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Myron Horbovyj Myron Horbovyj 

Ukraine: „Am schlimmsten ist die Gleichgültigkeit“

„Das Schwerste ist immer, menschliches Leid zu sehen. Diesen Schmerz zu spüren - sei es bei den Soldaten oder bei ihren Familien – das ist das Schwerste an meinem Dienst.“

Svitlana Dukhovych – Vatikanstadt

So beschreibt Pater Myron Horbovyj sein Leben als Seelsorger in der Ukraine. Angesichts des fast zwei Jahre andauernden Krieges spricht er im Interview mit Radio Vatikan über die geistlichen Bedürfnisse der Soldaten, die an der Front gegen die russische Armee kämpfen. Viel könne er gar nicht tun für sie – außer, ihnen einfach „nahe zu sein".

Zum Nachhören - wie die Lage in der Ukraine ist

„Es geht darum, dass diese jungen Menschen begreifen, dass sie nicht allein sind, sondern dass es jemanden gibt, der an sie denkt. Der dankbar ist, dass sie für ihn kämpfen. Der sich Sorgen macht, wenn sie verwundet werden. Man muss diesen jungen Soldaten nahe sein, sich an sie erinnern und wertschätzen, was sie leisten. Fehlt eine solche Unterstützung in schwierigen Momenten, dann stellt sich ihnen die Frage: Warum verteidige ich überhaupt die Ukraine, wenn niemand das braucht? Warum riskiere ich, verletzt oder getötet zu werden, wenn das niemanden interessiert?“

Meistens gehe es „um ganz einfache Dinge“

Der Seelsorger besucht oft Verwundete im Krankenhaus. Und er bittet Freiwillige, den Kontakt zu Soldaten zu halten. Meistens gehe es „um ganz einfache Dinge“, sagt Pater Horbovyj.

„Sie sehen dann, wofür sie sich aufopfern: einige mit ihrem Leben, andere mit ihrer Gesundheit. Das gibt ihnen neue Motivation. Wenn man von Menschen umgeben ist, die einen schätzen und respektieren, dann will man sie beschützen. Dann wird einem klar, wofür man wirklich kämpft, und dass die Opfer, die man bringt, nicht umsonst sind. Dass es also etwas gibt, das es wert ist, geschützt zu werden.“

„Wir leben im Kriegszustand unter ständigem Stress“

Das Schlimmste überhaupt, was der Ukraine, ihren Soldaten und ihren Menschen generell jetzt passieren könne, sei Gleichgültigkeit. Damit meint der Geistliche nicht die Gleichgültigkeit des Westens, sondern einen Zustand, in den die Menschen in der Ukraine geraten können, wenn sie keinen Ausweg mehr aus dem ständigen Kriegszustand sehen.

„Wir leben im Kriegszustand unter ständigem Stress. Die Menschen können ihre Emotionen manchmal sozusagen herunterdimmen, um ihr Inneres zu schützen, denn jeden Tag, wenn wir den Fernseher einschalten oder Online-Quellen durchstöbern, sehen wir Krieg, wir leben in ihm. Aber wir sollten uns auf keinen Fall daran gewöhnen – denn wenn wir uns daran gewöhnen, wird es für uns zur Routine, und diese Routine führt zu Gleichgültigkeit, und das ist gefährlich.“

(vatican news – sk)

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01. Februar 2024, 10:59