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Am Mittwoch startet das große Treffen in Karlsruhe Am Mittwoch startet das große Treffen in Karlsruhe 

Ökumene als Chance auch für den Frieden in der Ukraine

An diesem Mittwoch beginnt in Karlsruhe die größte ökumenische Versammlung der Welt, die Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen. Andrzej Choromanski ist seitens der vatikanischen Dikasteriums für die Einheit der Christen für multilaterale Beziehungen zuständig. Er äußert sich im Gespräch mit uns über die Rolle der katholischen Kirche, die Ukraine und die Differenzen zwischen den Kirchen.

Christian Schwaiger - Vatikanstadt

Für Choromanski ist die Versammlung etwas Besonderes, betont er im Gespräch mit Radio Vatikan: „Es ist ein wichtiges Treffen, für alle Kirchen, und auch für die katholische Kirche. Die Versammlung des Rates ist eine der größten Veranstaltungen überhaupt. Diese Vollversammlungen finden alle sieben bis acht Jahre statt und das ist eine spezielle Zeit im Leben der ökumenischen Kirchen, aber auch im Leben von allen teilnehmenden Kirchen. Dabei kommen mehrere Tausend Teilnehmer aller Kirchen zusammen.“

Zwar sei die Katholische Kirche nicht Mitglied im Rat der ökumenischen Kirchen, jedoch hätte das Treffen auch für diese eine große Bedeutung.

„Es gibt eine offizielle Delegation mit 20 Beobachtern unter der Leitung von Kardinal Koch", betont Choromanski. Kardinal Koch ist als Präfekt des Dikasteriums für die Einheit der Christen im Vatikan für die Ökumene zuständig. Aus Deutschland werden mehrere Bischöfe als Teil der Delegation erwartet, etwa Stephan Burger, Erzbischof von Freiburg und Ortsbischof in Karlsruhe, Gerhard Feige, der für Ökumenefragen verantwortliche Bischof in Deutschland, und außerdem Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.

Selbst aus der Politik ist das Interesse groß, so wird am Mittwoch der Bundespräsident Steinmeier für eine Rede zur Eröffnung der Versammlung in Karlsruhe erwartet. 

„Es ist gut einen Ort zu schaffen für die, die nicht in Übereinstimmung untereinander sind. Vertreter, höhere Vertreter, beider, ukrainischer und russischer Kirchen versammelt zu haben, die zusammen beten und zusammen für den Frieden beten“

Papst Franziskus selbst hat einen Brief an die Versammlung geschrieben, der durch Kardinal Koch verlesen werden soll - und ist laut Choromanski sehr interessiert an den Ergebnissen. Er selbst hoffe, „dass die Versammlung tiefe und starke Verbindungen der Gemeinschaft zwischen allen Teilnehmern und den Kirchen entstehen lässt.“ Außerdem sei das Treffen ein „Zeichen der vereinten Verschiedenheit welches wir als Christen untereinander haben.“ Dies sei nicht nur für die Kirchen ein Zeichen, sondern auch für die Welt.

Andrzej Choromanski
Andrzej Choromanski

Themen der Versammlung

Bedeutsame Themen seien unter anderem, wie wir als Christen mit der Welt umgehen und als Gesellschaft leben, aber auch Themen wie Friede und Waffen oder der Umgang mit Krisen etwa beim Klimawandel oder in der Coronapandemie. Auch die Zukunft des Planeten und der Menschen soll in den Blick genommen werden. Ein wichtiges Zeichen soll die Verbundenheit der ganzen christlichen Welt, trotz aller Differenzen, auf dieser Versammlung sein.

Ukraine und Russland

Eines der wichtigsten Themen wird jedoch sicherlich der Krieg in der Ukraine darstellen. Der Ökumenische Rat der Kirchen hatte sehr früh den Krieg in der Ukraine als russischen Angriffskrieg auf ein unabhängiges Land verurteilt. Auch war erst vor kurzem eine Delegation des Rates in der Ukraine und drückte vor Ort die Solidarität mit der Ukraine aus.

