Urbi et Orbi: Das Kruzifix und der Papst auf dem menschenleeren Platz
Andrea Tornielli – Chefredakteur
Im Zentrum des Gebets, das Papst Franziskus am Abend des 27. März - zwei Wochen vor Karfreitag - auf dem leeren, unwirklich stillen Petersplatz gesprochen hat, stand das Kruzifix. Ein Kruzifix in strömendem Regen: Das Wasser klatschte auf das hölzerne Kunstwerk mit seinen aufgemalten Blutspuren. Das Johannesevangelium berichtet davon, dass Blut und Wasser aus der Seitenwunde Jesu flossen - daran mussten sicher viele Betrachter denken.
Das Kruzifix, das auch schon einen Brand überstanden hat, zog einst in Prozessionen durch die Gassen der Ewigen Stadt, um der Pest zu wehren. Auch der hl. Johannes Paul II. umarmte dieses Kreuz, als er im Heiligen Jahr 2000 eine Bußliturgie im Petersdom durchführte. Der Gekreuzigte war der stille Protagonist auf dem so ungewohnt leeren Petersplatz. Selbst die Jungfrau Maria, Salus populi Romani, hinter Plexiglas vom Regen geschützt, trat am Freitagabend in den Hintergrund.
Einsam stieg Papst Franziskus die Stufen zur Basilika empor, klein und gebeugt, um die Schmerzen der Welt zu Füßen des Kreuzes zu legen: „Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?“ Die beunruhigende Krise, die wir in dieser Zeit der Pandemie erleben, „legt unsere Verwundbarkeit bloß und deckt jene falschen und unnötigen Gewissheiten auf, auf die wir bei unseren Plänen, Projekten, Gewohnheiten und Prioritäten gebaut haben“. Und „jetzt, auf dem stürmischen Meer, bitten wir dich: „Wach auf, Herr!“
Die Sirene eines Krankenwagens - einer der vielen, die in diesen Stunden der Not im Einsatz sind - vermischt sich mit dem Läuten der Glocken des Petersdoms, das den Segen „Urbi et orbi“ begleitet, den der Papst auf dem menschenleeren Platz mit dem regennassen Allerheiligsten spendet. Und auch hier ist der Protagonist wieder jener Jesus, der sich opfern wollte, um unsere Speise zu werden. Jesus, der auch heute zu uns sagt: „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“
(vatican news - skr)
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