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Plokhys Buch über die Geschichte der Ukraine Plokhys Buch über die Geschichte der Ukraine  

Buchtipp: Die Frontlinie

Um den Krieg in der Ukraine zu verstehen, muss man die Vorgeschichte kennen. Dazu gibt es ein aktuelles Buch des Harvard-Historikers Serhii Plokhy. In seinem politischen Essay analysiert der die Geschichte der Ukraine und seines „aggressiven“ Nachbarlandes Russland.

Die vergangenen drei Monate waren für Plokhy, der in Russland geboren, aber in der Ukraine aufgewachsen ist, „ein nie endender Alptraum“; er promovierte an der Universität Kiew. Per E-Mail erfuhr er, dass der Krieg begonnen hatte. Ein Kollege in der Ukraine bat ihn darum, seine Akten zur Aufbewahrung zu schicken, weil er die Stadt verlasse. „Du gehst ins Bett und hoffst, dass du in der ,normalen´ Welt aufwachst, und du wachst in dem Albtraum auf, der vor sich geht. Ich fand eine Art Ausgleich, indem ich meine Arbeit wirklich fortsetzte und mit dem Publikum sprach, mit Journalisten über die Themen, die ich zuvor recherchiert hatte. Das war also eine Möglichkeit für mich, emotional konzentriert zu bleiben und nicht auseinanderzufallen“, erklärte er.

So entstand das Buch „Die Frontlinie“. Es ist eine Sammlung von Überlegungen und historischen Fakten, die ein Gesamtbild zum Ausbruch des Krieges geben.

Die Zerstörung von Menschenleben und physischer Infrastruktur war in der Ukraine massiv. Aber jede Krise birgt auch eine Chance, betont Serhii Plokhy. Der Autor argumentiert, dass die russische Aggression nicht nur Gebäude und physische Infrastruktur zerstört habe, sondern auch die Überreste der sowjetischen Vergangenheit der Ukraine, was eine echte Chance eröffne, eine neue, moderne Ukraine des 21. Jahrhunderts aufzubauen. Das traditionell geringe Vertrauen in staatliche Institutionen, in das Parlament und den Präsidenten selbst sei in den letzten Monaten immens gewachsen. Und eine zuvor tief gespaltene Gesellschaft wurde im Kampf um die Souveränität auf spektakuläre Weise wieder vereint.

Es könnte zwar eine Gelegenheit für eine politische Wiedergeburt des Landes eröffnen, aber es werde massive Hilfe von der Weltgemeinschaft benötigt, um davon zu profitieren. Plokhy fordert deshalb den Westen – aber im Grunde die EU – auf, einen neuen Marshallplan in der gleichen Art wie das US-Programm zu entwickeln, das mehr als 15 Milliarden Dollar zur Finanzierung der Wiederaufbaumaßnahmen in Deutschland und Europa nach dem Zweiten Weltkrieg bereitstellte.

Zum Mitschreiben: Serhii Plokhy: Die Frontlinie. Warum die Ukraine zum Schauplatz eines neuen Ost-West-Konflikts wurde, übersetzt von Stephan Gebauer, Thorsten Schmidt, Gregor Hens, Ulrike Bischoff, Stephan Kleiner, erschienen im Rowohlt-Verlag 2022.

Eine Rezension von Mario Galgano.

(vatican news)

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04. Juni 2022, 14:45