liebe ist, ist dir in seinem Sohn Jesus nah geworden, er möchte dein Leben, deine Mühen, deine Träume, deinen Durst nach Glück teilen. Es ist wahr, manchmal fühlen wir uns wie ein wüstes Land, vertrocknet und ohne Wasser, aber es ist ebenso wahr, dass Gott für uns sorgt und uns klares, durststillendes Wasser anbietet, das lebendige Wasser, das in uns hervorsprudelt, sodass es uns erneuert und uns von der Gefahr des Vertrocknens befreit. Dieses Wasser schenkt uns Jesus. Wie der heilige Augustinus sagt: »Wenn wir uns im Dürstenden erkennen, werden wir uns auch in jenem erkennen, dessen Durst gestillt ist« (Zu Psalm 62, 3).

Wenn wir auch die Wüste, die Einsamkeit, die Mühsal, die Öde viele Male in unserem Leben erleben, so dürfen wir dies nicht vergessen: »Damit wir in dieser Wüste nicht scheitern – ergänzt Augustinus – benetzt Gott uns mit dem Tau seines Wortes [...]. Er lässt uns zwar Durst verspüren, aber dann kommt er, um ihn zu stillen. [...] Gott hat sich unserer erbarmt und uns einen Weg in der Wüste eröffnet: unseren Herrn Jesus Christus (...). Und er hat uns einen Trost in der Wüste besorgt: die Prediger seines Wortes. Er hat uns Wasser in der Wüste angeboten, indem er seine Prediger mit Heiligem Geist erfüllt hat, damit in ihnen eine Quelle des Wassers entsteht, die bis zum ewigen Leben reicht« (ebd.). Diese Worte, meine Lieben, erinnern an eure Geschichte: In den Wüsten des Lebens und in der Mühsal, eine kleine Gemeinschaft zu sein, lässt der Herr euch das Wasser seines Wortes nicht fehlen, insbesondere durch Prediger und Missionare, die gesalbt vom Heiligen Geist, dessen Schönheit aussäen. Und das Wort führt uns immer wieder zum Wesentlichen des Glaubens zurück: sich von Gott lieben zu lassen, um aus unserem Leben eine Gabe der Liebe zu machen. Denn nur die Liebe stillt wirklich unseren Durst (...).

Das ist es, was Jesus dem Apostel Petrus im heutigen Evangelium sehr eindrücklich sagt. Dieser akzeptiert nicht, dass Jesus leiden, von den Anführern des Volkes angeklagt werden, den Leidensweg durchschreiten und dann am Kreuz sterben muss. Petrus reagiert, er protestiert, er möchte Jesus davon überzeugen, dass er sich irrt, denn seiner Meinung nach – und so hätten wir auch gedacht – darf der Messias nicht als Besiegter enden und schon gar nicht als Gekreuzigter sterben, wie ein von Gott verlassener Übeltäter. Aber der Herr weist Petrus zurecht, denn diese seine Denkweise ist „der Welt gemäß“ und nicht Gott gemäß (vgl. Mt 16,21-23). Wenn wir glauben, dass Erfolg, Macht und materielle Dinge genügen, um die Dürre unseres Lebens zu beheben, ist dies eine weltliche Mentalität, die zu nichts Gutem führt, sondern uns noch vertrockneter zurücklässt als zuvor. Jesus hingegen weist uns den Weg: »Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden« (Mt 16,24-25).

Brüder, Schwestern, der beste Weg von allen ist dieser: das Kreuz Christi zu umarmen. Das Herzstück des Christentums ist diese verstörende und außerordentliche Nachricht: Wenn du dein Leben verlierst, wenn du es großzügig hingibst, wenn du es riskierst, indem du es in Liebe einsetzt, wenn du es zu einem kostenlosen Geschenk für andere machst, dann erhältst du es überreich zurück, es gießt eine Freude in dich ein, die nicht vergeht, einen Frieden im Herzen, eine innere Stärke, die dich erhält. (...)

Das ist die Wahrheit, die Jesus zu entdecken uns einlädt, die Jesus euch allen, dem Land der Mongolei, offenbaren möchte: Es nützt nicht groß, reich oder mächtig sein, wenn man glücklich sein möchte. Nur die Liebe stillt den Durst unseres Herzens, nur die Liebe heilt unsere Wunden, nur die Liebe schenkt uns wahre Freude. Und das ist der Weg, den Jesus uns gelehrt und uns eröffnet hat.

Hören also auch wir auf das Wort, das der Herr zu Petrus sagt: »Tritt hinter mich« (Mt 16,23), das heißt: Werde mein Jünger, geh denselben Weg, den ich gehe, und denke nicht mehr nach Art der Welt. Dann werden wir mit der Gnade Christi und des Heiligen Geistes auf dem Weg der Liebe gehen können. Auch dann, wenn lieben bedeutet, sich selbst zu verleugnen, gegen persönliche und weltliche Egoismen zu kämpfen sowie das Risiko einzugehen, in Geschwisterlichkeit zu leben. Denn wenn es auch stimmt, dass all das Mühe und Verzicht verlangt und manchmal bedeutet, das Kreuz zu besteigen, so ist es doch noch zutreffender, dass, wenn wir unser Leben um des Evangeliums willen verlieren, es der Herr uns im Überfluss schenkt, voller Liebe und Freude, für die Ewigkeit.

(vaticannews - skr)
 

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03. September 2023, 10:46