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Franziskus bei der Generalaudienz an diesem Mittwoch Franziskus bei der Generalaudienz an diesem Mittwoch 

„Franziskus hat die Kirche verändert“

Papst Franziskus hat in seinem bisherigen Pontifikat sehr wohl zu einer „Wende“ in der Kirche beigetragen, auch wenn diese von manchen übersehen wird: Zu diesem Schluss kommt Vatikan-Journalist Marco Politi in einem Interview mit der Linzer „KirchenZeitung“.

Statt einer von manchen erwarteten historischen Wende habe der Pontifex aus Argentinien bereits im Lauf der Vorjahre viele Veränderungen realisiert. „Man kann den Papst kritisieren. Wenn es aber heißt, er rede nur und verändere nichts, dann finde ich das falsch“, so Politi.

Konkret bezog sich der Journalist auf die Kurienreform, welche Franziskus am 19. März vorgestellt hatte. Drei Punkte seien dabei zentral: Erstens werde die Kurie zur „Hilfsorganisation für Papst und Bischöfe mit den Aufgaben Evangelisierung, Bewahrung des Glaubens und tätige Barmherzigkeit“, was konkret durch die Priorisierung des Dikasteriums für die Evangelisierung geschehen sei.

Kurienreform, Deklerikalisierung, Kampf gegen Missbrauch

Eine Deklerikalisierung habe Franziskus zweitens gebracht, indem er fast allen Dikasterien nicht mehr nur Kardinäle, sondern auch Laien - Männer und Frauen - an die Spitze gestellt habe. Der Schutz Minderjähriger vor Missbrauch werde drittens durch die Eingliederung der dafür bestimmten Kommission in die Glaubenskongregation ein „präzises Ziel der Regierung der Kirche“.

Was die Rolle der Frau betrifft, gebe es in der Kirche sowohl große Fortschritte wie auch starke Widerstände, so Politis Eindruck. Einerseits hätte es noch vor zehn Jahren in der Kurie mit ganz wenigen Ausnahmen keine Frauen in leitenden Positionen gegeben, während nun etwa die Ämter der Untersekretärin im Rat der Bischofssynode, der Interims-Präfektin im Dikasterium für ganzheitliche menschliche Entwicklung, im vatikanischen Wirtschaftsrat oder auch in der Staatsanwaltschaft weiblich besetzt seien.

„Verstärkte Einbindung der Laien bei Bischofsernennungen steht noch aus“

Dass es beim Frauendiakonat hingegen keine Fortschritte gebe, sei auf die „Spaltung“ der Kirche zurückzuführen und darauf, dass sich Papst Franziskus „nicht von dem abkoppeln kann, was in den Bischofskonferenzen gedacht wird“.

Als noch ausstehende Reform betrachtet Politi eine verstärkte Einbindung der Laien bei Bischofsernennungen. Bei Franziskus würden manchmal „gute Pfarrer“ Bischöfe, „denen aber wahrscheinlich das intellektuelle und theologische Niveau dafür fehlt“. Das in der Konzils- und Nachkonzilszeit herrschende Niveau vermisse er auf dieser Ebene, bekannte der Vatikan-Experte.

„Die Synodenthemen lebhafter diskutieren“

Insgesamt sehe er Franziskus als den „Papst, der die Besessenheit der Kirche vom Thema Sexualität vom Tisch gewischt hat. Er hat die Dämonisierung der Homosexuellen beendet“, resümierte Politi. In der Vatikanbank habe Franziskus eine „Säuberungsaktion“ durchgeführt, bei Missbrauchsfällen viele Bischöfe entfernt und Kardinal Theodore McCarrick aus dem Kardinalskollegium und dem Klerikerstand entlassen. Würdenträger würden nun nicht mehr vor gerichtlicher Verfolgung geschützt, zudem habe der Papst auch Schritte zur Dezentralisierung gemacht.

Als problematisch bezeichnete der Journalist die „Spaltungen in der Weltkirche“. Eine große, weltweite Debatte von Kardinälen, Bischöfen und Theologen gebe es heute nicht mehr, vielmehr kümmere sich jede Bischofskonferenz „nur um den eigenen Garten“, was den heutigen Katholizismus schwäche. Um diese Schwäche zu beheben, müssten die aktuellen Synoden-Themen „Kirche als Gemeinschaft“, „Teilnahme und Teilhabe“ sowie „Mission“ lebhafter in den Diözesen und Bischofskonferenzen diskutiert werden, urteilte Politi. Andernfalls sei keine neue Dynamik zu erwarten.

(kap – sk)
 

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30. März 2022, 11:41