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Papst am Welttag der Armen: Plädoyer für mehr Menschlichkeit

Gott hat uns mit besonderen Talenten ausgestattet und jeder hat die Möglichkeit und auch die Pflicht, diese Gaben für seine Mitmenschen einzusetzen. Das legte der Papst den Gläubigen bei der Messe zum Welttag der Armen ans Herz, der diesen Sonntag zum siebten Mal gefeiert wurde. Angesichts der „vielen materiellen, kulturellen und geistlichen Nöte unserer Welt" erteilte er der Gleichgültigkeit der Gesellschaft eine Absage und rief zu mehr Nächstenliebe auf.

Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

Der diesjährige Welttag der Armen steht unter dem alttestamentlichen Leitwort: „Wende dein Angesicht von keinem Armen ab“  (Tob 4,7). 

In seiner Predigt orientierte sich Franziskus am Gleichnis von den anvertrauten Talenten aus dem Matthäusevangelium (25,14-30), der Erzählung von dem Herrn also, der seinen Knechten sein Vermögen anvertraut, sich dann auf Reisen begibt und nach seiner Rückkehr Abrechnung hält.

Die schönsten Momente der Messe im Video

Das Gleichnis lade uns ein, über „die Reise Jesu“ - seine Auferstehung und Himmelfahrt - und über „unsere Lebensreise“ nachzudenken, begann der Papst vor den rund 5.000 Messeteilnehmern seine Auslegung des Bibeltextes:

„Jesus hat uns sein Vermögen anvertraut, ein echtes Kapital: er hat uns sich selbst in der Eucharistie hinterlassen, sein Wort des Lebens, er hat seine heilige Mutter auch uns zur Mutter gegeben und er hat die Gaben des Heiligen Geistes ausgeteilt, damit wir sein Werk in der Welt fortsetzen können.“

Kurienerzbischof Rino Fisichella, Pro-Präfekt des Dikasteriums für Evangelisierung und verantwortlich für die Organisation des Welttages, zelebrierte am Altar; Konzelebranten waren der päpstliche Almosenmeister, Kardinal Konrad Krajewski, und Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst
Kurienerzbischof Rino Fisichella, Pro-Präfekt des Dikasteriums für Evangelisierung und verantwortlich für die Organisation des Welttages, zelebrierte am Altar; Konzelebranten waren der päpstliche Almosenmeister, Kardinal Konrad Krajewski, und Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst

Nicht nur an sich selbst denken…

Doch wie der Herr im Gleichnis werde auch Jesus am Ende der Zeiten wiederkommen, um uns „einer Rechnungsprüfung zu unterziehen“ und uns „in die Freude des ewigen Lebens zu führen.“ Wir müssten uns also fragen, was wir mit diesem so großen Geschenk auf unserer Lebensreise anfangen würden: ob wir „das, was wir empfangen haben, vervielfachen, indem wir unser Leben aus Liebe für die anderen hingeben“. Oder ob wir, „durch ein falsches Gottesbild gelähmt, den Schatz, den wir empfangen haben, in der Erde vergraben, indem wir nur an uns selbst denken, ohne uns für irgendetwas anderes zu begeistern als für unsere eigenen Annehmlichkeiten und Interessen und ohne uns einzubringen.“

Der Papst und die Konzelebranten trugen Grün: diese Farbe des sich erneuernden Lebens und der Hoffnung, wird in der Zeit im Jahreskreis getragen.
Der Papst und die Konzelebranten trugen Grün: diese Farbe des sich erneuernden Lebens und der Hoffnung, wird in der Zeit im Jahreskreis getragen.

Am Welttag der Armen sei das Gleichnis von den Talenten also eine Einladung, die Gesinnung zu überprüfen, mit der wir unsere Lebensreise angehen:

„Wenn wir die Liebe um uns herum nicht vermehren, erlischt das Leben in der Dunkelheit; wenn wir die Talente, die wir erhalten haben, nicht in Umlauf bringen, endet unser Dasein unter der Erde, es ist also so, als ob wir bereits tot wären,“ gab Franziskus zu bedenken. 

Hier zum Nachhören

Konkret forderte er:

„Denken wir an die vielen materiellen, kulturellen und geistlichen Nöte unserer Welt, an die verwundeten Menschen, die unsere Städte bevölkern, an die Armen, die unsichtbar geworden sind und deren Schmerzensschrei von der allgemeinen Gleichgültigkeit einer geschäftigen und zerstreuten Gesellschaft erstickt wird. (...) Denken wir an die Unterdrückten, die Erschöpften, die Ausgegrenzten, an die Opfer von Kriegen und an diejenigen, die ihr Land unter Lebensgefahr verlassen; an diejenigen, die ohne Brot, ohne Arbeit und ohne Hoffnung sind.“ Armut sei scheu, so der Papst, und deshalb müssten wir selbst es sein, die aktiv und mutig nach ihr suchen.

Blick in den Petersdom
Blick in den Petersdom

Die Armut ist ein Skandal

Mit Blick auf die unzähligen Armen dieser Welt brachte Franziskus die Botschaft des Evangeliums abschließend wie folgt auf den Punkt:

„Lasst uns die Güter des Herrn nicht vergraben! Verbreiten wir Nächstenliebe, teilen wir unser Brot, vervielfachen wir die Liebe! Die Armut ist ein Skandal. (...) Wenn der Herr wiederkommt, wird er von uns Rechenschaft verlangen und – wie der heilige Ambrosius schreibt – sagen: »Warum habt ihr geduldet, dass so viele Arme vor Hunger sterben, wo ihr doch Gold besaßt, mit dem ihr ihnen zu essen geben konntet? Warum sind so viele Sklaven verkauft und von Feinden misshandelt worden, ohne dass jemand etwas unternommen hat, um sie freizukaufen?«

Papst Franziskus mit Messeteilnehmern
Papst Franziskus mit Messeteilnehmern

Hintergrund

Den Welttag der Armen führte Papst Franziskus zum Ende des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit 2016 ein. Gefeiert wird er Mitte November, zwei Wochen vor dem ersten Advent. Der Gedenktag soll laut Franziskus das Thema Armut als „Herzensanliegen des Evangeliums" stärker in den Blick rücken und zu einer Glaubenserneuerung in den Kirchengemeinden beitragen.

Papst Franziskus
Papst Franziskus

Auch dieses Jahr waren bei der feierlichen Messe im Petersdom in Rom wieder zahlreiche Arme, Obdachlose, Migranten und Mitglieder verschiedener Hilfsorganisationen anwesend. Mittags werden auch in diesem Jahr auf Einladung des Dikasteriums für Nächstenliebe wieder rund 1.200 Bedürftige zum gemeinsamen Mittagessen mit dem Papst in der Audienzhalle erwartet.

Die Messe zum Welttag der Armen im Petersdom
Die Messe zum Welttag der Armen im Petersdom

(vaticannews – skr)

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19. November 2023, 11:07