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Papst Franziskus: „Wir müssen lernen zu vergeben“

Barmherzigkeit und Vergebung – das sind zwei der Schlüsselworte dieses Pontifikats. Auch bei seiner Generalaudienz an diesem Mittwoch hat Papst Franziskus wieder über das Thema Vergebung gesprochen.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Die Gelegenheit dazu gab ihm das Vaterunser, dem schon seit einiger Zeit jeweils mittwochs seine Katechesen gelten. „Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ war der Passus, mit dem sich Franziskus besonders beschäftigte.

„Wir haben gesehen, dass der Mensch vor Gott Schuldner ist – von Ihm hat er alles empfangen, was Natur und Gnade betrifft. Unser Leben wurde von Gott nicht nur gewollt, sondern wir werden von ihm geliebt. Wirklich, es gibt keinen Grund, die Nase hoch zu tragen, wenn wir beten: In der Kirche gibt es keine „self made men“, wir sind alle Schuldner vor Gott und vor so vielen Menschen, die uns gute Lebensbedingungen geschenkt haben.“

Beten heißt Danke sagen

Wer daher bete, lerne zugleich, Danke zu sagen. „Und wir vergessen das Danken so oft… Wir sind Egoisten! Wer betet, sagt also Gott Danke und bittet ihn um sein Wohlwollen. So sehr wir uns auch abmühen, immer bleibt eine nicht einlösbare Schuld gegenüber Gott, der uns unendlich stärker liebt als wir ihn lieben… Darum bitten wir: Vergib uns unsere Schuld! Wir bitten Gott um Vergebung.“

Zum Nachhören

Eigentlich hätte Jesus es beim Texten des Vaterunser bei der Formulierung „Und vergib uns unsere Schuld“ belassen können, befand Franziskus: „Das wäre schön gewesen.“ Aber Jesus habe diesem Satz auch noch eine „Horizontale“ eingezogen, indem er „wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ hinzufügte.

„Eine unbarmherzige Konjuktion“

„Die vertikale Beziehung von Gottes Wohlwollen zu uns soll sich übersetzen in eine neue Beziehung, die wir zu unseren Brüdern und Schwestern aufnehmen – eine horizontale Beziehung. Der gute Gott lädt uns ein, ebenfalls gut zu sein. Dabei sind die beiden Sätze durch eine unbarmherzige Konjunktion miteinander verbunden: Wir bitten den Herrn, uns die Schuld so zu erlassen, wie wir unseren Freunden, unseren Nachbarn vergeben – denen, die uns etwas Unschönes angetan haben…“

Jeder Christ glaube zu wissen, dass Gott ihm die Schuld vergebe. „Gott vergibt alles, und er vergibt immer.“ Nichts im Evangelium lasse darauf schließen, dass Gott jemandem, der guten Willens sei, nicht seine Schuld vergebe, so Franziskus. Aber die Gnade Gottes sei bei all ihrer Unbegrenztheit doch auch zugleich „anspruchsvoll“. Wer viel empfangen habe, müsse auch lernen, nichts für sich zurückzubehalten, sondern viel zu geben.

Padre, ich schaffe das nicht...

„Manchmal habe ich Leute sagen hören: Ich werde diesem Menschen niemals vergeben! Das, was er mir angetan hat, werde ich niemals vergeben! – Aber wenn du nicht vergibst, dann wird Gott dir auch nicht vergeben! Du machst dann die Tür zu! Als ich noch in der anderen Diözese (gemeint ist Buenos Aires, Anm.d.Übs.) war, erzählte mir ein Priester, dass er einer alten Frau die Sterbesakramente gebracht hatte. Als er sie fragte: Bereuen Sie Ihre Sünden?, sagte sie Ja. Aber als er dann fragte: Und vergeben Sie den anderen?, da sagte die Sterbende: Nein! Der Priester war bestürzt… Wenn du nicht vergibst, dann wird Gott dir auch nicht vergeben!“

Franziskus forderte seine Zuhörer auf, einmal über ihre Bereitschaft zum Vergeben nachzudenken. „Padre, ich schaffe das nicht, denn diese Leute haben mir so viel angetan… - Aber wenn du das nicht schaffst, dann bitte den Herrn, dass er dir die Kraft gibt, es trotzdem zu tun: Herr, hilf mir zu vergeben! Wir haben hier die Schnittstelle zwischen der Liebe zu Gott und der Liebe zum Nächsten.“

„Was er an mir getan hat, das gebe ich dir weiter“

Nicht alles im Leben sei mit Gerechtigkeit zu lösen, insistierte der Papst. Vor allem dort, wo dem Bösen ein Riegel vorgeschoben werden müsse, sei es notwendig, dass jemand „über das notwendige Maß hinaus“ liebe, damit eine neue „Geschichte der Gnade“ einsetzen könne. Jesus habe dem Gesetz des Auge-um-Auge, Zahn-um-Zahn das „Gesetz der Liebe“ entgegengesetzt. Es sei auf eine einfache Formel zu bringen: „Was er an mir getan hat, das gebe ich dir weiter!“

„Denken wir in dieser schönen Osterwoche einmal darüber nach: Bin ich imstande zu vergeben? Und wenn ich mich dazu nicht imstande fühle – den Herrn bitten, dass er mir die Gnade des Vergebens schenke… denn das ist eine Gnade.“
(vatican news)
 

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Ein paar Eindrücke von der Generalaudienz
24. April 2019, 10:47