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Abstimmungsplakat in der Schweiz zum Klimaschutz-Gesetz Abstimmungsplakat in der Schweiz zum Klimaschutz-Gesetz  (AFP or licensors)

Schweiz: Fastenaktion erfreut über Ja für Klimaschutz-Gesetz

Das „Ja“ des Schweizer Stimmvolks zum Klimaschutz-Gesetz am Sonntag ist „ein lang notwendiger Schritt für mehr Klimagerechtigkeit“. So kommentiert das katholische Hilfswerk Fastenaktion das Resultat der Abstimmung in der Eidgenossenschaft. Die Stimmberechtigten wollten, dass die Schweiz Verantwortung für mehr Klimaschutz übernehme. Und dies sei dringend notwendig, denn die Klimakrise sei Realität und führe zu Hunger.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Bernd Nelles ist Geschäftsleiter von Fastenaktion, dem katholischen Hilfswerk der Schweiz. Wir sprachen mit ihm über das Resultat der Abstimmung.

An diesem Wochenende gab es in der Schweiz wieder mal Abstimmungen. Unter anderem hat das Schweizer Stimmvolk zum Klimaschutzgesetz ein klares Ja ausgedrückt. Was bedeutet das auch aus Sicht der Fastenaktion, die ja auch dafür geworben hat, für dieses Ja.

Nilles: Wir freuen uns sehr über diese deutliche Mehrheit von diesem Sonntag. 59,1 Prozent der Bevölkerung haben Ja gestimmt und das ist ein starkes Signal für den Klimaschutz. Und das war überfällig in der Schweiz, denn alle Länder dieser Erde müssen Verantwortung übernehmen. Die Klimakrise ist eine globale Krise. Aber wir alle, jedes einzelne Land und jeder einzelne Mensch auch, müssen Verantwortung übernehmen. Und die Schweiz war noch eines der wenigen Länder, die keine verbindlichen Beschlüsse gefasst hatte, wie es klimaneutral werden will.

Hier das Interview mit Bernd Nilles, Geschäftsführer von Fastenaktion Schweiz

Was bedeutet das jetzt auch konkret für die Zukunft, für die Schweiz? Und wie wird sich auch da Fastenaktion einbringen?

Nilles: Wir haben uns auch mit vielen anderen christlichen Organisationen und mit vielen NGOs gemeinsam für dieses Gesetz engagiert, weil dieses Gesetz ein verbindliches Absenken vorsieht, damit der CO2-Ausstoß der Schweiz abgesenkt wird. Und das ist wirklich ein ganz wichtiger Beschluss, dem wir auch als Gesellschaft, als Kirchen zustimmen können, der wirklich ein Beitrag ist zu Klimagerechtigkeit.

„Und dann braucht es weiterhin Druck, dass dann auch wirklich die verbindlichen Zusagen eingehalten werden....“

Praktisch bedeutet das zum Beispiel in Phase Eins, dass die Regierung sehr viel Geld in die Hand nimmt, einige Milliarden Franken, um zum Beispiel Menschen dabei zu helfen, ihre Heizungen auszutauschen in erneuerbare Energien, die Industrie investieren kann. Und dann braucht es weiterhin Druck, dass dann auch wirklich die verbindlichen Zusagen eingehalten werden, dass der CO2-Ausstoß dann auch wirklich stark nach unten geht.

Armut durch Klimawandel

„Auch wenn wir guten Klimaschutz betreiben, so können wir leider die Klimakrise nicht mehr ganz aufhalten. Dafür sind wir zu spät. Aber wir können sie sehr stark abmildern und viel Leid weltweit vermeiden.“

Klimapolitik betrifft die ganze Welt, was auch eine wirtschaftliche Komponente hat. Wie kann denn klimagerechte und gute Klimapolitik etwa Hunger und Armut in der Welt bekämpfen oder mindern?

Nilles: Also, die Situation, die wir heute haben, ist ja die, dass wir jahrzehntelang entgegen den Empfehlungen der Wissenschaft keinen oder nur ganz wenig Klimaschutz betrieben haben. Und deshalb hungern bereits heute mehr Menschen auch dadurch, dass jetzt durch den Klimawandel ganz konkret bereits Dürren entstehen. Extremwetterereignisse führen dazu, dass Menschen aus ihrer Heimat fliehen müssen. Und die katholische Kirche hat immer wieder sehr deutlich gemacht, dass das bereits passiert. Auch in der Enzyklika Laudato si wurde das sehr konkret angesprochen, und das ist eine Realität, die haben wir jetzt. Auch wenn wir guten Klimaschutz betreiben, so können wir leider die Klimakrise nicht mehr ganz aufhalten. Dafür sind wir zu spät. Aber wir können sie sehr stark abmildern und viel Leid weltweit vermeiden. Und das muss all unser Ziel sein, hier wirklich zügig voran zu kommen, damit nicht noch mehr Schaden verursacht wird, der am Ende natürlich nicht nur einzelne Menschen trifft, sondern natürlich auch die Wirtschaft und die ganze Gesellschaft.

