Suche

Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk (rechts) und der polnische Bischofskonferenz-Vorsitzende Stanisław Gądecki (links) bei einem gemeinsamen Gedenken an die Opfer der Wolhynien-Massaker vor 80 Jahren Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk (rechts) und der polnische Bischofskonferenz-Vorsitzende Stanisław Gądecki (links) bei einem gemeinsamen Gedenken an die Opfer der Wolhynien-Massaker vor 80 Jahren   (ANSA)

Schewtschuk: „Alte und neue Wunden heilen“

Zur Heilung „alter und neuer Wunden“ hat das Oberhaupt der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine aufgerufen. Dabei bezog sich Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk auf die polnisch-ukrainische Aussöhnung und auf den Krieg in seinem Heimatland.

Er ging in seiner Videobotschaft vom Sonntag auf das durch den russischen Angriffskrieg verursachte Leid der ukrainischen Bevölkerung ein. „Die gegenwärtige Zeit ist eine Zeit besonderer geistlicher Leistungen für die Ukraine“, betonte Schewtschuk mit Blick auf die Suche der Ukrainer nach Trost im Gebet. In zahlreichen Kirchen des Landes werde ununterbrochen gebetet, so Schewtschuk. Er erinnerte insbesondere an die Opfer des jüngsten russischen Beschusses von Lemberg, bei dem zehn Menschen getötet wurden.

Wolhynien-Massaker vor 80 Jahren

Das Oberhaupt der örtlichen griechisch-katholischen Katholiken ging in seiner Botschaft zudem ausführlich auf die sogenannten Wolhynien-Massaker vor 80 Jahren ein. Bei den Übergriffen hatten ukrainische Nationalisten in der polnischen Region Wolhynien unzählige Polen getötet und polnische Nationalisten ukrainische Zivilisten.

„Versöhnung kann nur auf Wahrheit und Gerechtigkeit aufbauen“

Die katholischen Ortskirchen bemühen sich heute um Aussöhnung. „Versöhnung kann nur auf Wahrheit und Gerechtigkeit aufbauen“, heißt es in einer gemeinsamen Botschaft, die Großerzbischof Schewtschuk und der Vorsitzende der polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, jüngst gemeinsam veröffentlichten. An einem Trauergottesdienst zum 80. Jahrestag der Massaker in Luzk nahmen vor wenigen Tagen auch die Präsidenten beider Länder, Andrzej Duda und Wolodimir Selenski, teil, was ein neues Kapitel im Aussöhnungsprozess markieren dürfte.

In seiner Videobotschaft erinnerte Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk daran, dass diese alten Wunden im polnisch-ukrainischen Verhältnis noch nicht verheilt seien und würdigte die beiderseitigen Bemühungen um Heilung.

„Die Umstände der brutalen Konfrontation zwischen Polen und Ukrainern in diesem Teil des ukrainischen Landes schmerzen noch immer sowohl die verwundeten polnischen Familien als auch die Ukrainer. Sowohl in Warschau als auch im wolhynischen Luzk erlebten wir einen besonderen Moment des gemeinsamen Gebets für Einheit und Versöhnung. Gemeinsam bitten wir Gott, die Wunden der Vergangenheit zu heilen, die sowohl Ukrainer als auch Polen verletzt haben.“

Wunden schmerzen über Generationen hinweg

Die polnische Region Wolhynien war 1943 von deutschen Truppen besetzt; heute gehört sie größtenteils zur Ukraine. Die ukrainische Partisanenarmee beanspruchte die besetzte Region damals für einen künftigen ukrainischen Staat. Einheiten der Partisanen überfielen im Juli 1943 etwa hundert Dörfer in der Region; insgesamt sollen zwischen 1939 und 1947 an die 130.000 Polen getötet worden sein. Umgekehrt sollen polnische Nationalisten bis zu 20.000 ukrainische Zivilisten ermordet haben.

„Heute sehen wir, wie der Krieg tiefe Wunden in den Seelen und Gewissen ganzer Völker über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte hinweg hinterlässt.“

Schewtschuk rief dazu auf, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Die Wunden des Krieges schmerzten über Generationen hinweg, das werde auch beim Ukraine-Krieg zu sehen sein, so der Großerzbischof über die Gewalt auf dem Boden seines Heimatlandes.

„Heute sehen wir, wie der Krieg tiefe Wunden in den Seelen und Gewissen ganzer Völker über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte hinweg hinterlässt. Wir sehen, dass Versöhnung nicht nur bedeutet, eine bestimmte Erklärung oder einen Vergleich zu unterzeichnen, denn es geht nicht um die Versöhnung von Gedanken oder Ideen, sondern um die Versöhnung der Herzen und die Heilung von Wunden. Wir bitten Gott, dass gegenseitige Vergebung, gegeben und empfangen, die Wunden der Vergangenheit in den Beziehungen zwischen der Ukraine und Polen heilen möge. Und die neuen Wunden, die durch den gegenwärtigen brutalen Krieg verursacht wurden, werden gemeinsam durch die Kraft der Gnade des Heiligen Geistes geheilt werden, vielleicht noch lange nach dem Ende des Krieges.“

Hier zum Hören

(vatican news – pr)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

11. Juli 2023, 10:48