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Heilige: Ein Symbolbild Heilige: Ein Symbolbild 

Heiligkeit im digitalen Zeitalter

Wie kann man den Ruf der Heiligkeit heute, im digitalen Zeitalter, definieren? Mit diesem und anderen Themen beschäftigte sich eine Konferenz, die das Dikasterium für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse vom 3. bis zum 6. Oktober im Antonianum in Rom organisiert hat.

An diesem Donnerstag stand zum Abschluss der Arbeiten auch eine Audienz bei Papst Franziskus auf dem Programm.

Experten aus verschiedenen Disziplinen, darunter die Mitglieder des Dikasteriums, Professoren und Wissenschaftler, aber auch Vertreter aus Kultur und Medien haben während der Arbeiten unter dem Titel „Heiligkeit heute“ über die aktuelle Definition der heroischen Tugenden und den Ruf der Heiligkeit im digitalen Zeitalter diskutiert.

Newman und die Fügsamkeit

Wie der Präfekt des Dikasteriums, Kardinal Marcello Semeraro, in seinem einleitenden Grußwort betonte, gebe es zwei Hauptthemen zu beleuchten. Das erste betreffe die „christlichen heroischen Tugenden zwischen Ewigkeit und Verwirklichung“, also die Frage, wie sich die Tugenden bestimmen lassen, die für eine „kanonisierbare Heiligkeit“ erforderlich sind. In diesem Zusammenhang gelte es auch über die Worte des heiligen John Henry Newman nachzudenken, der schrieb, dass wir, um vollkommen zu sein, „nichts weiter tun müssen“, als im alltäglichen christlichen Leben „unsere täglichen Pflichten zu erfüllen“.

Der hl. John Henry Newman
Der hl. John Henry Newman

Dazu erläuterte Semeraro am Rande des Kongresses im Gespräch mit Radio Vatikan: „Erstens, was ist heroische Übung der Tugenden, was ist Heroismus heute? Von einigen könnte Heldentum vielleicht als muskulöse Ausübung der eigenen Stärke (miss-)verstanden werden. Stattdessen bedeutet Heiligkeit Fügsamkeit gegenüber dem Ruf des Herrn. Das Zweite Vatikanische Konzil spricht von einer allgemeinen Berufung zur Heiligkeit. Heiligkeit ist nicht die Frucht menschlicher Bemühungen, sondern das Werk Gottes, dem wir uns als formbares Material zur Verfügung stellen.“

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Der allerletzte Punkt im ganzen Prozess

Das zweite Thema betreffe den „Ruf der Heiligkeit im digitalen Zeitalter“. Die Feststellung einer soliden und weit verbreiteten „fama sanctitatis“ sei in der Tat schon immer die Grundvoraussetzung für die Einleitung eines Selig- und Heiligsprechungsprozesses gewesen, betonte Semeraro:

Kardinal Semeraro
Kardinal Semeraro

„Ein Thema, das früher immer auf der Tagesordnung stand, ja das wichtigste Thema war. Man begann keinen Prozess, wenn nicht zuvor der Ruf der Heiligkeit festgestellt worden wäre. Heute allerdings scheint dieses Thema sogar in der ,Positio‘, die man für den Prozess vorbereitet, etwas unterschätzt zu werden. Es ist das letzte Thema, das behandelt wird.“ Dabei müsste es eigentlich der Ausgangspunkt für jeden Prozess sein, gibt Semeraro zu bedenken.

„Heiligkeit ist nicht Berühmtheit“

Aus diesem Grund, so erinnert der Kardinal, hat das Dikasterium für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse am 31. Mai 2021 ein Schreiben an alle Bischöfe gesandt. Darin wird empfohlen, „die Beständigkeit und Echtheit dieses Rufes sowie die Beispielhaftigkeit und Aktualität der Kandidaten sowie eine bedeutsame ,fama signorum‘ zu überprüfen.“

Dabei gehe es keinesfalls um eine weltliche „Berühmtheit“, unterstreicht Semeraro, „sondern um jenen Instinkt oder Glaubenssinn, von dem uns das Zweite Vatikanische Konzil sprach. Dieses Konzil, dessen 60. Jahrestag wir jetzt feiern, spricht immer noch zu uns und ist, wie Johannes Paul II. sagte, eine Prophezeiung.“

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Wieviele ‚Likes‘ hat Gott?

Das Thema sei also aktuell, zumal das digitale Zeitalter neue und dringende Herausforderungen mit sich bringe, so Semeraro: „Der Ruf ist nicht mit diesen weltlichen Präferenzen wie ‚Likes‘ in den sozialen Netzwerken zu messen. Nein, der Ruf ist dergestalt, dass das Volk Gottes mit der Zeit das Werk Gottes erkennt und dass er sich spontan verbreitet. Dafür braucht es Zeit, während die weltlichen Likes mit aktuellen Ereignissen, Mode und so weiter einhergehen. Die Zeiten Gottes hingegen dehnen sich im Raum aus, um ihre Arme für alle Menschen zu öffnen“.

(vatican news – sk)
 

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06. Oktober 2022, 11:16