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Tonnenweise Lebensmittel werden in den Industrieländern täglich weggeworfen Tonnenweise Lebensmittel werden in den Industrieländern täglich weggeworfen 

Paglia tritt auf FAO-Konferenz gegen Verschwendung von Nahrung ein

Die Wirtschaftsakteure müssen ihre soziale Verantwortung und die Verbundenheit aller Menschen untereinander erkennen, um das traurige Phänomen der Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen. Das betonte der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Vincenzo Paglia, auf einer FAO-Konferenz in Santiago de Chile. Allerdings brauche es auch verlässliche Daten und eine Änderung der Essgewohnheiten, so Paglia.

Die Verschwendung von Lebensmitteln prägt das Schicksal von Millionen von Menschen, während der Umgang mit Nahrung nicht nur nach einer rein marktwirtschaftlichen und auf Profit orientierten Logik funktionieren kann. Erzbischof Vincenzo Paglia, Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, nahm in seiner Rede auf der Konferenz „Vermeidung und Verringerung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung im Kontext der Lebensmittel- und Ernährungssicherheit. Eine sektorübergreifende Herausforderung“, die am Donnerstag in Santiago de Chile, am Sitz der FAO-Vertretung für Lateinamerika und die Karibik stattfand, kein Blatt vor den Mund.

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ist dafür zuständig, die Ernährungssicherheit weltweit zu steigern. Paglia, der sich seit Mittwoch auf einer Lateinamerikareise befindet, die bis zum 30. August neben Chile auch Argentinien umfasst, zitierte in seiner Ansprache bei der Konferenz zunächst Papst Franziskus, der am 18. Mai 2019 in seiner Ansprache vor der Europäischen Föderation der Lebensmittelbanken gesagt hatte, dass das „Wegwerfen von Lebensmitteln (…) das Wegwerfen von Menschen“ bedeute: „Dieses Wegwerfen von Menschen ist untragbar, unerträglich, verabscheuungswürdig und eine Quelle unermesslicher Schande“, so Paglia, der betonte, dass jeder dafür „vor Gott und vor der Geschichte verantwortlich“ sei.

Lebensmittelverschwendung und Unterernährung

Obwohl die Lebensmittelverschwendung in Lateinamerika mit nur sechs Prozent der weltweiten Lebensmittelverschwendung einen geringen Prozentsatz ausmacht, gibt es auf dem Kontinent 47 Millionen unterernährte Menschen, so Erzbischof Paglia, der die Frage in den Raum stellt, ob die Tatsache zu ignorieren sei, dass die nach Schätzungen der Vereinten Nationen 69 Kilo Lebensmittel, die jeder Einwohner des Kontinents jährlich verschwendet, wesentlich zur Ernährung von 30 Millionen dieser Menschen beitragen könnten.

In einigen Ländern herrsche eine tragische Situation, so der Erzbischof, der von einem Besuch in Haiti vor zwei Jahren und den Slums der Hauptstadt Port-au-Prince berichtete, wo er „Menschen traf, die von Junk Food aufgedunsen oder von chronischer Unterernährung geplagt waren“: „Wie ist es möglich, weiterhin so zu tun, als ob nichts passiert, sich damit abzufinden, nichts zu tun?“, so seine bittere Bestandsaufnahme, verbunden mit der Aufforderung, „das Problem ernsthaft und verantwortungsbewusst anzugehen“.

Wirtschaftliche Logik im Dienst der Allgemeinheit

Sicherlich müsse die wirtschaftliche Struktur, auf der die Produktion, der Vertrieb und die Verarbeitung von Lebensmitteln beruhen, auch nach einer wirtschaftlichen Logik funktionieren, räumt Paglia ein. Doch gleichzeitig müsse anerkannt werden, dass sie darüber hinaus gehe, weil die Bereitstellung von Lebensmitteln das Leben der Menschen direkt beeinflusse: „Es scheint offensichtlich, dass die Wirtschaft nicht als Selbstzweck betrachtet werden darf, sondern als Mittel im Dienst des Lebens der Menschen und des Aufbaus einer gerechten Gesellschaft.“

Auch mit diesem Gedankengang bezog sich Paglia auf eine Aussage des Papstes, der in seiner Botschaft zum Tag der Ernährung 2021 geschrieben hatte, dass „der Kampf gegen den Hunger die Überwindung der kalten Logik des Marktes erfordert, die gierig auf den bloßen wirtschaftlichen Nutzen ausgerichtet ist und Lebensmittel auf eine Ware wie so viele andere reduziert, ebenso wie die Stärkung der Logik der Solidarität“. Letztere, so Paglia in seiner Ansprache, müsse zu der Überlegung führen, dass „jede menschliche Erfahrung, auch die wirtschaftliche, in den Aufbau einer brüderlichen Menschheitsfamilie eingewoben ist und daran mitwirkt“, wie der Papst selbst in Fratelli Tutti bekräftigte. Für die Wirtschaftsakteure bedeute dies, dass sie „die soziale Verantwortung ihrer Arbeit, die Verbindung zwischen den verschiedenen Subjekten, die Sorge für die Menschen und die Welt, in der sie leben“ anerkennen müssten.

Drei Wege, um nicht zu verschwenden

„Damit niemand vom Tisch des Lebens ausgeschlossen bleibt“, gibt es für den Präsidenten der Päpstlichen Akademie „drei konkrete Wege der Arbeit“, die es zu verfolgen gelte. Erstens die genaue Erfassung der Daten über die Lebensmittelverschwendung und damit die Bewertung „des sozialen Gewichts dieses Phänomens“, wobei auch „die Zahl der verschwendeten Arbeitsstunden oder die Energiekosten für solche nicht zu Ende gebrachten Tätigkeiten“ einfließen müsse, um zu analysieren, „welcher Verlust in sozialer und menschlicher Hinsicht hinter der Verschwendung eines landwirtschaftlichen Produkts steht“.

Zweitens sei es notwendig, die gesamte Lebensmittelkette zu betrachten, so Paglia weiter, denn „die Lebensmittelverschwendung kann nur durch eine Gesamtbetrachtung der Realität angegangen werden“, so dass man „die große organisierte Verteilung der Supermärkte und die informellen Märkte entlang der Straßen, die raffiniertesten Technologien und die älteste bäuerliche Weisheit“ berücksichtigen müsse.

Schließlich gelte es einen kulturellen Weg zu verfolgen, um „den Wert des Essens und des Tisches aufzuzeigen“. Dabei brauche es „einen verantwortungsvollen Ansatz, sogar einen spirituellen“, so Paglia, der darauf hinwies, dass Studien „zeigen, dass einer der wichtigsten Schritte zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung die Erziehung ist, die es ermöglicht, ansonsten schädliche Haushaltspraktiken zu ändern“. „Wenn sich ein Mensch der Würde und Güte seiner selbst, seiner Lieben und der Güter, die ihm zur Verfügung stehen, bewusst ist“, so Erzbischof Paglia, „dann verschwendet er weniger und macht das Essen zu einem zutiefst menschlichen Akt“.

(vatican news - tc/cs)

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25. August 2023, 10:34