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Papst Franziskus mit Bischof Hinder in Abu Dhabi 2019 Papst Franziskus mit Bischof Hinder in Abu Dhabi 2019 

Hinder über Jemen: „30 Millionen Menschen leiden an Notlage“

In einem ausführlichen Interview mit Radio Vatikan hat der bisherige Arabien-Bischof Paul Hinder davor gewarnt, dass der Krieg in der Ukraine die schwere humanitäre Krise und den Hunger im Jemen verschärfen könnte. Am Wochenende hatte Papst Franziskus den Rücktritt des 80jährigen Schweizer Kapuziners angenommen. Hinder war Apostolischer Vikar von Südarabien.

Mario Galgano und Deborah Castellano Lubov - Vatikanstadt

Bischof Paul Hinder warnt im Gespräch mit uns davor, von Waffenproduktion zu profitieren und erinnert daran, dass ein „andauernder Krieg in der Ukraine die gesamte Produktion“ weltweit gefährden kann. Der Schweizer Bischof war mehr als ein Jahrzehnt lang als Apostolischer Vikar für Südarabien tätig.  Er sagt, dass die humanitäre Notlage im Jemen 30 Millionen Menschen leiden lässt. Der Kapuziner, der in den vergangenen Monaten auch Apostolischer Administrator von Nordarabien war, ist überzeugt, dass Profit aus der Waffenproduktion das Feuer weiter anfacht. Außerdem beklagt er, dass der Krieg im Jemen oft in Vergessenheit gerät, weil andere Konflikte den Herzen vieler Menschen und auch den Medien näher seien:

„Theologisch gesehen müssen wir auch den Teufel in Betracht ziehen, der als Unruhestifter immer dabei ist.“

„Ich denke, das hat zum Teil mit der Häufung von Informationen im weiteren Sinne zu tun. Manche Menschen sind es einfach leid, immer die gleichen Nachrichten zu hören. Auf internationaler Ebene wurde der Jemen im UN-Sicherheitsrat und in der UN-Generalversammlung diskutiert, aber es ist relativ wenig passiert. Selbst die UN-Sondermission hat ihr Bestes getan, aber am Ende gab es kaum ein Ergebnis. Wer letztendlich verantwortlich ist, ist sehr schwer zu sagen. Natürlich gibt es verschiedene Parteien, die in den Konflikt verwickelt sind: Da ist Saudi-Arabien mit seinen Verbündeten. Dann gibt es den Iran im Hintergrund. Es gibt interne Parteien, Stammesfragen, politische Interessen und wirtschaftliche Interessen. Theologisch gesehen müssen wir auch den Teufel in Betracht ziehen, der als Unruhestifter immer dabei ist - natürlich ohne die Verantwortung der beteiligten Menschen zu leugnen. Gleichzeitig bringt mich diese Realität dazu, weiter über die Bedeutung der Macht des Gebets nachzudenken, denn wie Jesus uns in den Evangelien sagte, gibt es einige Dämonen, die ohne Gebet nicht ausgetrieben werden können.“

Hier im Audio

„Niemand weiß genau, wie die Lage im Land wirklich ist"

Der Jemen hat 31,9 Millionen Einwohner. Nach Angaben der UNO benötigen 23,4 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Seit März 2015 soll die Zahl der Binnenvertriebenen im Land bei 4,3 Millionen liegen. Statistiken aus dem April zeigen, dass 17,4 Millionen Menschen, also mehr als die Hälfte der Bevölkerung, von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind und 2,2 Millionen Kinder wahrscheinlich verhungern werden.

„Niemand weiß genau, wie die Lage im Land wirklich ist. Verlässliche Informationen gibt es nur über einige Teile, während die Lage für den größten Teil der Bevölkerung in Bezug auf Gesundheit, Ernährung und die Hunderttausenden, wenn nicht gar Millionen von Binnenflüchtlingen kritisch bleibt", berichtet  Bischof Paul Hinder.

„Ich hoffe, dass der gegenwärtige Waffenstillstand der Beginn ernsthafter Verhandlungen sein wird. Ich habe den Eindruck, dass die Parteien des Krieges ein wenig müde sind und zu der Einsicht gelangt sind, dass der Krieg nicht auf dem Schlachtfeld gewonnen werden kann. Auch die laufenden Verhandlungen lösen nicht sofort die kritischen Fragen der Gesundheitsversorgung und der Ernährung. Es muss auch noch überlegt werden, wie die verschiedenen Fraktionen im Lande miteinander versöhnt werden können. Es gibt auch Gruppen, die jederzeit wieder das Feuer eröffnen könnten.“

Alle Parteien des Jemen-Konflikts hätten sich auf einen zweimonatigen Waffenstillstand geeinigt, berichten die USA. Der Waffenstillstand laufe jedoch in diesen Tagen technisch gesehen aus. Die Welt fragt sich, wie es danach mit dem Jemen weitergehen wird.

Papstreise nach Abu Dhabi

Als verantwortlicher Bischof bei der ersten Reise eines Papstes auf die Arabische Halbinsel und Teilnehmer der historischen Papstmesse in Abu Dhabi, an der fast 180.000 Menschen aller Altersgruppen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und den Nachbarländern teilnahmen, spricht Bischof Hinder auch über die Früchte dieser Reise und über die Folgen des Dokuments von Papst Franziskus über die menschliche Geschwisterlichkeit für den Weltfrieden und das Zusammenleben und die Enzyklika „Fratelli tutti". Es habe viele Fortschritte gegeben, so das Fazit Hinders.

Übrigens: Bischof Paul Hinders Nachfolger ist wieder ein Kapuziner: Papst Franziskus ernannte Bischof Paolo Martinelli, O.F.M.Cap., zum neuen Apostolischen Vikar von Südarabien.

(vatican news)

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02. Mai 2022, 10:38