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Die Métis aus Manitoba auf dem Petersplatz Die Métis aus Manitoba auf dem Petersplatz 

Métis aus Manitoba beim Papst: „Er hat unsere Herzen berührt“

Etwa fünfzig Mitglieder der Föderation der Métis, die nach einer Vereinbarung mit dem kanadischen Staat im Juli 2021 eine autonome Regierung bilden, sind nach Rom gekommen. Damit wollten sie den Prozess der Versöhnung mit der Kirche nach den Missbräuchen in den „Residential Schools“ fortsetzen. Am Donnerstag waren sie beim Papst.

Mario Galgano und Salvatore Cernuzio - Vatikanstadt

Tränen, Erinnerungen und Dank für die Worte des Papstes: so kann man die Audienz der Métis beim Papst zusammenfassen. Bei dem Treffen im Vatikan waren 55 Mitglieder der Métis Manitoba Föderation aus Kanada zugegen. Der Austausch fand in dem vatikanischen Clementina-Saal statt. Die Métis Manitoba Föderation ist eine lokale Regierung Kanadas, die am 6. Juli 2021 ein Autonomieabkommen mit dem Staat unterzeichnet hat. Die Mitglieder, die als „Red River Métis“ bekannt sind, leben hauptsächlich in der Region Manitoba in den Prärien im Nordwesten Kanadas. Aus diesem Grund hat die Föderation nicht an der Papstaudienz Ende März mit den ursprünglichen Völkern Kanadas (Métis, Inuit und First Nation) teilgenommen, die ihrerseits als Organisationen im Vatikan empfangen wurden.

Die Audienz im Vatikan
Die Audienz im Vatikan

Schande über die Kolonialisierung

Wie andere indigene Völker wurden jedoch auch viele Métis in Manitoba in den so genannten „Internatsschulen“ missbraucht, die von der Regierung eingerichtet und von christlichen Kirchen, einschließlich der katholischen Kirche, betrieben wurden. In einer Audienz am 1. April, an der auch die kanadischen Bischöfe teilnahmen, brachte der Papst seine „Empörung und Scham“ zum Ausdruck und bat im Namen der Kirche um Entschuldigung für die Vergehen. Es sei eine starke Botschaft gewesen, auf die diese Menschen seit Jahrzehnten gewartet hätten. Das Volk der Métis in Manitoba sei von der Geste und den Worten des Papstes tief bewegt, wie Präsident David Chartrand in einer Botschaft erklärte, die er im Vorfeld des Treffens von diesem Donnerstag mitteilte: „Wie alle indigenen Völker Kanadas, insbesondere diejenigen von uns, die unter den Händen von Personen gelitten haben, die ihr Unrecht hinter der katholischen Kirche versteckt haben, war ich erleichtert, als ich hörte, dass Papst Franziskus sich aufrichtig entschuldigte. Ich weiß, dass viele Red River Métis seit vielen Jahren auf diese Entschuldigung gewartet haben. Ich hoffe, dass sie dazu beitragen wird, den Heilungsprozess einzuleiten und uns auf diesem Weg der Versöhnung, der Wiederbelebung und der Erneuerung zu vereinen.“

Chartrand wiederholte diese Worte am Donnerstag auf dem Petersplatz vor einer Gruppe von Journalisten, die sich nach der Audienz beim Papst trafen. „Unsere Botschaft“, erklärte er, „war ein wenig anders. Wir haben die Entschuldigung des Papstes gewiss gewürdigt und akzeptiert, und wir haben auch von Versöhnung gesprochen, aber wir hatten eine größere Botschaft der Hoffnung und der Erneuerung“.

Tränen und Mitgefühl

„Die Tränen, die dort vergossen wurden, die Geschichten, die erzählt wurden, nahm Seine Heiligkeit mit solcher Gnade an und wir waren so gerührt, als er um Vergebung bat“, sagte der Sprecher der Métis aus Manitoba. Ein Überlebender namens Andrew, „der als Kind einen hohen Preis bezahlt hat“, erhielt die Gelegenheit, Franziskus seine persönliche Geschichte zu erzählen, der geduldig, aufmerksam und emotional war: „Sein Mitgefühl hat unsere Herzen berührt.“

Dem Papst wurde das mit Kanada unterzeichnete Regierungsabkommen gezeigt. Franziskus signierte das Exemplar, das in einem Museum ausgestellt werden soll, das demnächst eingerichtet wird. Anschließend überreichten die Métis aus Manitoba verschiedene Geschenke, vor allem Kunsthandwerk mit Perlen, die bis zu 300 Jahre alt sein sollen, ein typisches Merkmal dieser Bevölkerung. „Unsere Perlenarbeit ist die Geschichte dessen, was wir sind“, erklärt Chartrand, „wir waren einst als das 'Volk des Westens mit den Blumenperlen' bekannt, weil man nicht wusste, wie man uns nennen sollte. Sie nannten uns Halbblüter, Landleute. Und so haben alle unsere Arbeiten die Prärieblumen, die unsere Geschichte erzählen“.

Die Gäste aus Kanada schenkten dem Papst auch typische Hausschuhe und Kreuze aus dem Jahr 1800: „Er schätzte die Freundlichkeit unserer Leute.“ Der Papst, so berichten seine Gäste, schüttelte allen Anwesenden die Hand: „Er stand von seinem Stuhl auf und wollte zu uns kommen. Wir sahen, dass er hinkte... wir sagten ihm: Setzen Sie sich hin, wir kommen zu Ihnen´. Und es war so schön, den Papst mit so viel Energie, Enthusiasmus und Stolz zu sehen. Er hat unsere Herzen berührt, und viele von uns werden ihn nicht vergessen, solange wir leben. Und so ist es eine große Ehre für uns, einen so zukunftsorientierten Papst zu haben.“

Der Besuch des Grabes von Louis Riel

Papst Franziskus überreichte jedem von ihnen eine Pontifikatsmedaille: „Viele haben geweint“, so der Métis-Sprecher. Die Audienz sei auch eine Gelegenheit für die Métis aus Manitoba gewesen, ihre Einladung an den Papst zu wiederholen – der ihnen zugesichert habe, wahrscheinlich im Juli nach Kanada zu reisen – die Hauptstadt der Region Winnipeg zu besuchen und das Grab von Louis Riel zu segnen, dem Métis-Führer in Manitoba, der als Vater der dortigen Gemeinde gilt und in den 1800er Jahren die Widerstandsbewegungen am Roten Fluss anführte, um die Rechte und die Kultur des Volkes zu bewahren, als ihr Land unter kanadischen Einfluss kam. Der damalige Premierminister John A. MacDonald setzte ein Kopfgeld von 5.000 Dollar auf ihn aus und Riel wurde hingerichtet. Die Métis aus Manitoba baten den Papst am Donnerstag, auf seiner Reise nach Kanada das Grab eines Mannes zu besuchen, „der alles gegeben hat, nicht nur für das Volk der Métis, sondern auch für die Kirche“.

(vatican news)

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22. April 2022, 12:19