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Holz mit einer Geschichte, die weiterklingen soll Holz mit einer Geschichte, die weiterklingen soll 

Italien: Konzert-Geigen aus Migrantenkähnen

Wie klingt Flucht und Not? Wie Rettung? Aus dem Holz von Migrantenkähnen lässt die italienische Stiftung „Casa dello Spirito e delle Arti“ Streichinstrumente fertigen, die auf Konzerten auf der ganzen Welt spielen sollen. „Metamorfosi“ ist weit mehr als ein Kunstprojekt.

Alessandro di Bussolo und Anne Preckel - Vatikanstadt

Den Prototyp dieser symbolträchtigen Geigen hatte Papst Franziskus vor wenigen Tagen bei einer Begegnung mit den Initiatoren des Projektes im Vatikan erhalten. An diesem Mittwoch wurde die Initiative im Mailänder Gefängnis „Opera“ offiziell vorgestellt und eine Spendenkampagne lanciert, um das Sozial- und Kunst-Projekt weiter unterstützen zu können.

Metamorphosen

Das Projekt „Metamorfosi“, übersetzt „Metamorphosen“, berührt viele Lebensgeschichten, die von Not, Gefangenschaft, aber auch von Schönheit und Hoffnung erzählen, es sind Geschichten, die weitergehen und verändern sollen.

Ein Kernstück der Initiative ist die Produktion von besonderen Musikinstrumenten: Aus dem Holz der Migrantenkähne entstehen im Mailänder Opera-Gefängnis passgenaue und geschliffene Streichinstrumente. Das Holz erzählt, das Holz klingt weiter, ja es geht weiter auf die Reise: Die Geigen, Bratschen und Celli sollen an berühmte Musiker ausgeliehen werden und auf Konzerten im In- und Ausland zum Einsatz kommen. Mit ihrem Spielen erinnern sie so auch an das Drama der Mittelmeerflüchtlinge, lassen das Leid der Migranten in der Musik mitklingen. 

Zehn Kähne, unzählige Geschichten

Das italienische Innenministerium hat für die Instrumentenproduktion zehn Flüchtlingsboote aus Lampedusa zur Verfügung gestellt, mit denen Flüchtlinge und Migranten in den letzten Monaten nach Italien übersetzten. Die Kähne wurden zur Opera-Haftanstalt transportiert; es sind dort Häftlinge, die in der gefängniseigenen Geigenbau- und Schreinerwerkstatt Boote in Resonanzkörper, sprödes Material in klingendes Holz verwandeln. Sie selbst haben Leid erlebt und Leid verursacht, jetzt schaffen sie etwas Neues, im Dienste der Schönheit, im Dienste des Erinnerns. 

Neben dem Geigen-, Bratschen- und Celli-Bau ist zudem die Gründung eines eigenen „Meer“-Orchesters – „Orchestra del Mare“ – geplant. Auch soll es Sensibilisierungsprojekte in italienischen Schulen geben, informierte die Stiftung „Casa dello Spririto e delle Arti“ weiter. „Es ist eine Geste des Zeugnisses“, erklärte Arnoldo Mosca Mondadori, Vorsitzender der Kunst-Stiftung diesen Prozess. Es gehe um Bewusstseinsbildung und Solidarität, auch ums Zuhören. Das Mittel der Musik sei besonders geeignet, um dieses tiefere Verstehen zu fördern.

Keine politische Instrumentalisierung

„Wir möchten, dass insbesondere junge Menschen etwas über die Tragödie erfahren, die Migranten, die vor Kriegen, Verfolgung, Armut und Hunger fliehen müssen, tagtäglich in vielen Ländern der Welt erleben, und sich ihrer bewusst werden. Es handelt sich um ein Projekt, das durch Kunst und Spiritualität zu uns spricht und das sich jeder politischen Instrumentalisierung eines so heiklen Themas entzieht. Eines Themas, zu dem wir – zunächst einmal – schweigen müssen.“

Die italienische Innenministerin Luciana Lamorgese lobte das Potential von „Metamorfosi“, Institutionen und Zivilgesellschaft „für ein gemeinsames Ziel zu engagieren“ – einerseits die Bewusstseinsbildung für das „komplexe und dramatische Thema der Migration“ und andererseits die Förderung einer Reintegration von Häftlingen in die Gesellschaft.

Aus Holzbooten werden Geigen: Stationen des Projektes Metamorfosi im Video

Ein Netzwerk

Neben dem Mailänder Opera-Gefängnis und dem italienischen Innenministerium hat die Kunst-Stiftung für das „Metamorfosi“-Projekt eng mit einer Abteilung des italienischen Wirtschafts- und Finanzministeriums (Agenzia delle accise, dogane e dei monopoli) kooperiert, die unter anderem mit der Entsorgung von Flüchtlingsbooten und -kähnen betraut ist. Zudem sei man auf der „Suche nach Unternehmen, die uns dabei helfen, dieses Projekt so weit wie möglich auszudehnen und so viele Menschen wie möglich mit seiner starken Botschaft zu erreichen“, so die Organisatoren.

Die Stiftung „Haus des Geistes und der Künste“ (Fondazione Casa dello Spirito e delle Arti) wurde 2006 von Arnoldo Mosca Mondadori und Marisa Baldoni gegründet und stützt sich auf ein Netzwerk von Künstlern und Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft. Zentrale Anliegen sind laut Selbstdarstellung die Stärkung der spirituellen Dimension und Würde eines jeden Menschen durch Kulturarbeit und die fruchtbare Zusammenarbeit von Institutionen und Zivilgesellschaft.

(vatican news - pr)
 

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23. Februar 2022, 15:04