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Sr Gesine Rohrbach (4. von rechts in der ersten Reihe) und die Gemeinschaft von Grandchamp Sr Gesine Rohrbach (4. von rechts in der ersten Reihe) und die Gemeinschaft von Grandchamp 

Gebetswoche 2021: „Wir leben in einer besonderen Zeit“

Inhaltlich ist die Gebetswoche 2021 inspiriert vom kontemplativen Gemeinschaftsleben der Schwestern von Grandchamp in der Schweiz. Schwester Gesine Rohrbach ist Mitglied in der Gemeinschaft und verantwortlich für das Noviziat. Mario Galgano sprach mit ihr über das ökumenische Engagement der Gemeinschaft. Die Gebetswoche findet vom 18. bis 25. Januar statt.

Radio Vatikan: Der Gemeinschaft von Grandchamp in der Schweiz ist die Ehre zuteil geworden, die Texte und Meditationen zur diesjährigen Gebetswoche für die Einheit der Christen vorzubereiten. Wann und wie wurden Sie als Gemeinschaft dazu beauftragt und was war das Gefühl, als Sie angefragt wurden?

Sr. Gesine Rohrbach: Wir wurden im Herbst 2019 durch den Ökumenischen Rat der Kirchen gefragt, ob wir bereit sind, diese Texte zu schreiben. Pastor Dr. Odair Pedroso Mateus, hat uns gefragt, er kennt uns gut. Er war der Auffassung, dass in der ökumenischen Arbeit die Spiritualität einen wichtigen Platz einnehmen sollte. Er kannte unsere Gemeinschaft und unsere ökumenische Berufung des Gebets für die Einheit der Christen und deswegen hat er uns gefragt. Dennoch waren wir sehr überrascht. In der Gemeinschaft haben wir überlegt, ob wir Ja sagen sollen, aber wir dachten, wir können eigentlich nicht Nein sagen, weil das so stimmig mit unserer Berufung ist. Also haben wir zugesagt, ohne genau zu wissen, was das alles beinhaltet.

Hier hören Sie das gesamte Interview mit Sr. Gesine Rohrbach

Radio Vatikan: Haben Sie schon einmal so etwas ähnliches gemacht, vielleicht in anderen Formen? Ich meine ökumenische Gebete, die sowas ähnliches sind, wie jetzt oder ist das jetzt doch etwas ganz neues für die Gemeinschaft? Ist es Neuland?

Sr. Gesine Rohrbach: Also, in diesem Ausmaß ist es natürlich vollkommen neu. Wir kennen ökumenische Gebete im Kanton oder im engeren Kreis, wo wir manchmal zusammen arbeiten, mit Vertretern von den Kirchen, um irgendetwas zu organisieren. Aber, dass wir alleine ein so großes Ereignis ausrichten, das war und ist neu.

„Wir dachten, wir wollen etwas vermitteln von dem monastischen Leben: dieses Leben, in dem sich sehr viel im Verborgenen abspielt und in dem das Gebet im Mittelpunkt steht.“

Radio Vatikan: Welche Bedeutung hat es denn für Sie als Frauengemeinschaft, dieses Jahr die Gebete für die Gebetswoche auszuwählen? Was zeichnet euch da besonders aus? Ich nehme an, dass Sie sich sicherlich auch diese Frage gestellt haben.

Sr. Gesine Rohrbach: Pfarrer Mateus hat gesagt, er wünsche sich, dass durch die Texte etwas von unserer Spiritualität übermittelt wird. Wir haben uns gefragt, was das heißt und wir haben lange in der Gemeinschaft überlegt, welche Texte wir nehmen, welchen Schwerpunkt wir setzen sollen. Wir dachten, wir wollen etwas vermitteln von dem monastischen Leben. Dieses Leben, in dem sich sehr viel im Verborgenen abspielt und in dem das Gebet im Mittelpunkt steht, zeichnet sich dadurch aus, dass eigentlich alles aus dem Gebet herausfließt. So haben wir überlegt, wie wir das gestalten können. Wir haben dann als nächstes einen Weg überlegt, der von innen nach außen geht. Das Resultat sind die Acht-Gebetstage, die dies gut aufzeigen. Der erste Tag beginnt mit dem persönlichen Ruf Gottes in unserem Leben, den ja in der Gemeinschaft jede Schwester gehört hat. Aber das gilt ja nicht nur für sie. Jeder Christ hat das einmal gehört und dann ist es so, dass Gott uns zusammen in Gemeinschaften setzt. So wird dann die Gemeinschaft immer größer. Und dann kommt die Kirche und die verschiedenen Kirchen bis hin zur Kreation, zu der Schöpfung. Wir haben diesen Weg ein bisschen beschrieben in den Acht-Gebetstagen.

Radio Vatikan: Können Sie uns auch kurz erläutern, gerade für jene, die Ihre Gemeinschaft noch nicht kennen, wie Sie leben? Wie kann man Sie als Gemeinschaft beschreiben?

