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Papst Franziskus an diesem Samstag Papst Franziskus an diesem Samstag 

Papst ruft Comunione e Liberazione zu Erneuerung auf

Zur missionarischen Erneuerung hat Papst Franziskus die Bewegung Comunione e Liberazione aufgerufen. Anlässlich des 100. Geburtstages des Gründers Don Luigi Giussani fand eine bunte Begegnung auf dem Petersplatz statt, bei der Franziskus eine lange Ansprache hielt. Dabei bat er auch um Gebet für Frieden und Geschwisterlichkeit in der Welt.

Anne Preckel – Vatikanstadt

Zu der Feier bei strahlendem Sonnenschein auf dem Petersplatz, die mit Glaubenszeugnissen und Musik gestaltet war, hatten sich etwa 60.000 Menschen aus 60 Ländern versammelt. Vor seiner Rede fuhr der Papst mit dem Papamobil ausgiebig durch die Menge, winkte und grüßte freundlich. Gesänge und Gitarrenmusik untermalten die Audienz, auf der neben dem Präsidenten der Bewegung auch eine Krankenschwester aus Uganda und eine Studentin aus Marokko vortrugen.

Zum Nachhören - was der Papst bei der Audienz sagte

Papst würdigt Giussani

In seiner ungewöhnlich langen Ansprache würdigte Franziskus den Gründer der Bewegung Don Giussani als „Vater und Lehrer“, der dem Glauben vieler Menschen zum Wachsen verholfen habe. Mit „pädagogischer und missionarischen Leidenschaft“ habe er für die Gläubigen und das Gemeinwohl gewirkt, so der Papst, auch ihm selbst habe die Lektüre einiger Bücher von Pater Giussani „als Priester gut getan“, verriet Franziskus.

Vor der Ansprache: Bad in der Menge
Vor der Ansprache: Bad in der Menge
Hier im Video

Prozess der Erneuerung gehen

Der Papst rief Comunione e Liberazione dazu auf, dem „fruchtbaren Potenzial des Charismas“ von Pater Giussani erneut zur Blüte zu verhelfen und den eingeleiteten Prozess der Erneuerung weiter umzusetzen. Er sprach von „ernsten Problemen“ und „Spaltungen“, auch von einer geistlichen „Verarmung“, die in dieser „so wichtigen kirchlichen Bewegung, von der sich die Kirche und ich selbst mehr, sehr viel mehr erhoffen“, sichtbar geworden seien.

Im September 2021 hatte Franziskus einen Zweig von Comunione e Liberazione, die Laienvereinigung Memores Domini, unter Aufsicht gestellt. Drei Monate zuvor hatte er die Amtszeit an Spitzen katholischer Verbände und Bewegungen zeitlich auf fünf Jahre begrenzt, Grund waren gehäufte Schwierigkeiten bei etlichen katholischen Bewegungen, darunter auch Comunione e Liberazione.

Viele Kinder und junge Leute waren dabei
Viele Kinder und junge Leute waren dabei

Wiedergeburt aus der Krise

Die Bewegung Comunione e Liberazione solle diese Krise und Übergangszeit als Chance und zur Selbstreflexion nutzen und einen „missionarischen Neubeginn“ wagen, schlug der Papst am Samstag vor den Vertretern der Bewegung auf dem Petersplatz vor. „Lasst nicht zu, dass eure Bruderschaft durch Spaltungen und Widersprüche verwundet wird, die dem Bösen in die Hände spielen. Auch schwierige Momente können Momente der Gnade und der Wiedergeburt sein“, so der Papst. Franziskus dankte bei dieser Gelegenheit dem spanischen Priester Julian Carrón, der im November letzten Jahres nach einer 16-jährigen Amtszeit zurückgetreten war und damit auf die neue Vatikananweisung reagiert hatte.

Die nigerianische Krankenschwester rose Busingye trug ein bewegendes Zeugnis vor
Die nigerianische Krankenschwester rose Busingye trug ein bewegendes Zeugnis vor

Papst Franziskus rief Comunione e Liberazione zu Einheit in Vielfalt auf. Dabei gehe es nicht um Uniformität, präzisierte er.

Einheit in Vielfalt

„Haben Sie keine Angst vor unterschiedlichen Sensibilitäten und Konfrontationen auf dem Weg der Bewegung. Es kann nicht anders sein in einer Bewegung, in der alle Anhänger aufgerufen sind, das empfangene Charisma persönlich zu leben und mitverantwortlich zu teilen. Das ist wichtig: dass die Einheit stärker ist als zersplitternde Kräfte oder das Festhalten an alten Gegensätzen. Einheit mit denjenigen, die die Bewegung leiten, Einheit mit den Hirten, Einheit in der sorgfältigen Befolgung der Hinweise des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben und Einheit mit dem Papst, der der Diener der Gemeinschaft in Wahrheit und Liebe ist. Verschwenden Sie Ihre kostbare Zeit nicht mit Geschwätz, Misstrauen und Widerstand, bitte, verschwendet damit keine Zeit!““

Das Charisma der Bewegung lebendig zu halten und einen Weg der Erneuerung zu begehen bedeute keinen Widerspruch, stellte der Papst klar. Nicht das Charisma an sich müsse sich ändern, vielmehr müsse das Charisma „in der heutigen Welt fruchtbar gemacht werden“ und von falschem Ballast befreit werden, so der Papst. Dabei gehe es darum, „Fehlentwicklungen zu erkennen und gegebenenfalls zu korrigieren“, und zwar „in einer Haltung der Demut und unter der weisen Führung der Kirche“, erinnerte Franziskus. Comunione e Liberazione dürfe sich nicht in sich selbst zurückziehen, Angst und geistige Müdigkeit müssten abgestreift werden, denn es gebe noch viel zu tun. Franziskus.

