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Aktivisten am Rand des UN-Klimagipfels in Dubai Aktivisten am Rand des UN-Klimagipfels in Dubai  (AFP or licensors)

COP28: Das Öl, die Wüste und das Liebeslied

Sie ist in Dubai: eine von vielen, die am Rand des UN-Klimagipfels COP28 Lobbyarbeit betreiben. Lindlyn Moma arbeitet für das „Laudato si‘ Movement“.

Kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? Richtig: Diese Bewegung stützt sich auf „Laudato si‘“, die Umwelt- und Schöpfungs-Enzyklika von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015. Dem Jahr, in dem der Klimagipfel von Paris seine weitreichenden Beschlüsse fasste (Stichwort 1,5-Grad-Ziel); und der Gipfel von Dubai soll jetzt überprüfen, wie weit die internationale Gemeinschaft gekommen ist auf dem Weg zu diesem Ziel der Beschränkung der Erderhitzung.

„Unsere Aufgabe ist es, die katholische Gemeinschaft zu inspirieren und zu mobilisieren, sich um unser gemeinsames Haus zu kümmern und in Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens Klima- und Umweltgerechtigkeit zu erreichen“, sagt Moma im Interview mit uns. „Wir glauben, dass Cop 28 ein Schlüsselmoment ist – unter anderem wegen dieser globalen Bestandsaufnahme, wie weit wir hinter den Pariser Zielen von 1,5 Grad zurückliegen.“

„Wir glauben, dass Cop 28 ein Schlüsselmoment ist“

Die Klimaschützerin glaubt auch schon zu wissen, was bei dieser Prüfung herauskommen wird. „Es hat sich nicht viel getan – wir haben sogar eine Zunahme der Ausbeutung fossiler Brennstoffe erlebt, die die Klimakrise befeuert. Wir werden daher die Alarmglocken läuten: Die Staaten sollten jetzt mutige Schritte raus aus den fossilen Brennstoffen unternehmen. Der Weltklimarat und die Internationale Energieagentur sagen sehr deutlich, dass es keinen Platz mehr für fossile Brennstoffe geben darf, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen wollen. Unsere Hauptaufgabe besteht also darin, das politische Argument vorzubringen, dass die Welt neben dem Pariser Ziel einen Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe unterzeichnen muss. Und dies ist unser wichtigster Aufruf zum Handeln für Cop 28.“

Der Elefant im Raum ist das Erdöl

Nun findet allerdings die Klimakonferenz in den Emiraten statt – also in einem der wichtigsten Erdöl produzierenden Staaten weltweit. Sie sei sich bewusst, dass angesichts dieses Umstands die Diskussion über die Energiewende und über einen Vertrag zur Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe „nicht ganz oben auf der Tagesordnung stehen“ wird, sagt Moma. „Aber wir sind dort, um diese Themen ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen! Die Wahrheit ist, dass wir den Elefanten im Raum, nämlich die fossilen Brennstoffe und das Ende der fossilen Brennstoffe, ansprechen müssen, um die 1,5 Grad einzuhalten!“

Zum Nachhören: Radio-Vatikan-Interview mit einer katholischen Aktivistin auf dem UN-Klimagipfel von Dubai

Das hört sich jetzt alles sehr nach Greta Thunberg an – es klingt, sagen wir mal, nicht spezifisch religiös. Aber Lindlyn Moma ist fest davon überzeugt, dass das Thema Klimawandel die Glaubensgemeinschaften etwas angeht – und dass sie in dieser Hinsicht auch etwas beizutragen haben.

„Wir könnten mehr erreichen als jede UN-Organisation...“

„Unsere Stimme rührt an politische Fragen, aber sie rührt auch an das Herz. Sie bringt ein moralisches Bewusstsein für die Klimakrise mit sich, und das scheint mir wirklich wichtig. Der Papst untermauert seinen Appell an die COP28 mit den Argumenten der Wissenschaft; er stützt sich unter anderem auf den Weltklimarat. Aber er macht sich auch zur Stimme der Armen, der Menschen am Rande der Gesellschaft; das sind die Menschen, die nicht schuld sind an der Klimakrise. Und um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, müssen alle Stimmen zu Gehör gebracht werden. Menschen des Glaubens sehen in der Schöpfung ein heiliges Geschenk Gottes. Wenn wir uns zusammentun, können wir mehr tun, als jede UN-Organisation erreichen würde. Also müssen wir uns auch erheben, uns Gehör verschaffen und auf einen gerechten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen drängen.“

Die Lücke im Pariser Abkommen

Moma liegt sehr am Herzen, dass der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen „gerecht“ abläuft. Dazu brauche es eine enge Zusammenarbeit zwischen den Industriestaaten und dem globalen Süden: „ein bisschen mehr Zusammenarbeit als das, was derzeit geschieht“. Dass das Pariser Abkommen keinen Hinweis auf fossile Brennstoffe enthielt, hält sie für ein großes Manko, denn diese seien ja die „Hauptverursacher der Klimakrise“. Beredt warnt Moma vor „falschen Lösungen für die Krise“, etwa neuen Techniken zur Kohlenstoff-Speicherung: Solche unausgereiften, „schwachen Lösungen“ solle man besser „ gar nicht ins Spiel bringen“. „Die wichtigste Lösung für die Klimakrise ist die Beendigung aller fossilen Brennstoffe und der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe.“

Ein anderes Bild vom Menschen

Der Gipfel in der Wüste könnte zu einer Art Basar werden, wo über Finanzen gefeilscht und auch Geschäfte gemacht werden. Moma weiß das, hofft aber, dass den Delegierten die Dringlichkeit des Kampfs gegen den Klimawandel bewusst bleibt. Es gehe – das habe Franziskus auch in seinen Schriften zum Thema deutlich gemacht – letztlich um ein anderes Bild von uns selbst, ein anderes Menschenbild.

„Er sagt, dass wir den Menschen anders sehen müssen, nicht als autonom, allmächtig und grenzenlos. Wir müssen uns selbst in einer viel bescheideneren Art und Weise sehen, verbunden mit der Welt um uns herum. Und er ruft die gläubigen Menschen guten Willens dazu auf, dass unsere Beziehung zueinander zur Bewahrung der Schöpfung führt. Der Mensch ist Teil dieser göttlichen Schöpfung; er sollte ein Loblied auf unser gemeinsames Haus singen. Eigentlich ist es das, was wir beim COP28 einbringen wollen, neben all den Debatten und den technischen Dingen: ein Liebeslied auf unser gemeinsames Haus, ein Liebeslied der Fürsorge.“

(vatican news – sk)
 

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04. Dezember 2023, 11:14