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Stepanakert während der Kämpfe vom Oktober 2020 - Archivbild Stepanakert während der Kämpfe vom Oktober 2020 - Archivbild  (AFP or licensors)

Berg-Karabach: Eingeschlossene leiden Hunger

In Berg-Karabach, das seit rund acht Monaten von Aserbaidschan hermetisch abgeriegelt wird, sterben die ersten Menschen an Hunger. Das wurde im Rahmen einer Online-Pressekonfernez des „Außenministers“ von Berg-Karabach, Sergey Ghazaryan, am Donnerstagnachmittag deutlich.

Der Politiker klagte Aserbaidschan einmal mehr an, einen Genozid an der Bevölkerung von Berg-Karabach verüben zu wollen. Die internationale Gemeinschaft sei verpflichtet, dies nicht zuzulassen, so Ghazaryan. Lokale Medien berichteten dieser Tage auch von ersten Hungertoten. So soll etwa ein 40 Jahre alter Einwohner von Stepanakert, der Hauptstadt von Berg-Karabach, an chronischer Unterernährung gestorben sein.

2020 hatte Aserbaidschan mit überlegenen Waffen aus der Türkei namhafte Teile der zwischen Armenien und Aserbaidschan umstrittenen Region Berg-Karabach erobert. Seit Dezember 2022 blockiert Aserbaidschan diese einzige Straßenverbindung (Latschin-Korridor) zwischen Armenien und Berg-Karabach, seit Mitte Juni 2023 wurden überhaupt keine Hilfslieferungen mehr durchgelassen.

Kaum noch Strom oder Wasser

In Berg-Karabach harren noch rund 120.000 Menschen aus, darunter rund 30.000 Kinder. Lebensmittel, Medikamente, Treibstoff und weitere humanitäre Güter sind so gut wie aufgebraucht. Es gibt kaum noch Strom. Seit Monaten schon ist die Strom- und Gasversorgung aus Armenien unterbrochen. Auch die Wasserversorgung und die Telekommunikationsinfrastruktur funktionieren kaum noch.

Einige Details, die bei der Pressekonferenz bekannt gegeben wurden: 95 Prozent der Bevölkerung sind bereits unterernährt. Aufgrund der schwindenden Verfügbarkeit von Treibstoff und anderen lebenswichtigen Ressourcen sind fast alle landwirtschaftlichen Arbeiten eingestellt worden, nur ein Teil der Weizenernte wird unter großen Schwierigkeiten durchgeführt; alle anderen Wirtschaftszweige sind vollständig zum Erliegen gekommen. Aufgrund des akuten Treibstoffmangels wurde der öffentliche Verkehr am 25. Juli eingestellt.

Medikamente gehen aus

Die medizinische Versorgung droht vollends zu kollabieren. Der zunehmende Mangel an Medikamenten, medizinischem Verbrauchsmaterial und Hygieneartikeln sowie das Verbot, Patienten nach Armenien zu transportieren, führt u.a. dazu, dass die Sterblichkeitsrate bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Vergleich zum Juli letzten Jahres um das 2,6-fache und bei Krebs um 16 Prozent gestiegen ist.

An der Pressekonferenz nahm auch der Menschenrechtsexperte und frühere Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs Luis Moreno Ocampo teil. Er zeigte sich überzeugt, dass das Vorgehen Aserbaidschans gegen die Bevölkerung Berg-Karabachs Völkermord sei. Vor wenigen Tagen hatte er einen entsprechenden Bericht veröffentlicht und den UN-Sicherheitsrat aufgerufen, endlich zu handeln. Ocampo appellierte bei der Pressekonferenz an die USA und Russland, gemeinsam zu agieren und den Völkermord an den Armeniern in Berg-Karabach zu verhindern. Die Menschen in Berg-Karabach dürften kein Kollateralschaden des Ukraine-Kriegs sein, mahnte Ocampo.

(kap – sk)

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18. August 2023, 14:43