Das Charisma zu voller Blüte bringen

„Ich ermutige Sie, die richtigen Wege und Sprachen zu finden, damit das Charisma, das Pater Giussani Ihnen gegeben hat, neue Menschen und neue Umgebungen erreicht, damit es die heutige Welt ansprechen kann, die sich seit den Anfängen Ihrer Bewegung verändert hat. Es gibt viele Männer und Frauen, die noch nicht die Begegnung mit dem Herrn hatten, die ihr Leben verändert und schön gemacht hat!“

Das pädagogische Wirken des Comunione e Liberazione-Gründers Guissani habe „viele freie und bedeutende Persönlichkeiten“ hervorgebracht, „die dem Christentum mit Überzeugung und Leidenschaft anhingen; nicht aus Gewohnheit, nicht aus Konformismus, sondern auf eine persönliche und kreative Weise“, merkte der Papst an. Guissani sei ein „wahrer Apostel“ mit „großem Einfühlungsvermögen“ und Respekt vor seinen Schülern gewesen, er habe nichts vorgeschrieben, sondern sei mit gutem Beispiel vorangegangen und habe angeregt.

Erziehung zu Freiheit und Eigenverantwortung

„Dies, liebe Freunde, ist ein großes geistliches Vermächtnis, das Pater Giussani euch hinterlassen hat“, hob der Papst hervor. „Ich bitte Sie eindringlich, seine pädagogische Leidenschaft, seine Liebe zu jungen Menschen, seine Liebe zur Freiheit und Eigenverantwortung eines jeden Menschen vor seinem eigenen Schicksal, seinen Respekt vor der unwiederholbaren Einzigartigkeit eines jeden Mannes und einer jeden Frau in sich zu nähren.“

Pater Giussani habe es verstanden, „mit großer Ausgewogenheit Charisma und Autorität, die sich ergänzen und beide notwendig sind, zusammenzuhalten“, fuhr der Papst fort. „Autorität sorgt für den richtigen Weg, Charisma macht den Weg schön“, habe er gesagt. Davon ausgehend empfahl Franziskus den Leitenden von Comunione e Liberazione, das Charisma in allen Zweigen und Mitgliedern der Bewegung lebendig zu halten und eine Kultur der Begegnung zu fördern. Zu diesem „ersten Galiläa“ gelte es immer zurückzukehren, formulierte der Papst. „So tragen die kirchlichen Bewegungen mit ihren Charismen dazu bei, den attraktiven und neuen Charakter des Christentums zu zeigen; und es ist Aufgabe der Autorität der Kirche, weise und umsichtig den Weg zu weisen, den die Bewegungen gehen müssen, um sich selbst und der Sendung, die Gott ihnen anvertraut hat, treu zu bleiben.“

Ausgelassene Stimmung, viele Familien und wunderschöne Lieder
Ausgelassene Stimmung, viele Familien und wunderschöne Lieder

Institution und Carisma bilden Einheit

Wie Pater Giussani festgestellt habe, brauche es einen „ständigen Austausch zwischen Institution und Charisma“; Gnade und Freiheit stünden in Beziehung, Institution und Charisma bildeten letztlich gemeinsam „die einzige Realität der Kirche“: „Ein Charisma muss institutionalisiert werden, und eine Institution muss ihre charismatische Dimension aufrechterhalten. Es ist undenkbar, dass die Kirche ohne eine Institution lebt“, hielt der Papst fest.

Abschließend bat er seine Zuhörer darum, ihn im Gebet für Frieden in der Welt zu unterstützen. „Die immer gewalttätigere und kriegerischere Welt macht mir Angst“, bekannte der Papst. „Ich lade Sie ein, mich in der Prophezeiung für den Frieden zu begleiten!“ und er lud dazu ein, für alle Armen, Verlassenen, Verletzlichen und Menschen am Rande zu beten.

Die Highlights der Audienz im Kurzvideo von Vatican Media

Dank des Präsidenten und bewegende Zeugnisse

In seinem Grußwort an den Papst versicherte der Präsident von Comunione e Liberazione, Davide Prosperi, dass die Spitzen der Bewegung die Empfehlungen des Heiligen Stuhles sehr aufmerksam verfolgten und dass sich Comunione e Liberazione bemühe, mit neuem missionarischem Geist in die Zukunft zu gehen. Er dankte in diesem Kontext bei Papst Franziskus und dem Dikasterium für die Laien, die Familie und das Leben, die den Erneuerungsprozess der Bewegung unterstützen. 

Zwei Mitglieder von Comunione e Liberazione, die ugandische Krankenschwester Rose Businye und die Studentin Hassina Houari mit marokkanischen Wurzeln, trugen dem Papst bewegende Zeugnisse vor und schilderten, wie sie aus der Bewegung für ihr Leben und Wirken Kraft schöpfen.

In etwa 90 Ländern aktiv

„Comunione e liberazione“, auf Deutsch: Gemeinschaft und Befreiung, wurde 1954 von dem Mailänder Priester Luigi Giussani gegründet, der an diesem Samstag vor genau 100 Jahren geboren wurde und der 2005 verstarb. Sein Nachfolger an der Spitze von Comunione e Liberazione Carrón wurde 2008, 2014 und 2020 im Amt bestätigt. Zurzeit ist Gemeinschaft und Befreiung nach eigener Darstellung in etwa 90 Ländern auf allen Kontinenten vertreten. Alljährlich im August richtet die Bewegung in Rimini ein großes Katholikentreffen aus.

(vatican news - pr)

 

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15. Oktober 2022, 12:28