Sr. Gesine Rohrbach: Wir sind eine Gemeinschaft mit ökumenischer Ausrichtung. Zur Zeit sind wir 50 Schwestern. Wir leben in der Schweiz, in der Nähe vom Neuenburgersee. Unsere Sprache ist Französisch. Wir kommen aus zehn verschiedenen Ländern und sind somit sehr international. Auch kommen wir aus verschiedenen Kirchen und von Anfang an sind wir sehr eng mit der Gemeinschaft von Taizé verbunden, weil wir in derselben Zeit entstanden sind. Wir haben deshalb auch die Regel von Taizé übernommen und auch das Gebetbuch von Taizé, was sie aber derzeit nicht mehr benutzen, weil sie jetzt Taizé-Gesänge haben.

Radio Vatikan: Wie Sie gesagt haben, liegt Ihre Gemeinschaft in der Schweiz und zwar im Kanton Neuenburg/Neuchatel. Welche Rolle haben diese Schweizer Einflüsse auch bei der Auswahl der Texte gespielt? Die Schweiz ist ja eigentlich ein typisches Ökumene-Land. Da gibt es ja schon Jahrzehnte an Erfahrung.

Sr. Gesine Rohrbach: Direkt einen Einfluss auf die jetzigen Texte gibt es eigentlich weniger, weil wir die zusammen erstellt haben und, wie gesagt, wir sind eine internationale Gemeinschaft. Deswegen haben wir die Texte auch ausgehend von unterschiedlichen Hintergründen zusammengestellt. Aber es stimmt, dass gerade auch der Kanton Neuenburg eine sehr lange ökumenische Tradition hat und vielleicht hat es auch damit zu tun, dass die Gemeinschaft sich gerade hier angesiedelt hat, weil es da diese Offenheit schon in den 30er/40er Jahren gab, also über den Tellerrand hinweg zu blicken, auch auf die Realität in anderen Kirchen.

„Wir müssen uns also konzentrieren auf die Verbundenheit mit Gott und nicht auf die Frucht.“

Radio Vatikan: Das Motto lautet „Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht tragen“, aus dem Johannes- Evangelium. Wieso dieses Leitwort? Was hat es auf sich mit diesem Spruch aus der Bibel?

Sr. Gesine Rohrbach: Als wir überlegt haben, über was wir die Texte schreiben wollen und über welchen Vers, da kam uns zuerst das Evangelium von Johannes mit dem Weinstock in den Sinn, denn diese Passage ist sehr wichtig für unsere Gemeinschaft. Es geht um dieses Verbundensein mit Christus, das Gemeinschaft stiftet und zwar unter uns. Und dieses Verbundensein mit Christus bringt Früchte. Wir müssen uns also konzentrieren auf die Verbundenheit mit Gott und nicht auf die Frucht. Dieser Spruch kam uns in den Sinn, weil er das sehr gut aussagt. Die Verbundenheit mit uns, mit seiner Liebe, ist aber nicht ein Selbstzweck, sondern aus ihr kommt die Frucht heraus, auch für andere außerhalb der Gemeinschaft und für die Welt.

Radio Vatikan: Sie haben eben gesagt, dass Ihre Gemeinschaft von der Comunauté von Taizé geprägt ist, wo spiegelt sich denn das auch bei der Gestaltung der Texte zur Einheitswoche für 2021 wieder?

Sr. Gesine Rohrbach: Das sieht man direkt an den Texten. Wir haben darin Teile aus der Regel vom Taizé zitiert. Da unterstreicht zum Beispiel eine Passage, was an diesem Tag überlegt wird. Sicher ist es auch so, dass wir die ökumenische Berufung mit Taizé teilen und die kommt überall heraus aus den Texten oder aus dem, was wir gemacht  haben.

Radio Vatikan: Was erwarten Sie oder wünschen Sie sich auch von dieser Gebetswoche für die Einheit der Christen in diesem Jahr? Was ist Ihr persönlicher Wunsch?

Sr. Gesine Rohrbach: Wir leben ja dieses Jahr sehr speziell die Einheit der  Christen. In dieser Gebetswoche für die Einheit der Christen werden weniger Treffen möglich sein als normalerweise. Da ist sehr viel Kreativität gefragt, um sich zusammensetzen, um für die Einheit der Christen zu beten. Mein Wunsch ist vielleicht, dass wir in dieser speziellen Situation, in dieser Woche alle gemeinsam hören, was denn unsere Rolle als Christen in dieser Covid- Zeit ist. Es ist eine Zeit, die geprägt ist von Angst und Unsicherheit. Welche Botschaft möchte Christus durch uns übermitteln, durch seine Sendboten hier? Ich hoffe,  dass wir zusammen arbeiten und eine Nachricht finden, die Mut und Hoffnung gibt.

(vatican news)

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14. Januar 2021, 08:17