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Papst Franziskus bei der Generalaudienz Papst Franziskus bei der Generalaudienz  (Vatican Media)

Wortlaut: Papst Franziskus bei seiner Generalaudienz

Hier finden Sie die Ansprache, die Papst Franziskus an diesem Mittwoch bei seiner Generalaudienz gehalten hat, in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Liebe Brüder und Schwestern, frohe Ostern, guten Morgen!

Wir kommen nun zur zweiten der Kardinaltugenden: heute sprechen wir von der Gerechtigkeit. Sie ist die soziale Tugend schlechthin. Der Katechismus der Katholischen Kirche definiert sie wie folgt: ‚Die Gerechtigkeit als sittliche Tugend ist der beständige, feste Wille, Gott und dem Nächsten das zu geben, was ihnen gebührt‘ (Nr. 1807). Das ist Gerechtigkeit. Oft wird, wenn von Gerechtigkeit die Rede ist, auch das Motto zitiert, das sie auf eine Formel bringt: ‚unicuique suum - jedem das Seine‘. Sie ist die Tugend des Rechts, die die Beziehungen zwischen den Menschen mit Gerechtigkeit zu regeln sucht.

Allegorisch wird sie durch die Waage dargestellt, weil sie darauf abzielt, die ‚Rechnungen‘ zwischen den Menschen auszugleichen, insbesondere wenn sie durch ein Ungleichgewicht verzerrt zu werden drohen. Ihr Ziel ist es, dass in einer Gesellschaft jeder entsprechend seiner eigenen Würde behandelt wird. Aber schon die Meister der Antike lehrten, dass dies auch andere tugendhafte Haltungen erfordert, wie Wohlwollen, Respekt, Dankbarkeit, Freundlichkeit, Ehrlichkeit: Tugenden, die zu einem guten Zusammenleben der Menschen beitragen. Die Gerechtigkeit ist eine Tugend für ein gutes Zusammenleben der Menschen.

„Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden“

Wir alle wissen, dass Gerechtigkeit für das friedliche Zusammenleben in der Gesellschaft von grundlegender Bedeutung ist: Eine Welt ohne Gesetze, die das Recht regeln, wäre eine Welt, in der es unmöglich ist zu leben, sie würde einem Dschungel ähneln. Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden. Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden. Denn wenn das Recht nicht geachtet wird, entstehen Konflikte. Ohne Gerechtigkeit herrscht das Recht des Stärkeren über den Schwächeren, und das ist nicht gerecht.

Papst Franziskus bei der Generalaudienz
Papst Franziskus bei der Generalaudienz

Aber die Gerechtigkeit ist eine Tugend, die sowohl im Großen als auch im Kleinen wirkt: Sie betrifft nicht nur den Gerichtssaal, sondern auch die Ethik, die unser tägliches Leben prägt. Sie schafft aufrichtige Beziehungen zu den anderen; sie verwirklicht das Gebot des Evangeliums, wonach die christliche Rede sein muss: ‚Ja ja, nein nein; was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen‘ (Mt 5,37). Halbwahrheiten, raffinierte Reden, die darauf abzielen, den Nächsten zu täuschen, Zurückhaltung, die die wahren Absichten verschleiert, sind keine Haltungen, die der Gerechtigkeit entsprechen. Der Gerechte ist aufrecht, einfach und geradlinig, er trägt keine Maske, er zeigt sich so, wie er ist, er sagt die Wahrheit. Das Wort ‚Danke‘ kommt ihm oft über die Lippen: Er weiß, dass wir, so sehr wir uns auch bemühen, großzügig zu sein, unserem Nächsten gegenüber immer in der Schuld stehen. Wenn wir lieben, dann auch, weil wir zuerst geliebt worden sind.

„Der Gerechte kümmert sich nicht nur um sein eigenes Wohlergehen“

In der Tradition finden sich unzählige Beschreibungen des gerechten Menschen. Schauen wir uns einige von ihnen an. Der Gerechte hat Ehrfurcht vor den Gesetzen und respektiert sie, weil er weiß, dass sie eine Schranke sind, die die Hilflosen vor der Arroganz der Mächtigen schützt. Der Gerechte kümmert sich nicht nur um sein eigenes Wohlergehen, sondern will das Wohl der gesamten Gesellschaft. Deshalb erliegt er nicht der Versuchung, nur an sich selbst zu denken und sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, so legitim sie auch sein mögen, als wären sie das Einzige, was es auf der Welt gibt. Die Tugend der Gerechtigkeit macht deutlich - und legt die Forderung ins Herz -, dass es kein wahres Wohl für mich geben kann, wenn nicht auch an das Wohl aller gedacht ist.

Bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz
Bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz

Deshalb achtet der Gerechte auf sein eigenes Verhalten, damit es den anderen nicht schadet: Wenn er einen Fehler macht, entschuldigt er sich. Der Gerechte bittet immer um Entschuldigung. In manchen Situationen geht er so weit, sein persönliches Wohl zu opfern, um es der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Er wünscht sich eine geordnete Gesellschaft, in der die Menschen den Ämtern Glanz verleihen und nicht die Ämter den Menschen Glanz verleihen. 

„Die Gerechten sind keine Moralisten“

Der Gerechte meidet außerdem schädliches Verhalten wie Verleumdung, Meineid, Betrug, Wucher, Spott und Unehrlichkeit. Der Gerechte hält sein Wort, gibt zurück, was er geliehen hat, erkennt allen Arbeitern einen gerechten Lohn zu: Wer Arbeitern keinen gerechten Lohn gibt, ist kein Gerechter, er ist ein Ungerechter! 

Niemand von uns weiß, ob es in unserer Welt so viele oder so wenige rechtschaffene Menschen gibt wie kostbare Perlen. Aber es sind Menschen, die Gnade und Segen auf sich selbst ziehen und auf die Welt, in der sie leben. Die Gerechten sind keine Moralisten, die das Gewand des Zensors tragen, sondern Menschen, die ‚nach Gerechtigkeit hungern und dürsten‘ (vgl. Mt 5,6), Träumer, die in ihrem Herzen den Wunsch nach universaler Geschwisterlichkeit hegen. Und an diesem Traum haben wir alle, besonders heute, großen Bedarf. Wir brauchen es, gerechte Männer und Frauen zu sein. Das wird uns glücklich machen. 

(vatican news)
 

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03. April 2024, 09:36

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