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Benedikt XVI. und Papst Franziskus bei einer Begegnung (Archivbild) Benedikt XVI. und Papst Franziskus bei einer Begegnung (Archivbild)  (AFP or licensors)

Franziskus über Benedikt XVI.: „Er war wie ein Vater für mich“

„Er hat mich immer verteidigt, er hat sich nie eingemischt“. So äußert sich Franziskus über seinen Vorgänger Benedikt XVI. in einem neuen Interview-Buch mit dem Titel „El Sucesor“, das diesen Mittwoch erscheint. Der spanische Journalist Javier Martínez-Brocal hat mit dem amtierenden Papst gesprochen.

Vatican News

„Benedikt war ein Mann von großer Sanftmut. In einigen Fällen haben einige Leute ihn ausgenutzt, vielleicht ohne Böswilligkeit, und seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Leider haben sie ihn in gewisser Weise eingekreist. Er war ein sehr feinfühliger Mann, aber er war nicht schwach, er war stark. Aber mit sich selbst war er bescheiden und zog es vor, sich nicht aufzudrängen. So hat er viel gelitten.“

Mit diesen Worten erinnert sich Papst Franziskus an seinen Vorgänger Benedikt XVI. in einem Interview mit dem Journalisten Javier Martínez-Brocal. Das Buch mit dem Titel „El Sucesor“, das beim Verlag Editorial Planeta herauskommt, erscheint diese Woche Mittwoch, am 3. April.

2013: Wenige Tage nach seiner Wahl zum Papst trifft Franziskus seinen Vorgänger
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Freiheit zum Wachsen

„Er ließ mich wachsen und gab mir die Freiheit, Entscheidungen zu treffen“

„Er ließ mich wachsen", erklärt darin Franziskus, „er war geduldig. Und wenn er etwas nicht gut fand, dachte er drei oder vier Mal nach, bevor er es mir sagte. Er ließ mich wachsen und gab mir die Freiheit, Entscheidungen zu treffen“. Der argentinische Papst erzählt von der Beziehung, die ihn mit dem Emeritus verband – während einer fast zehnjährigen Koexistenz im Vatikan. „Er ließ mir Freiheit, er hat sich nie eingemischt. Einmal, als es eine Entscheidung gab, die er nicht verstand, bat er mich auf sehr natürliche Weise um eine Erklärung. Er sagte mir: ,Schau, ich verstehe das nicht, aber die Entscheidung liegt in deinen Händen‘. Ich erklärte ihm die Gründe, und er war zufrieden.“

Franziskus erklärt in dem Buch, dass sein Vorgänger nie gegen eine seiner Entscheidungen opponiert habe: „Er hat mir nie seine Unterstützung entzogen. Vielleicht gab es etwas, das er nicht teilte, aber das hat er nie gesagt“.

Der Papst erinnert auch an die Umstände seines Abschieds von Benedikt am Mittwoch, den 28. Dezember 2022, als er ihn zum letzten Mal lebend sah: „Benedikt lag im Bett. Er war noch bei Bewusstsein, aber er konnte nicht sprechen. Er sah mich an, schüttelte meine Hand, verstand, was ich sagte, konnte aber kein Wort sprechen. Ich blieb noch eine Weile bei ihm, sah ihn an und hielt seine Hand. Ich erinnere mich lebhaft an seine klaren Augen... Ich sagte ein paar liebevolle Worte zu ihm und segnete ihn. So haben wir uns verabschiedet.“

Zwei Päpste: Eine Aufnahme vom November 2020
Zwei Päpste: Eine Aufnahme vom November 2020

Benedikt XVI. verteidigte Franziskus

Franziskus erzählt in dem Interview zudem von einem konkreten Fall, in dem er von Benedikt XVI. verteidigt wurde.

„Ich hatte ein sehr nettes Gespräch mit ihm, als einige Kardinäle zu ihm kamen, die von meinen Worten zur Ehe überrascht waren, und er war sehr deutlich zu ihnen. Eines Tages sind sie zu ihm nach Hause gekommen, um mir praktisch den Prozess zu machen, und sie beschuldigten mich vor ihm, die homosexuelle Ehe zu fördern. Benedikt regte sich nicht auf, denn er wusste sehr wohl, was ich denke. Er hörte ihnen allen zu, einem nach dem anderen, beruhigte sie und erklärte ihnen alles“, so Franziskus. Und er fuhr fort:

„Einmal habe ich gesagt, dass die Ehe ein Sakrament ist, das homosexuellen Paaren nicht gespendet werden kann, aber dass es irgendwie notwendig ist, die Situation dieser Menschen zu sichern oder zivil zu schützen. Ich sagte, dass es in Frankreich die Formel der zivilen Lebensgemeinschaften gibt, die auf den ersten Blick eine gute Option sein kann, weil sie nicht auf die Ehe bezogen ist. Ich dachte, dass man zum Beispiel drei Rentnerinnen (in ein Register) aufnehmen kann, die sich die medizinische Versorgung, das Erbe, die Wohnung usw. teilen können. Ich wollte damit sagen, dass mir dies eine interessante Lösung zu sein schien“, so der amtierende Papst über den Kontext seiner Äußerung.

„Er hörte ihnen zu und half ihnen mit sehr viel Größe, die Dinge zu unterscheiden.“

„Einige Kardinäle gingen zu Benedikt und sagten, ich würde Ketzerei betreiben. Er hörte ihnen zu und half ihnen mit sehr viel Größe, die Dinge zu unterscheiden... Er sagte ihnen: ,Das ist keine Ketzerei‘. Wie er mich verteidigt hat!... Er hat mich immer verteidigt.“

Der Sarg Benedikts XVI. auf dem Petersplatz, kurz vor der Beisetzung des Verstorbenen im Januar 2023
Der Sarg Benedikts XVI. auf dem Petersplatz, kurz vor der Beisetzung des Verstorbenen im Januar 2023

Franziskus kritisiert Buchpublikation  

„Es hat mich verletzt, dass Benedikt benutzt wurde.“

Papst Franziskus antwortete auch auf die Frage eines Journalisten nach den Büchern, die im Zusammenhang mit dem Tod des emeritierten Papstes veröffentlicht wurden.

Franziskus antwortete: „Sie haben mir großen Schmerz bereitet: dass am Tag der Beerdigung ein Buch veröffentlicht wird, das mich (meine Worte, Anm.) auf den Kopf stellt und Dinge erzählt, die nicht wahr sind, ist sehr traurig. Natürlich berührt mich das nicht - in dem Sinne, dass es mich nicht beeinflusst. Aber es hat mich verletzt, dass Benedikt benutzt wurde. Das Buch wurde am Tag der Beerdigung veröffentlicht, und ich empfand es als einen Mangel an Edelmut und Menschlichkeit.“

Änderungen am päpstlichen Begräbnis

Schließlich verrät der Papst dem Journalisten Javier Martínez-Brocal, dass er bereits eine Überprüfung des päpstlichen Begräbnisses angeordnet hat. Die Totenwache für Benedikt XVI. sei die letzte gewesen, bei der der Körper des Papstes außerhalb des Sarges auf einem Katafalk aufbewahrt worden sei, erklärt Franziskus. Päpste „sollten wie jedes andere Kind der Kirche bewacht und beerdigt werden. Mit Würde, wie jeder Christ“, so Franziskus.

(vatican news)

Benedikts Grab in den Vatikanischen Grotten
Benedikts Grab in den Vatikanischen Grotten


 

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02. April 2024, 13:08