Suche

Mongolei: „Auch Abraham war Nomade“

Wenn Franziskus diese Woche als erster Papst in die Mongolei fliegt, besucht er eine der kleinsten katholischen Kirchen weltweit – unter insgesamt 3,3 Millionen Einwohnern des Landes sind nur knapp 1.500 Katholiken. Aktiv ist die katholische Ortskirche vor allem im Bereich Bildung, Armenfürsorge und Umweltschutz.

Anne Preckel und Alessandro De Carolis - Vatikanstadt

Diözesen und eine Bischofskonferenz gibt es in der Mongolei nicht, dafür aber einen Kardinal: Der Italiener Giorgio Marengo leitet die Apostolische Präfektur Ulan Bator. Von der mongolischen Hauptstadt aus kümmert er sich um mehrere Pfarreien im ganzen Land. Die Ortskirche sei klein, aber „dynamisch“, betont Marengo im Interview der Agentur Fides.

„Die Apostolische Präfektur betreut neun Pfarren im ganzen Land, die von den staatlichen Autoritäten offiziell anerkannt sind und in denen Missionare und Missionarinnen aus der ganzen Welt arbeiten. Es gibt eine große Zahl kirchlicher Aktivitäten und Projekte, bei denen es um Bildung, den Schutz der Schöpfung oder Armenfürsorge geht. Jenseits der Religionszugehörigkeit empfangen Menschen dort etwas von der Kirche.“

Lokale Berufungen fördern

Religionsfreiheit ist in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben; Diskriminierung aufgrund von Religion ist verboten, Staat und Kirche sind getrennt. Die Gemeinschaft der christlichen Missionare umfasst heute 25 internationale Priester sowie mehr als 30 Ordensschwestern aus zwölf Ordensgemeinschaften. Zusätzlich gibt es zwei einheimische Priester, der erste von ihnen wurde 2016 geweiht. Ein großes Anliegen der Kirche sei es, neue lokale Berufungen zu fördern, betont Kardinal Marengo:

„Denn nur durch diese Verwurzelung können wir hoffen, dass die Kirche weiter fruchtbar bleibt. Wir bemühen uns ernsthaft darum, den Glauben ständig zu vertiefen, und den Menschen zu ermöglichen, ihren Glauben in den verschiedenen kulturellen Bereichen auszudrücken, die typisch für dieses Land sind. Das ist ein langsamer Prozess, der viel Geduld, Gebet und Dialog erfordert“, umschreibt der Apostolische Administrator den Prozess der Glaubens-Inkulturation.

Brücken bauen

Tserenkhand Sanjaajavm ist einer der zwei einheimischen Priester und stellvertretender Pfarrer der Kathedrale von Ulan Bator. Der mongolische Geistliche aus der Gemeinde Ulzii in der zentralen Mongolei will Brücken zwischen lokalen Traditionen und christlichem Glauben bauen und stärken. Er selbst kam durch Mutter-Teresa-Schwestern zur Kirche und wurde 2003 getauft. Sanjaajavm will seinen Landsleuten Gott in gewisser Weise auch wieder ins Gedächtnis rufen, wie er im Interview mit Fides sagt:

„Die Mongolei ist ein Land der nomadischen Kultur – und auch unser Glaubensvater Abraham war Nomade. Der Glaube ist uns also nicht fremd. Um den Glauben und die Lehre der Kirche in dieser Region verbreiten zu können, ist das Studium meiner Traditionen und Kultur nützlich. So werden die Menschen erkennen, dass es Gott in der Vergangenheit gab und dass er auch jetzt unter uns anwesend ist“, formuliert der einheimische Geistliche. Er wolle versuchen, „unsere Kultur mit dem Glauben unserer Kirche zu verbinden“.

Christliche Stämme zur Zeit der Yuan-Dynastie

Zahlenmäßig mögen Christen in der Mongolei heute wenige sein – sie machen insgesamt nur zwei Prozent in der überwiegend buddhistischen Bevölkerungsmehrheit (knapp 60 Prozent) aus. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auf dem Gebiet der heutigen Mongolei in der Vergangenheit ein blühendes kirchliches Leben gab. Erste Spuren christlichen Lebens reichen in die Zeit vor Mitte des 7. Jahrhunderts zurück. Nach einem Dämpfer der christlichen Expansion im 9. Jahrhundert durch den damaligen chinesischen Kaiser erlebte das Christentum zur Zeit der toleranteren Mongolenherrschaft im 12. und 13. Jahrhundert ein Comeback. Zu dieser Zeit gab es mongolische Stämme, die komplett oder teilweise christlich waren. Dabei fügten die Mongolen der christlichen Religion Elemente eigener Tradition und Lebensweise hinzu: so wurde statt Messwein etwa Stutenmilch verwendet, und das Gebet fand nicht in Kirchen, sondern in Nomaden-Zelten statt.

Papst weiht katholisches Sozialzentrum ein

Mit seinem Mongolei-Besuch, der diese Woche startet, will Papst Franziskus vor allem die Ortskirche in dem Land stärken. In Ulan Bator weiht er am kommenden Montag ein katholisches Sozialzentrum ein, das so genannte „Haus der Barmherzigkeit“. Der Ort sei eine Art Symbol der pastoralen Arbeit der katholischen Kirche in der Mongolei, erläutert Kardinal Marengo:

„Das Haus der Barmherzigkeit ist Ausdruck aller Aktivitäten der Ortskirche im Bereich der Barmherzigkeit. Die Ordensgemeinschaften sind in diesem Feld bereits sehr engagiert, und das Haus der Barmherzigkeit will wirklich gemeinsamer Ausdruck dafür sein. Es geht um Hilfe für die Bedürftigsten - die Stelle soll eine Art ,Hafen' für diejenigen sein, die aus verschiedenen Gründen im Leben Schwierigkeiten haben.“

Hintergrund

Eingerichtet wurde die Apostolische Präfektur in der Mongolei 2002 von Papst Johannes Paul II.; diplomatische Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl bestehen seit 1992. Mit der Demokratisierung des Landes Anfang der 1990er Jahre kamen in jüngerer Zeit wieder christliche Missionare in das Land. 

Mit Audio-/Videomaterial von Teresa Tseng Kuang von Fides.

(vatican news – pr)

 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

29. August 2023, 15:07