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Wortlaut: Der Papst beim Angelus am Neujahrstag

Hier finden Sie die Ansprache zum Angelusgebet, die Papst Franziskus am Neujahrstag am Petersplatz gehalten hat, in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan.

Sämtliche Wortmeldungen des Heiligen Vaters in ihrer amtlichen Fassung werden auf der Internetseite des Heiligen Stuhls publiziert.

Liebe Brüder und Schwestern, frohes neues Jahr!

An diesem Tag, an dem wir Maria, die heiligste Mutter Gottes, feiern, wollen wir die neue Zeit, die uns geschenkt wurde, unter ihren fürsorglichen Blick stellen. Damit sie uns schützt in diesem Jahr.

Das Evangelium offenbart uns heute, dass die Größe Marias nicht darin besteht, dass sie eine außergewöhnliche Tat vollbringt, sondern dass sie schweigt, während die Hirten, nachdem sie die Ankündigung der Engel erhalten haben, nach Bethlehem eilen (vgl. Lk 2,15-16). Das Schweigen der Mutter ist eine schöne Eigenschaft. Es ist kein einfaches Schweigen, sondern ein Schweigen, das von Staunen und Anbetung über die Wunder, die Gott tut, erfüllt ist. „Maria“, so bemerkt der heilige Lukas, „bewahrte dies alles in ihrem Herzen und dachte darüber nach“ (vgl. 2,19). Auf diese Weise schafft sie in ihrem Inneren Raum für den, der geboren wurde; in Stille und Anbetung stellt sie Jesus in den Mittelpunkt und bezeugt ihn als Erlöser. Maria, die Mutter des Stille, die Mutter der Anbetung.

„Maria ist die erste Kathedrale Gottes, der Ort, an dem er und der Mensch sich begegnen können“

So ist sie nicht nur Mutter, weil sie Jesus in ihrem Schoß trug und zur Welt brachte, sondern weil sie ihn ins Licht bringt, ohne seinen Platz einzunehmen. Sie wird selbst unter dem Kreuz, in der dunkelsten Stunde, schweigen und ihm weiterhin Raum geben und ihn für uns hervorbringen. Ein Ordensmann und Dichter des 20. Jahrhunderts schrieb: „Jungfrau, Kathedrale des Schweigens / [...] du bringst unser Fleisch ins Paradies / und Gott ins Fleisch“ (D.M. TUROLDO, Laudario alla Vergine. „Via pulchritudinis“, Bologna 1980, 35). Kathedrale des Schweigens: Das ist ein schönes Bild. Mit ihrem Schweigen und ihrer Demut ist Maria die erste „Kathedrale“ Gottes, der Ort, an dem er und der Mensch sich begegnen können.

Aber auch unsere Mütter sind mit ihrer verborgenen Fürsorge oft großartige Kathedralen der Stille. Sie bringen uns auf die Welt und begleiten uns dann weiter, oft unbemerkt, damit wir wachsen können. Erinnern wir uns daran: Die Liebe erstickt nie, die Liebe schafft Raum für den anderen, die Liebe lässt wachsen.

„Lernen wir jene Liebe, die vor allem in der Stille gepflegt wird, die es versteht, dem anderen Raum zu geben“

Brüder und Schwestern, schauen wir zu Beginn des neuen Jahres auf Maria und denken wir mit dankbarem Herzen auch an die Mütter und schauen wir auf sie, um jene Liebe zu lernen, die vor allem in der Stille gepflegt wird, die es versteht, dem anderen Raum zu geben, seine Würde zu achten, ihm die Freiheit zu lassen, sich auszudrücken, jede Form von Besitz, Unterdrückung und Gewalt abzulehnen. Das ist heute so dringend nötig! Stille um einander zuzuhören. Die Botschaft zum heutigen Weltfriedenstag erinnert daran: Freiheit und friedliches Zusammenleben sind bedroht, wenn der Mensch der Versuchung des Egoismus, des Eigennutzes, der Profitgier und des Machthungers nachgibt. Die Liebe hingegen besteht aus Respekt und Freundlichkeit: Sie überwindet Schranken und hilft, geschwisterliche Beziehungen zu leben, gerechtere und menschlichere, friedlichere Gesellschaften aufzubauen.

Beten wir zur Mutter Gottes und zu unserer Mutter, dass wir im neuen Jahr wachsen können in dieser sanften, stillen und diskreten Liebe, die Leben hervorbringt, und damit wir so Wege des Friedens und der Versöhnung in der Welt eröffnen können.

(vatican news – sk)
 

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01. Januar 2024, 12:05