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Eine UNRWA-Schule in Gaza nimmt Flüchtlinge auf (Bild vom 8.10.2023) Eine UNRWA-Schule in Gaza nimmt Flüchtlinge auf (Bild vom 8.10.2023)   (ANSA)

UNRWA zur Gaza: Lage in UN-Einrichtung unklar

Das UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge, UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) ist in großer Sorge angesichts der Lage in Gaza. Antonino Brusà ist Personalverantwortlicher der UNRWA. Er befindet sich in Jordanien und berichtet im Interview mit Radio Vatikan, dass aktuell unklar sei, wie es um die UNRWA-Einrichtungen und Mitarbeiter in Gaza steht.

Linda Bordoni und Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

„UNRWA ist die UN-Organisation, die palästinische Flüchtlinge im Nahen Osten schützt. Wir sind seit 1949 im Nahen Osten aktiv. Das UNRWA Hauptquartier befindet sich in Amman (Jordanien) und Teile auch in Gaza, zum Beispiel Teile der Personalverwaltung. Aktuell wissen wir nicht, was genau mit unserem Standort dort passiert ist - wir wissen aber, dass er von Bomben getroffen wurde und jetzt zerstört sein könnte. Unsere historischen Archive sind, das ist sicher, vor zwei Tagen in Flammen aufgegangen. Unsere Leute sind in den Süden geflohen, wie eine Million oder noch mehr Leute. Wir wissen, dass einige von ihnen sicher sind, denn sie können uns sms schicken. Aber wir haben keinen regelmäßigen Kontakt. Es gibt kaum Wasser und Strom, kein Benzin. Handys können kaum geladen werden und es ist gefährlich, raus zu gehen, während gebombt wird."

„Es gibt kaum Wasser und Strom, kein Benzin. Handys können kaum geladen werden und es ist gefährlich, raus zu gehen, während gebombt wird“

Mehr als die Hälfte der ganzen Bevölkerung von Gaza seien intern Vertriebene. Zwölf internationale Mitarbeiter sind laut Antonino Brusà noch in Gaza aktiv und versuchen in UNRWA-Einrichtungen im Süden Flüchtlingen zu helfen. Doch es sei alles überfüllt. Es gebe kein Benzin, kein Essen, keine medizinische Versorgung. Aber besonders Wassermangel sei ein großes Problem:

„Sie haben im Moment einen Liter Wasser pro Person am Tag. Da haben sie Glück. Viele Flüchtlinge dort haben das nicht. Wir haben heute früh eine sms von unserer Mitarbeiterin bekommen, dass sie kein Trinkwasser findet. Die Info in den Nachrichten, dass die Wasserversorgung im Süden wieder hergestellt sei, ist nur teilweise richtig. Das Wasser kommt nicht bei allen an. Es gibt mehr als eine Million Menschen, die im Süden sind, es ist überfüllt. Es gibt kein Essen, kein Benzin aber vor allem kein Wasser, und Wasser ist die wichtigste Ressource." 

Hier im Audio

Krankenhäuser evakuieren - wie soll das gehen?

In der gesamten UNRWA-Geschichte sei es das erste Mal, dass Gebäude mit UN-Flagge von Bomben getroffen wurden und Leute von dort evakuiert werden mussten, berichtet Brusà. Sogar Krankenhäuser müssten geräumt werden, sagt er: „Wir finden sehr verstörend, dass sogar Krankenhäuser zur Evakuierung aufgerufen wurden. Das kommt einem Todesurteil gleich. Wir wissen alle, dass Kranke nicht transportfähig sind. Dort sind hochschwangere Frauen, dort sind schwer Verletzte. Einige Ärzte sagen uns: ,Wir gehen nicht, wir werden mit unseren Patienten sterben.` Diel Lage ist sehr dramatisch."

„Wir gehen nicht, wir werden mit unseren Patienten sterben. Die Lage ist sehr dramatisch“

Auch eine UNRWA-Mitarbeiterin habe gesagt, dass sie die Gegend nicht verlassen werde. Sie wolle bei ihren alten Eltern und bei den Kindern bleiben. Viele Menschen zögen es vor, vor Ort in Gaza „in Würde zu sterben", statt zu fliehen. Mindestens 14 UNRWA Mitarbeiter seien schon gestorben, die Zahl liege wahrscheinlich noch höher. Viele UNRWA Eirichtungen, darunter Schulen und Gesundheitszentren, seien von Bomben getroffen worden. UNRWA sei eigentlich nicht mehr in der Lage, den Menschen zu helfen. Es sei auch unklar, was passiert sei, nachdem die Evakuierungszeit abgelaufen sei.

Grenze zu Ägypten für humanitäre Hilfe öffnen

Antonino Brusà vom UNRWA apelliert im Interview mit Radio Vatikan dringend, den Grenzübergang zu Ägypten für humanitäre Hilfe offen zu halten - und Krankenhäuser von Angriffen zu verschonen: 

„Krankenhäuser müssen respektiert werden. Auch im Krieg gibt es Regeln. Humanitäres Recht gilt auch im Krieg. Krankenhäuser müssen geschützt werden. Wie gesagt, Kranke können nicht laufen. Unsere Botschaft ist: Bitte, beendet das so schnell wie möglich. Verlängert das Leiden nicht. Unser Appell als Vereinte Nationen ist: das humanitäre Völkerrecht einhalten und die Zivilisten schützen und respektieren. Menschlich bleiben, auch in dieser Lage".

„Unser Appell als Vereinte Nationen ist: das humanitäre Völkerrecht einhalten und die Zivilisten schützen und respektieren. Menschlich bleiben, auch in dieser Lage“

(vatican news - sst)

  

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16. Oktober 2023, 13:17