Trotz dieser deutlichen Verurteilung hatte der Rat im Juni in Genf entschieden, die russisch-orthodoxe Kirche nicht von der Vollversammlung auszuladen, wie teils gefordert wurde. Dies hatte zu größeren Diskussionen geführt.

Choromanski betont, dass er, nicht sagen könne, ob er das für eine gute oder schlechte Entscheidung halte: „Da wir als katholische Kirche kein offizielles Mitglied sind, können wir nicht mitentscheiden.“ Es sei für ihn aber ein neuer Aspekt und nur logisch, dass der Rat „einen Ort schafft für die, die nicht in Übereinstimmung untereinander sind und aus dieser Perspektive ist das eine neue Sache, Vertreter - höhere Vertreter - der ukrainischen und russischen Kirchen versammelt zu haben, die zusammen beten und zusammen für den Frieden beten,“ so Choromanski.

Unterschiede und Streitpunkte

Dass Ökumene zwar auf einem Weg vorwärtsgehen wolle, um Einheit zu schaffen, sei klar, dennoch gebe es viele Unterschiede. So hätte es seit Beginn der Ökumenischen Bewegung große Differenzen etwa beim Glaubensverständnis, bei der Rechtfertigungslehre oder bei den Sakramenten und der Verehrung der Heiligen gegeben, dennoch habe es auch „Veränderungen in den Kirchen und manchmal auch Vereinbarungen in diesen Dogmatischen Aussagen gegeben“.

So kommt es immer wieder zu Erklärungen zwischen einzelnen Kirchen, etwa der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die die Verurteilungen der Reformationszeit verwirft und mittlerweile von den fünf großen kirchlichen Richtungen unterschrieben ist.

„wir als Christen fühlen uns vereint, auf der Grundlage des Glaubens und der Taufe, was uns verbindet ist tiefer und stärker, als das, was uns trennt“

Dennoch gibt es noch zahlreiche Baustellen in der Ökumene, so ist - wie Kardinal Koch jüngst wieder erklärte - das Modell der Einheit noch umstritten, also wie diese aussehen könnte und was Einheit zwischen den Kirchen bedeutet. Auch neue Entwicklungen in der Welt, wie der Klimawandel oder die Frage nach einer gerechten Weltordnung, spalten die Kirchen.

Auch Choromanski sieht viele Differenzen vor allem auf der moralischen und ethischen Ebene: „So werden Aspekte wie die Frage nach dem Lebensanfang und dem natürlichen Tod, oder die Fragen, die mit der menschlichen Sexualität verbunden sind, Punkte der Trennung und Spaltung im Dialog.“ Auch „die Entscheidung mancher Kirchen, Frauen zu den Weiheämtern zuzulassen, sind Aspekte, welche die Kirchen spalten.“ So sei das Wichtigste, gemeinsam darüber im Dialog zu bleiben und auf die Bibel und Jesus zu hören, betonte Choromanski.

Fest der Freude

Für Choromanski ist dabei vor allem das gemeinsame Feiern der Freude wichtig. Denn „wir als Christen fühlen uns vereint, auf der Grundlage des Glaubens und der Taufe, was uns verbindet ist tiefer und stärker, als das, was uns trennt,“ so Choromanski, für den die Versammlung „zuallererst eine Feier der Verschiedenheit“ darstellt.

Hintergrund

Die Vollversammlung des Weltrates der Kirchen findet auf Einladung der Evangelischen Kirche in Baden zum ersten Mal auf deutschem Boden, statt. Über 350 Kirchen aller Konfessionen nehmen daran teil. So werden Protestantische Kirchen aller Ausrichtungen, aber auch Anglikaner, Orthodoxe und Freikirchen vertreten sein. Für Choromanski ist die Teilnahme der katholischen Kirche „aktiv und wichtig.“

(vatican news)

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30. August 2022, 12:57