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Kardinal Sean Patrick O'Malley Kardinal Sean Patrick O'Malley 

O‘Malley an Italiens Bischöfe: Die Wahrheit macht uns frei!

Offen mit dem Missbrauch umzugehen, der in kirchlichen Einrichtungen und durch Kleriker verübt worden ist, ist der einzige Weg zur Aufarbeitung. Das hat der Leiter der Päpstlichen Kinderschutzkommission, Kardinal Sean Patrick O’Malley, den italienischen Bischöfen ans Herz gelegt. Er äußerte sich in einer Videobotschaft an die Vollversammlung der Bischofskonferenz, die an diesem Mittwoch gezeigt wurde.

Der Kardinal, der schon seit seiner Zeit als Bischof in den Vereinigten Staaten mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen konfrontiert ist, berichtete den italienischen Bischöfen von seinen Erfahrungen. Er selbst lerne jedoch stets noch dazu, betonte er. Als äußerst schmerzlich empfinde er es, die Erlebnisse von Überlebenden zu hören, die trotz der oft großen Zeitspanne erst gestern geschehen zu sein schienen, so der Kardinal. Doch wir dürften uns nicht scheuen, „das Böse, das so vielen unserer Brüder und Schwestern angetan wurde, zuzugeben“. Nur die Wahrheit könne befreiend wirken: „Es ist keineswegs leicht, die Missbrauchsgeschichten der Menschen anzuerkennen, den Überlebenden Gehör zu schenken und uns gemeinsam für Gerechtigkeit einzusetzen, aber nach vierzig Jahren kann ich euch sagen, dass dies der einzige Weg ist.“

„Es ist keineswegs leicht, die Missbrauchsgeschichten der Menschen anzuerkennen, den Überlebenden Gehör zu schenken und uns gemeinsam für Gerechtigkeit einzusetzen, aber nach vierzig Jahren kann ich euch sagen, dass dies der einzige Weg ist.“

Die späteren Einsichten könnten ein strenger Richter sein, doch „nur indem man den Opfern mit Gerechtigkeit antwortet, kann man zur Heilung gelangen.“ Die Geschichte des Missbrauchs in der Kirche werde auf ihrem Weg in die Zukunft immer mehr ans Licht gelangen. Dies sei in jedem Land, in dem mit der Aufarbeitung begonnen worden sei, geschehen, so der Kardinal an die italienischen Bischöfe, die sich bislang noch nicht auf eine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauch verständigen konnten. In einem offenen Brief hatten Betroffene von Missbrauch deshalb erneut eine unabhängige Aufarbeitung in der katholischen Kirche Italiens gefordert. Es seien „entschiedene Schritte“ notwendig, um diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die im Umgang mit Missbrauchsfällen „ihre Pflicht nicht erfüllt“ hätte, betonte O’Malley.

Pastorale Umkehr nötig

Im Zusammenhang mit dem Verbrechen des Missbrauchs brauche es eine pastorale Umkehr, zu der er den Bischöfen sieben Aspekte vorschlug. Dazu gehörten eine angemessene pastorale Sorge um die Opfer, klare Anweisungen und Kontrollen zu Fortbildungen für das kirchliche Personal, eine genaue Überprüfung der einzelnen Akteure, Entfernung von Schuldigen aus ihren Positionen, Zusammenarbeit mit den zivilen Autoritäten, eine klare Risikoeinschätzung für Priester, die wegen Missbrauchs in den Laienstand versetzt wurden, sowie Klarheit über die Anwendung von Protokollen. Dabei könne auch ein Audit nützlich sein, so der Tipp des Kardinals.

Kirche Vorreiter in Sachen Kinderschutz

Doch es gebe auch gute Nachrichten zu vermelden: So habe die Kinderschutzkommission für ihren Jahresbericht zahlreiche Initiativen zusammengetragen, mit denen die einzelnen Ortskirchen den Kinderschutz verbesserten. „Es gibt keinen Zweifel darüber“, so O’Malley, „dass die Kirche einer der Hauptakteure weltweit ist, was die Einführung von Instrumenten zum Kinderschutz angeht“. Nur so könne die Glaubwürdigkeit der Kirche zurückgewonnen werden, betonte der US-Amerikaner. Nicht hilfreich sei es jedoch, wenn man bei der Konfrontation mit Missbrauch automatisch in eine Verteidigungshaltung gehe.

Die Kinderschutzkommission stehe für alle Fragen rund um das Thema stets zur Verfügung, betonte O’Malley nicht nur mit Blick auf die italienischen Bischöfe. Doch auch die müssten sich dessen bewusst sein, dass es auch in ihren Reihen Priester geben könnte, die selbst in früheren Jahren missbraucht worden seien. „Die Wirklichkeit des Missbrauchs ist leider immer nahe bei allen von uns“, so der Leiter der Kinderschutzkommission. Die italienische Kirche habe nun eine „außerordentliche Chance“, einen offenen und „nicht defensiven“ Dialog mit allen Beteiligten anzugehen, die dazu bereit seien, einen „konstruktiven Prozess der Revision, Reform und Versöhnung“ anzustoßen.

(vatican news - cs)

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26. Mai 2022, 13:08