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In dem Prozess um finanzielle Unregelmäßigkeiten und Verluste von rund 270 Millionen Euro beim Erwerb einer Immobilie in London sind Brülhart und der damalige AIF-Direktor, Tommaso di Ruzza, angeklagt In dem Prozess um finanzielle Unregelmäßigkeiten und Verluste von rund 270 Millionen Euro beim Erwerb einer Immobilie in London sind Brülhart und der damalige AIF-Direktor, Tommaso di Ruzza, angeklagt 

Vatikan: Weitere Befragungsrunde im Finanzprozess

Im Strafprozess zum Finanzskandal im Vatikan hat der angeklagte Ex-Präsident der Finanzaufsicht AIF, Rene Brülhart, sein Unverständnis über die Vorwürfe gegen ihn deutlich gemacht.

Seine Rolle als Präsident sei „nicht-exekutiv“, „nicht-operativ“ gewesen und unabhängig von seiner Beratertätigkeit für das Staatssekretariat, erklärte der Schweizer Finanzexperte zu Beginn seiner Befragung am Dienstag. Die AIF habe zudem nie eine Aufsichtsrolle über das Staatssekretariat gehabt. „Ich sehe keinen Interessenskonflikt“, so Brülhart weiter.

„Ich sehe keinen Interessenkonflikt“

Er sei als externer Berater engagiert worden aufgrund seiner Expertise in internationalen Finanzangelegenheiten und Anti-Geldwäsche-Regularien und dann zum AIF-Präsidenten ernannt worden - im Wissen aller, dass er gleichzeitig beratend tätig war. „Ich wurde vom Heiligen Vater als Präsident der AIF ernannt“, führte Brülhart aus, der mit einer Übersetzerin seine Befragung auf Englisch bestritt. Brülhart wird im Prozess Amtsmissbrauch vorgeworfen.

„Ich habe mit meinen Vorgesetzten immer in voller Transparenz gehandelt.“

Der ehemalige Präsident der Finanzaufsicht AIF verwies weiter auf eine Begegnung mit dem Papst am 7. März 2019. Franziskus habe ihm „die Notwendigkeit bestätigt, das Staatssekretariat zu unterstützen“. Brülhart erklärte auch, dass er Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin informiert habe: „Ich habe mit meinen Vorgesetzten immer in voller Transparenz gehandelt". Mauro Carlino und der Architekt Luciano Capaldo wurden Brülhart als „Vertrauenspersonen“ genannt, zu denen er Kontakt aufnehmen konnte. Insbesondere Capaldo, der in London lebte, unterhielt Beziehungen zu der Anwaltskanzlei Mishcon de Reya, die das Staatssekretariat unterstützte.

Keine Meldung verdächtiger Aktivitäten

Der ehemalige AIF-Präsident sagte, er habe von dem Verkauf des Gebäudes in der Sloane Avenue in London „in summarischer Form“ vom Stellvertreter des Staatssekretariats, Erzbischof Edgar Peña Parra, erfahren. Dieser habe einen Kontrollverlust über die Immobilie aufgrund der tausend Aktien mit Stimmrecht befürchtet, die dem Makler Gianluigi Torzi überlassen wurden. Der Erzbischof betonte die „Notwendigkeit, alle Beziehungen zu Torzi und den mit ihm verbundenen Personen abzubrechen“ und bat Brülhart um Unterstützung. Es seien damals keine rechtlichen Schritte wegen drei Aspekten unternommen worden: der „schwachen Position“ des Heiligen Stuhls aus vertraglicher Sicht, eines möglichen erheblichen finanziellen Schadens und eines möglichen Reputationsschadens.

„Hätte es genügend Elemente gegeben, um verdächtige Aktivitäten zu melden“, so Brülhart weiter, hätte dies der AIF ermöglicht, eine „nachrichtendienstliche Tätigkeit mit ausländischen Institutionen zu beginnen und auch Kanäle einzurichten und Finanzströme zu untersuchen". Die Vorlage eines Falles sei gleichwohl Sache des Staatssekretariats, über das „die AIF keine Kontrollbefugnis“ habe.

Prozess um finanzielle Unregelmäßigkeiten

In der mehrstündigen Befragung ging es vorrangig um die Frage des Interessenskonflikts von Brülhart in seinen Rollen als AIF-Chef und Berater des Staatssekretariats. Zudem wurde danach gefragt, was er über einzelne Zahlungsvorgänge und eventuelle Unregelmäßigkeiten wusste und welche Beziehungen er zu den Mitangeklagten hatte. Wiederholt wurden Brülhart Briefe vorgelegt, auf die er eingehen sollte. Teilweise wies der Vorsitzende Richter Giuseppe Pignatone die Fragen als unzulässig zurück. Zivilkläger sind unter anderen das Staatssekretariat, die sogenannte Vatikanbank IOR sowie die Finanzaufsicht, die heute ASIF heißt.

In dem Prozess um finanzielle Unregelmäßigkeiten und Verluste von rund 270 Millionen Euro beim Erwerb einer Immobilie in London sind Brülhart und der damalige AIF-Direktor, Tommaso di Ruzza, angeklagt. Weitere Angeklagte sind Kardinal Giovanni Angelo Becciu und sein damaliger Sekretär Mauro Carlino. Beide haben in Befragungen bereits ihre Unschuld beteuert. Carlino bekräftigte, dass er als „Mann Gottes“ nur Anweisungen befolgt habe.

Als weitere Angeklagte noch zu befragen sind die selbsternannte Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna, die italienischen Finanzmakler Enrico Crasso und Gianluigi Torzi, der Fondsmanager Raffaele Mincione, der Rechtsanwalt Nicola Squillace sowie Finanzvermittler Fabrizio Tirabassi. Nicht angeklagt, sondern Hauptzeuge ist Alberto Perlasca, der als Verwaltungsleiter im Staatssekretariat bis 2019 Finanzaktionen übersah.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf Kardinal Becciu. Dieser hatte von 2012 bis 2018 als Substitut eine Schlüsselrolle in der Behörde. Unregelmäßigkeiten bei Überweisungen in Beccius Heimatbistum und die dortige Caritas sowie Zahlungen an die selbsternannte Sicherheitsberaterin Marogna sind ebenfalls Thema im Prozess. Becciu werden Veruntreuung und Amtsmissbrauch sowie Verleitung zur Falschaussage vorgeworfen. Ende April werden die Befragungen fortgesetzt.

(kna/vatican news – pr)

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06. April 2022, 09:45