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Proteste in Pakistan nach Bekanntgabe des Freispruchs für Asia Bibi Proteste in Pakistan nach Bekanntgabe des Freispruchs für Asia Bibi 

Pakistan: Nicht über Asia Bibis Aufenthalt spekulieren

Die beste Weise, die Christin Asia Bibi jetzt zu unterstützen, besteht darin, nicht über ihren Aufenthaltsort zu spekulieren. Das sagt gegenüber Vatican News Michaela Koller, Referentin für Religionsfreiheit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte.

Vatican News: Wo ist Asia Bibi derzeit? Darüber konnte man in den vergangenen Tagen, seit dem Freispruch der Christin vor zwei Wochen, viel lesen. Sie sagen, es sei derzeit alles andere als gut, jetzt über Orte zu mutmaßen. Weshalb sollte man möglichst wenig über den Verbleib und den Aufenthaltsort von Asia Bibi sprechen?

Koller: Inzwischen kamen zahlreiche widersprüchliche Meldungen über Asia Bibis Ausreise auf, zu denen logischerweise auch sogenannte Fake News zählen. Große Fernsehanstalten haben am Tag der Freilassung, am 7. November, sogar den Abflug Bibis aus Pakistan gemeldet. Es wird wild spekuliert, wo Asia Bibi Aufnahme sucht. Möglicherweise sind darunter auch gutgemeinte Nebelkerzen, etwa durch den Verteidiger von Asia Bibi. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte und andere Menschenrechtsorganisationen warnen aber aus Sicherheitsgründen  vor veröffentlichten Spekulationen, weil dieses laute Nachdenken Hinweise für ihre Verfolgung liefern könnte. Darüber hinaus werden mögliche Aufnahmeorte auch zu Zielscheibe von Terroristen. Am 15. November hatte der Generalinspektor der Polizei in der Provinz Punjab eine höchste Warnung und Aufforderung zu extremer Wachsamkeit herausgeschickt, weil seine Behörde konkrete Terrorpläne von extremistischen Gruppen aufgedeckt hat. Ins Fadenkreuz geraten sind christliche Siedlungen, Kirchen, Gerichte und Regierungsstellen.

Zum Nachhören

Vatican News: Weshalb wäre denn Asia Bibi auch bei uns in Europa in Gefahr?

Koller: Sollte Asia Bibi in einem sicheren Land eintreffen oder bereits eingetroffen sein, wären noch nicht alle Gefahren gebannt. Extremisten aus Pakistan leben und agieren auch schon von Europa aus. Darunter ist etwa die Khatme Nabuwwat Academy in Forest Gate im Osten Londons zu nennen. Diese Einrichtung hat den Rechtsanwalt Ghulam Mustafa Chaudhry bevollmächtigt, die Klägerseite im Blasphemiefall Asia Bibis zu vertreten. Käme Asia Bibi nach Deutschland, so würde sie zur Zielscheibe von Kreisen, die den Sicherheitsbehörden hierzulande bekannt sind. Es sind die Anhänger der pakistanischen Organisation Pasban Khatme Nabuwwat (Bewahrer des Siegels der Propheten). Sie verstehen sich als Schutztruppe zur Ehre des islamischen Propheten Mohammed. Deshalb haben sie sich die Verfolgung der Andersgläubigen zum Ziel gesetzt, weil allein deren Existenz oder die Existenz anderer Bekenntnisse den Propheten beleidigen würden. Bereits Ende der 90er Jahren wurden Anhänger von ihnen in Deutschland auffällig. Sie haben Mitglieder der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinschaft angegriffen und bedroht. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte kannte sie damals schon als Verfolger aus Pakistan. Viele Verfolgte der Ahmadiyya-Gemeinschaft fanden damals auch Aufnahme in der Bundesrepublik. Der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg führte die Extremisten 1998 im Jahresbericht auf.

Vatican News: Was sollten wir im Westen tun, um Asia Bibi, ihrer Familie und den Christen in Pakistan zu helfen?

Koller: Bei allem Mitgefühl mit Asia Bibi und bei allem Engagement für sie und ihre Familie dürfen wir nicht vergessen, dass alles in der Hand der pakistanischen Regierung liegt, wann und wie sie ein sicheres Land erreicht und vielleicht dort schon hingeführt wurde. Das Sinnvollste, was wir nun tun können, ist der Appell an die pakistanische Regierung, die Christen möglichst flächendeckend zu beschützen. In einigen Fällen müssten wir im Westen dringend Asyl gewähren. Die muslimischen Fanatiker werden sich zunächst an anderen angeblichen Blasphemieschuldigen rächen. Viele von ihnen sind in Haft. Bedroht sind auch deren Familien, die aufgespürt werden. Nicht alle von ihnen können in sogenannten ,Safe Houses´, also versteckten Häusern, untertauchen. Wir müssen für diese Fälle durch Visa humanitäre Korridore schaffen, damit sie hierzulande Asyl beantragen können.

Das Gespräch führte Mario Galgano.

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21. November 2018, 13:20