Am Wochenende gab es ja noch andere Abstimmungsthemen in der Schweiz. Hatte man da vielleicht auch Angst gehabt, dass zum Beispiel mit der Steuern-Abstimmung ein negativer Einfluss hätte haben können für das Thema des Klimaschutzes?

Nilles: Nein, wir hatten das tatsächlich bei der letzten Abstimmung über das sogenannte CO2-Gesetz, die dann scheiterte, erlebt. Es gab einen großen Widerstand der Bauern und Bäuerinnen gegen andere Abstimmungsvorlagen und dort stimmte man über ein Nein, und entsprechend haben auch viele Nein angekreuzt, damals beim Klimagesetz. Dieses Mal haben die Bürgerinnen und Bürger dem Klimaschutz grünes Licht gegeben, aber auch der EU-OECD-Steuer, die ja multinationale Konzerne, von denen wir ja viele in der Schweiz haben, auf eine Mindeststeuer verpflichtet. Das ist auch grundsätzlich sehr gut. Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass mehr oder zumindest ein Teil dieses Geldes auch in die Entwicklungshilfe gehen würde. Denn am Ende profitieren doch diese Konzerne sehr stark von ihren Profiten in den armen Ländern und das ist in diesem Gesetz unzureichend berücksichtigt.

Und was ist denn mit zum Beispiel den Klimaaktivisten?  Es gibt jetzt auch in der Schweiz, auch in diesen Tagen vor der Abstimmung, aber auch jetzt, danach immer wieder auch Aktionen der Klimaaktivisten. Ist das etwas, was dann eher negativ wahrgenommen wird, auch in der Schweizer Wahrnehmung oder wie sehen Sie das?

Nilles: Also, die Proteste, die auch zum Teil bis ins Extreme gehen, können durchaus auch einen negativen Einfluss haben. Das gilt auch im Umgang mit dem Thema der Klimagerechtigkeit und Klimapolitik. Die Frage lautet sozusagen, wie man sich am besten fürs Klima engagiert, aber die ist so umstritten. Es gibt da sehr verschiedene Formen. Ich denke, das Klimagesetz wäre jetzt nicht zustande gekommen ohne das tolle Engagement auch vieler Schülerinnen und Schüler, Studentinnen, Studenten, vieler NGOs, dem Klimastreik-Schweiz, der Klimaallianz, der Gletscherinitiative. Das haben auch Analysen im Schweizer Fernsehen usw. immer sehr deutlich gezeigt, dass ohne diese starke Zivilgesellschaft das ja gar nicht möglich gewesen wäre. Die Schweiz hat eine tolle und starke Zivilgesellschaft.

„Und jedes friedliche Engagement ist da, glaube ich, im Moment sehr wichtig.“

Das ist natürlich nicht in jedermanns Interesse. Es gibt ja auch Industriezweige, die natürlich das nicht gut finden. Und dann gibt es Aktionsformen, die fallen unter zivilem Ungehorsam. Und ja, uns ist ganz wichtig, dass sie friedlich sind und friedlicher ziviler Ungehorsam, das ist etwas, was vital ist. Zwar machen wir das als Fastenaktion nicht. Wir beteiligen uns nicht daran. Das ist nicht unsere Art zu arbeiten. Denn das müssen Juristen entscheiden, was ein rechtlich korrekter Einsatz für eine Sache ist. Eines ist aber klar: Die Klimakrise bedroht Menschen und Menschenleben und sie bedroht unsere Kinder und Enkelkinder. Von daher braucht es schon viel Druck auch in der Gesellschaft, damit die Politik jetzt wirklich schnell handelt und nicht weiter zögert. Und jedes friedliche Engagement ist da, glaube ich, im Moment sehr wichtig.

Für Fastenaktion ist es sehr wichtig, sich in dieser Klimafrage zu engagieren. Es ist keine Umweltfrage, es geht um das Überleben der Menschheit. Und es geht um die Frage: Wie viele Menschen sollen sterben? Es geht um die Frage: Wie viel Hunger wollen wir tolerieren? Und wir sind ein Hilfswerk, das dafür steht, gemeinsam Hunger zu beenden. Wir haben tolle Projekte in aller Welt, mit denen wir versuchen, Armut und Hunger zu bekämpfen. Denn die Klimakrise treibt viele Menschen in Armut und Hunger. Und deshalb stemmen wir uns dagegen. Und deshalb engagieren wir uns auch für ein Klimaschutzgesetz. Denn es geht um die Menschen weltweit und natürlich auch um die Menschen am Ende auch in der Schweiz, die natürlich auch diese Klimakrise überleben wollen.

(vatican news)

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19. Juni 2023, 13:54