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Papst Franziskus beim Interview mit dem TG1-Leiter Gian Marco Chiocci (links) Papst Franziskus beim Interview mit dem TG1-Leiter Gian Marco Chiocci (links) 

TV-Interview: Papst bestätigt Reise nach Dubai zum COP28

Papst Franziskus hat in einem neuen TV-Interview dafür geworben, sich nicht an den Krieg zu gewöhnen. Im Gespräch mit dem italienischen Staatssender RaiUno bestätigte er seine Reise nach Dubai von 1. bis 3. Dezember zum Weltklimagipfel COP28. Zur Weltsynode hatte der Papst Positives zu sagen. Er sagte, es werde mehr Raum für Frauen in der Kirche geben, aber ohne Weihe. Und er glaube nicht, dass es helfe, den Zölibat für Priester abzuschaffen.

Für Papst Franziskus ist die weltweite Eskalation des Krieges, der in Israel und Palästina ausgebrochen ist, „eine Möglichkeit“, er vertraue in dem Punkt aber auf die „menschliche Weisheit“. Die RAI strahlte das lange Gespräch zwischen dem Kirchenoberhaupt und dem Leiter der Nachrichtensendung „Tg1“, Gian Marco Chiocci, am Abend von Allerheiligen, 1. November, auf RaiUno aus.

Zum Nachhören - was der Papst sagte

Israel und Gaza

Zu den Geschehnissen im Nahen Osten sagte der Papst: „Jeder Krieg ist eine Niederlage. Mit Krieg wird nichts gelöst. Ich wiederhole: nichts. Alles wird durch den Frieden, durch den Dialog gewonnen. Sie (die Hamas-Terroristen, Anm.) sind in die Kibbuzim eingedrungen, sie haben Geiseln genommen, sie haben getötet. Und dann die Reaktion. Die Israelis gehen hin und nehmen die Geiseln, retten sie. Im Krieg provoziert eine Ohrfeige die andere. Einer schlägt hart zu und der andere noch härter - und so geht es weiter. Krieg ist eine Niederlage. Ich empfinde dies als eine weitere Niederlage. Es ist so, dass zwei Völker miteinander leben müssen. Dies wäre die kluge Lösung: zwei Völker, zwei Staaten. Denken wir an das Oslo-Abkommen: zwei voneinander abgegrenzte Staaten und Jerusalem mit einem Sonderstatus.“

„Aber das größte Problem ist immer noch die Rüstungsindustrie.“

Franziskus erinnerte an das Friedensgebet der vergangenen Woche und betonte erneut, dass die Welt eine „sehr dunkle Stunde“ erlebe. Man sei nicht in der Lage, klar zu denken, und es sei eine der dunkelsten Stunde. So sei es seit dem letzten Weltkrieg, von 1945 bis heute so, dass eine Niederlage auf die andere folge, denn die Kriege hätten seither nicht aufgehört. „Aber das größte Problem ist immer noch die Rüstungsindustrie. Eine Person, die sich mit Investitionen auskennt und die ich bei eine Begegnung getroffen habe, hat mir gesagt, dass die Investitionen, die heute das meiste Geld einbringen, die Waffenfabriken sind“, so der Papst.

Das katholische Kirchenoberhaupt sagte, er höre jeden Tag per Telefon von den Ordensleuten in Gaza. „Der ägyptische Vize-Pfarrer (der katholischen Pfarrei in Gaza-Stadt, Anm.), Pater Yussuf, ruft mich jeden Tag an, er sagt mir: ,Es ist schrecklich, das Neueste ist, dass sie das Krankenhaus bombardiert haben. Aber sie respektieren uns in der Pfarrei, in der wir 563 Menschen haben, Christen und auch einige Muslime. Um die kranken Kinder kümmern sich die Schwestern von Mutter Teresa. In dieser kleinen Pfarrei gibt es 563 Menschen. Jeden Tag versuche ich, sie zu begleiten.´ Im Moment, Gott sei Dank, respektieren die israelischen Streitkräfte diese Gemeinde.“

Kerzen in Warschau zu Ehren der israelischen Toten nach dem Angriff der Hamas
Kerzen in Warschau zu Ehren der israelischen Toten nach dem Angriff der Hamas

Gewöhnung an Krieg und Antisemitismus

Franziskus erinnerte sich zurück an den Beginn seines Pontifikats, als wenig später der Krieg in Syrien ausbrach. Er habe zu einem Gebetsmoment auf dem Petersplatz eingeladen, „wo Christen beteten und auch Muslime, die einen Teppich zum Beten mitbrachten." Dieser heftige Kriegsausbruch sei „ein sehr schwieriger Moment" gewesen. Leider gewöhne man sich allmählich daran. „Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen“, so der Papst.

