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Messe mit Kardinal Brenes Messe mit Kardinal Brenes 

Nicaragua: Komplexe Gemengelage

Zum Gebet für den unter Hausarrest stehenden Bischof Rolando Álvarez hat von Miami aus der Weihbischof von Managua, Silvio José Silvio José Báez, aufgerufen. Álvarez war am Freitag in seinem Sitz in Matagalpa in Nicaragua von der Polizei festgenommen worden. Ines Klissenbauer von Adveniat ordnet die Lage in dem Land ein.

„Ich möchte den Nicaraguanern sagen, dass sie die Hoffnung nicht verlieren sollen; vertrauen wir auf den Herrn und beten wir für Bischof Rolando Álvarez und die Priester von Matagalpa und die anderen, die zusammen mit anderen Laien inhaftiert sind, sowie für alle politischen Gefangenen“, zitierte Ucanews den im Exil lebenden Weihbischof Silvio José Báez. Er äußerte sich in einer Predigt am 21. August.

Kardinal Leopoldo Brenes aus Managua hatte Bischof Álvarez am 19. August besucht und den Bischof als „körperlich geschwächt, aber geistig stark“ beschrieben, wie die nicaraguanische Bischofskonferenz mit Zurückhaltung zu dem Vorfall bekanntgab. Papst Franziskus hatte am Sonntag während seiner Angelus-Ansprache für Frieden in Nicaragua gebetet und zu Dialog aufgerufen.

Im Interview des Kölner Domradio ordnet die Mittelamerika-Expertin Ines Klissenbauer vom Hilfswerk Adveniat die Lage in Nicaragua ein.

Wie ist denn die Situation im Augenblick? Ist der Bischof immer noch in Haft und was droht ihm da?

Der Bischof ist sozusagen in Haft. Er steht unter Hausarrest in Managua. Die mitinhaftierte Kurie sitzt im Gefängnis.

Warum geht Präsident Ortega so hart gegen die Kirche vor?

Die Kirche ist im Moment die einzige Stimme im Land, die noch offen die Regierung kritisiert und sie dazu aufruft, dass sie wieder zur Rechtsstaatlichkeit zurückkehrt, die Menschenrechte wahrt und die politischen Gefangenen freilässt. Die Kirche ist die Stimme, die immer wieder gegen die Regierung mahnt und zu einem anderen Weg aufruft.

Das gefällt der Regierung offenbar nicht. Wie reagieren denn die Katholikinnen und Katholiken im Land? Lassen die sich dadurch einschüchtern?

Man muss Nicaragua sehr gut kennen und auch die Geschichte, um zu verstehen, was in diesem Land passiert. Das ist sehr komplex. Die sandinistische Revolution stürzte 1979 den Diktator Somoza, der aus dem Land floh, und übernahm in einer Junta die Regierung. Nach einer Verfassungsreform wurde Ortega 1984 demokratisch zum Präsidenten gewählt. Die USA finanzierten den Contra-Krieg ehemaliger Somoza-Anhänger gegen die sandinistische Regierung, der 1989 beendet wurde. 1990 unterlag Ortega der konservativen Präsidentschaftskandidatin Violetta Chamorro. 2006 gewann er erneut die Präsidentschaftswahl und ist seitdem an der Macht.

„Es gibt immer noch die Hoffnung, auch wenn die an viele Bedingungen geknüpft ist, die die Regierung nicht eingehen möchte, dass es wieder zu Gesprächen kommt“

Das Land hat sehr viel Bürgerkriegserfahrung. Die Menschen interessieren sich sehr für Politik. Man kann sagen, es ist ein politisch sehr gespaltenes Land. Es gibt unterden Katholiken Menschen, die bis heute Ortega-Anhänger sind. Es gibt viele Menschen, die sich mit der sandinistischen Revolution bis heute identifizieren, auch mit der Ortega-Regierung, die leider zu einer Diktatur geworden ist. Es gibt viele Menschen, auch Katholiken, die kritisch sind. Es gibt auch viele, die große Anhänger und Befürworter von Bischof Rolando Álvarez sind. Von daher ist das Land sehr gespalten.

Wie gefährlich kann das denn für Ortega werden? Wie mächtig ist die Kirche in Nicaragua?

Diktator Ortega geht mit harten Repressionen gegen alle vor, die seine Regierung kritisieren. Der Ortega-Clan hat einen absoluten Allmachtsanspruch. Jeder, der seine Politik, ihn oder seine Familie kritisiert, wird mundtot gemacht. Die Kirche kann mit Prozessionen immer noch viel mehr Menschen auf die Straße bringen, hat viele Anhänger und wird ihm gefährlich. Deshalb ist sie Ortega ein Dorn im Auge, und er versucht alles zu machen, um kritische Stimmen verstummen zu lassen.

Sehen Sie einen Ausweg?

Es sind über 100.000 Nicaraguaner geflohen, die unter äußerst großen Schwierigkeiten versuchen, in anderen Ländern unterzukommen. Es ist eine so schreckliche Situation für das Land. Alle Kanäle, die es gibt, würden, so hört man, genutzt werden, um mit der Regierung wieder in Gespräche zu kommen und irgendeine andere Lösung zu finden, als einen drohenden Bürgerkrieg, weiteres Blutvergießen oder Repressionen in Kauf nehmen zu müssen.

(domradio/ucanews - schw/pr)
 

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24. August 2022, 16:19