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Der Papst mit Erzbischof de Moulins-Beaufort Der Papst mit Erzbischof de Moulins-Beaufort 

Missbrauchs-Bericht: Frankreichs Bischöfe beim Papst

Eigentlich ist es Routine, dass das Spitzenpersonal der französischen Bischofskonferenz nach einer großen Vollversammlung dem Papst Bericht erstattet. Doch an diesem Montag war nichts wie sonst.

Denn der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Eric de Moulins-Beaufort, und die beiden Vizepräsidenten berieten mit Franziskus über den Missbrauchs-Bericht, den eine unabhängige Kommission am 5. Oktober vorgelegt hat. Und dessen (geschätzte) Opferzahlen vielen Franzosen inner- wie außerhalb der Kirche einen Schock versetzt haben.

Allerdings war der Bericht auch Anlass für eine innerkirchliche Polemik. Darum ging es den französischen Bischöfen im Vatikan um eine Art Rückversicherung für ihren Kurs in Sachen Missbrauchs-Skandale. Nach dem Gespräch mit Franziskus erklärte Erzbischof de Moulins-Beaufort am Montagabend im Gespräch mit Radio Vatikan, er fühle sich gestärkt.

De Moulins-Beaufort im Vatikan vor Journalisten
De Moulins-Beaufort im Vatikan vor Journalisten

„Der Ton war manchmal sehr ernst“

„Wir hatten mit dem Papst ein Treffen von über einer Stunde. Der Ton war manchmal sehr ernst, aber doch brüderlich. Oder väterlich, von Seiten des Papstes. Wir haben ihm erklärt, dass wir unsere Entscheidungen vor allem getroffen haben, nachdem wir Missbrauchs-Opfern zugehört haben. Und dass wir uns in unseren Bistümern darum bemühen, diese Menschen sprechen zu lassen über das, was sie teilweise schon seit Jahrzehnten, aber jedenfalls seit Jahren mit sich herumtragen.“

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330.000 Menschen sollen seit 1950 innerhalb der katholischen Kirche Opfer sexueller Gewalt geworden sein, so der Sauvé-Bericht. Erzbischof de Moulins-Beaufort sagt, die französischen Bischöfe hätten während ihrer Vollversammlung im November in Lourdes eine Art „Bekehrung“ erlebt – oder, wie ein anderer Bischof formulierte, ein „spirituelles Abenteuer“.

„Papst hat exemplarischen Charakter unseres Weges unterstrichen“

Sie hätten sich zum Hören auf die Opfer bekehrt und dazu, auch eine institutionelle Verantwortung zu übernehmen, die über das individuelle Versagen hinausgeht. „Wir wollen auch unsere Kirche von den Banden mit all denen, die sich solcher Taten schuldig machen, befreien, damit sie ihre Sendung ausüben kann!“

Der springende Punkt ist nun, dass sich Franziskus auch angesichts der in Frankreich aufgebrochenen Polemik bei der Audienz hinter die Linie der Bischofskonferenz gestellt hat. „Der Papst hat den exemplarischen Charakter und die Würde unseres Weges unterstrichen.“ Und Franziskus habe die Bischöfe ermutigt, auf diesem Weg weiterzugehen. Der Bericht bleibt also trotz der jüngsten Polemiken die gültige Arbeitsgrundlage.

 Jean-Marc Sauvé
Jean-Marc Sauvé

Franziskus wird Sauvé empfangen

Außerdem wurde am Montag klar, dass Franziskus an seinem Plan festhält, den Hauptautor des Berichts, Jean-Marc Sauvé, zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt im Vatikan zu empfangen. Ansonsten interessierte sich der Papst – der vor kurzem gegenüber Journalisten freimütig geäußert hat, er habe den Bericht (noch) nicht gelesen – bei dem Gespräch vom Montag dafür, wie die Kirche in Frankreich früher mit „Problempriestern“ umgegangen sei.

„Der Papst hat auch seine Ansicht wiederholt, dass man die historischen Fakten und auch, wie man seinerzeit mit ihnen umgegangen ist, mit dem Leseschlüssel der Epoche interpretieren sollte. Wir haben ihm dargelegt, dass sich der Leseschlüssel jetzt geändert hat, weil uns mittlerweile klargeworden ist, was Opfer durchmachen und wie tiefgehend so ein Trauma ist. Dazu hat der Papst sofort gesagt: Ja, da haben Sie Recht. Das ist der wichtigste Punkt.“

Auch ein spiritueller Weg

Außer mit dem Papst berieten die französischen Bischöfe auch mit den Kardinälen, die die Bischofs- und die Ordenskongregation leiten, über den Missbrauchs-Bericht. Im Januar wollen sie die Spitzenvertreter der deutschen und der schweizerischen Bischofskonferenz treffen, um über die Methodik solcher Berichte zu sprechen.

Franziskus selbst bekannte sich bei der Audienz an diesem Montag zu einem weiterhin entschlossenen Kampf gegen Missbrauch. Gleichzeitig riet er den Bischöfen auch zu einem „spirituellen Weg“: Sie sollten sich „vor den Herrn stellen“ und ihre Verantwortung „vor den Opfern und vor Christus“ wahrnehmen.

(vatican news – sk)
 

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14. Dezember 2021, 10:31