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Vom Nebel verhüllte Orthodoxe Kirche in Minsk Vom Nebel verhüllte Orthodoxe Kirche in Minsk 

„Pro Oriente“ trauert um den Minsker Metropoliten Filaret

In Belarus herrscht Trauer über den Heimgang des am Dienstag in Folge einer Covid-19-Infektion 85-jährig verstorbenen emeritierten Exarchen der russisch-orthodoxen Kirche Weißrusslands, Metropolit Filaret (Wachromejew). Auch die österreichische Stiftung „Pro Oriente“ zeigte sich über den Tod des Kirchenmannes betroffen.

Der Metropolit hatte nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 und den dramatischen Versorgungsschwierigkeiten infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion auch in Österreich Hilfe gesucht und gefunden. An dem Brückenschlag zwischen Minsk und Wien war die Stiftung „Pro Oriente“ wesentlich beteiligt. Der Metropolit sei überaus ökumenisch gesinnt gewesen und habe u.a. ein Institut für den Religiösen Dialog gegründet, heißt es in einer Würdigung der Stiftung vom Mittwoch.

Der als Kyrill Wachromejew im März 1935 geborene spätere Metropolit absolvierte seine theologischen Studien an der Theologischen Akademie in Moskau, 1959 legte er die Mönchsgelübde ab und wurde zum Diakon geweiht, die Priesterweihe erfolgte 1961. Er lehrte zunächst an der Moskauer Theologischen Akademie, 1965 wurde er zum Bischof von Tichwin und Vikarbischof für St. Petersburg ernannt, 1966 zum Bischof und später Erzbischof der altrussischen Stadt Dmitrow und Vikarbischof für Moskau, zugleich auch zum Rektor der Theologischen Akademie.

Ein beliebter Kirchenmann

1973 erfolgte seine Ernennung zunächst zum Erzbischof, dann zum Metropoliten von Berlin. 1978 berief ihn der Heilige Synod zum Metropoliten von Minsk, 1992 zum Exarchen der russisch-orthodoxen Kirche Weißrusslands. In dieser Funktion verblieb er bis 2013. Von 1981 bis 1989 war Metropolit Filaret zugleich Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats. Seine theologischen Kenntnisse wurden mit Ehrendoktoraten im In- und Ausland honoriert, 2006 wurde er in die Reihe der „Helden von Weißrussland“ aufgenommen.

In der Amtszeit von Metropolit Filaret wurde das geistliche Leben der orthodoxen Kirche in Weißrussland wiederaufgerichtet, das zuvor durch den sowjetischen Staatsatheismus und die zerstörerische Kriegführung der deutschen Nationalsozialisten zutiefst in Mitleidenschaft gezogen worden war. Der Metropolit sorgte dafür, dass alle Eparchien, die 1917 bestanden hatten, wiederhergestellt wurden, ebenso wie das Priesterseminar in Minsk und die Geistliche Akademie in der weißrussischen Hauptstadt. Eine Religionspädagogische Akademie wurde errichtet, aber auch das von Erzpriester Fjodor Powny geleitete „Haus der Barmherzigkeit“ in Minsk, eine multifunktionale Institution der orthodoxen Kirche, zu dem u.a. ein Spezialkrankenhaus gehört.

Bis zuletzt war Metropolit Filaret einer der beliebtesten Bischöfe in Belarus. Staatspräsident Aleksandr Lukaschenko würdigte ihn am Dienstag als einen „wahren Helden“.

Enge Verbindungen zu Österreich


Die Verbindung des Metropoliten zu Österreich verlief einerseits über „Pro Oriente“ (auch Kardinal Franz König war in Minsk zu Gast), aber auch über eine spontan entstandene Initiative mit dem Wiener SP-Stadtrat und „Volkshilfe“-Präsidenten Josef Hofmann, der Dolmetscherin Barbara Hermann, dem Kommunikationsexperten Klaus Petermann und dem Wiener russisch-orthodoxen Diakon und Diözesansekretär Viktor Schilowsky.

Nach der Explosionskatastrophe im Block 4 des Atomkraftwerks Tschernobyl am 25. April 1986, von der Belarus besonders betroffen war, hatte Metropolit Filaret Hilferufe in alle Welt gesandt, was auch mithilfe der diplomatischen Vertretungen des Landes geschah; zugute kam dabei, dass Weißrussland und die Ukraine die einzigen Unionsrepubliken waren, die in sowjetischer Zeit einen eigenen diplomatischen Apparat unterhalten konnten.

Den Wienern gelang es, sowohl Medikamentenhilfe in Millionenwert nach Weißrussland auf den Weg zu bringen als auch Nahrungsmittel bereitzustellen, die knapp wurden, als sich das Versorgungssystem der Sowjetunion an der Wende von den 1980er- zu den 1990er-Jahren in der Krise befand. Dank der Popularität von Metropolit Filaret war die Verteilung der Hilfsgüter in Belarus wesentlich erleichtert; die Menschen standen Staat und Partei skeptisch gegenüber, aber die orthodoxe Kirche hatte dank des Metropoliten einen großen Vertrauensbonus.

Treffen mit Kardinal König, Caritas und Pro Oriente


Ein Höhepunkt der Österreich-Kontakte des Metropoliten war sein Wien-Aufenthalt von 16. bis 22. Oktober 1990. Er traf mit Kardinal König und der Caritas zusammen, Weihbischof Florian Kuntner veranstaltete ein Festessen für ihn, im UN-Zentrum hielt der Metropolit eine eindrucksvolle Rede, die international registriert wurde. Im Prälatensaal des Schottenstifts war er Gast der Stiftung „Pro Oriente“.

Wie „Pro Oriente“-Pressesprecher Erich Leitenberger berichtet, brachte Filaret seine Verbundenheit mit Österreich zuletzt „in berührender Weise“ zum Ausdruck, als Leitenberger im Oktober 2017 mit der Stiftung „Zusammenleben“ (Living together in Europe) eine Journalistenreise nach Minsk veranstaltete.

(pro oriente - cs)

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14. Januar 2021, 10:04