„Die Welt befindet sich im Krieg, aber die Waffenindustrie steckt dahinter.“

Und zu einer möglichen Eskalation in der Welt sagte er: „Das wäre das Ende vieler Dinge und vieler Leben. Ich denke, dass die menschliche Weisheit diese Dinge verhindert. Ja, es besteht die Möglichkeit, aber ... und wir sind von diesem Krieg betroffen, weil dieser Konflikt zwischen Israel und Palästina das Heilige Land, Jerusalem, betrifft. Aber wir sind auch von der Ukraine betroffen, weil sie nahe ist. Doch es gibt viele andere Kriege, die uns nicht berühren: Kivu, Jemen, Myanmar mit den Rohingya, die Märtyrer sind. Die Welt befindet sich im Krieg, aber die Waffenindustrie steht dahinter.“

Franziskus sprach auch über einen unterschwelligen Antisemitismus, der derzeit sehr verbreitet sei. Es reiche nicht immer aus, den Massenmord an den Juden im Zweiten Weltkrieg zu nennen: „Diese 6 Millionen Toten, die versklavt wurden, das Ganze ist noch nicht vorbei. Leider ist es nicht vorbei. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, und ich habe auch keine Erklärung dafür - es ist eine Tatsache, die ich sehe und die mir nicht gefällt.“

Auf einem Platz in Kyiv
Auf einem Platz in Kyiv

Der Krieg in der Ukraine

Der Interviewer wollte vom Papst auch wissen, wie er die ukrainischen Reaktion auf die Friedensinitiativen des Heiligen Stuhls einschätze. Franziskus: „Ich denke an das ukrainische Volk, wir dürfen es heute nicht verurteilen. Das ukrainische Volk ist ein Märtyrervolk, es hatte Verfolgungen zur Zeit Stalins, sehr starke Verfolgungen. Ich habe ein Gedenkbuch darüber gelesen und das Martyrium war schrecklich, denken wir an Sibirien.... Es war ein Volk, das so viel gelitten hat, und was sie jetzt wieder durchmachen - ich verstehe sie. Ich habe Präsident Zelenskij empfangen, ich habe Verständnis. Aber wir brauchen Frieden. Ich sage: Aufhören! Halten wir eine Weile inne und suchen wir nach einem Friedensabkommen. Abkommen sind die wirkliche Lösung für dieses Problem. Für uns alle.“

Der Papst erinnerte daran, wie er persönlich am zweiten Tag des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine die russische Botschaft beim Heiligen Stuhl aufsuchte. „Ich hatte das Gefühl, dass ich dorthin gehen musste, und ich sagte, ich sei bereit, zu Putin zu gehen, wenn es helfen würde. Der Botschafter war ein guter Mann, jetzt ist er nicht mehr im Amt, er ist ein Beamter aus Russland. Und von dem Moment an hatte ich eine gute Gesprächsbasis mit der russischen Botschaft. Als ich Gefangene benannte, wandte ich mich an die Botschaft, und sie kamen frei, sogar einige der Asow-Gruppe kamen frei. Kurz, die Botschaft hat sehr gute Arbeit geleistet, indem sie Menschen befreit hat, die befreit werden konnten. Aber der Dialog endete dort. Dann schrieb mir Lawrow (russischer Außenminister, Anm. d. Red.): ,Ich danke Ihnen, wenn Sie kommen wollen, aber das ist nicht nötig.´ Ich wollte zu beiden Seiten gehen.“

Archivbild: Der Papst und einige Flüchtlinge auf Lesbos beim Besuch am 5. Dezember 2021
Archivbild: Der Papst und einige Flüchtlinge auf Lesbos beim Besuch am 5. Dezember 2021

Die Tragödie der Migranten

„Ich bin der Sohn von Migranten“, sagte der Papst, „aber in Argentinien sind wir 46 Millionen, glaube ich, und die Ureinwohner dort sind 6 Millionen, nicht mehr. Die anderen sind alle Migranten! Es ist wirklich ein Land der Migrationen: Italiener, Spanier, Ukrainer, Russen, Menschen aus dem Nahen Osten. Und jene aus dem Nahen Osten nennen wir in Argentinien Türken, weil sie mit türkischen Pässen aus dem großen Osmanischen Reich gekommen sind. Ich bin es gewohnt, in einem Land von Migranten zu leben. Mein Vater arbeitete bei der Bank von Italien und wanderte nach Argentinien aus, er blieb dort und starb dort, er hatte dort seine Familie. Für mich ist die Erfahrung der Migration etwas wirklich Existenzielles, nicht die Tragödie von heute. Es gab schlimme Migrationen in der Nachkriegszeit, aber heute ist es immer noch eine sehr dramatische Sache, und es gibt fünf Länder, die am meisten unter der Migration leiden: Zypern, Griechenland, Malta, Italien und Spanien. Sie sind diejenigen, die die meisten Menschen aufnehmen. Ich empfehle immer die Lektüre eines Buches, das von einem dieser Migranten geschrieben wurde, der mehr als drei Jahre gewartet hat, um von Ghana nach Spanien zu gelangen: Es heißt ,Kleiner Bruder´, ,Hermanito´ auf Spanisch.“ In dem Buch scheint die Grausamkeit der Migration auf. 

„Ich bin der Sohn von Migranten.“

Europa müsse sich mit diesen fünf Ländern, die nicht alle aufnehmen können, solidarisch zeigen, forderte der Papst, und die europäischen Regierungen müssten in einen Dialog treten. Er verwies auf die vielen kleinen Dörfer auf dem Land „mit zehn, fünfzehn älteren Leuten, die Menschen brauchen, um dort zu arbeiten“. Er selbst habe zu einer Migrationspolitik in vier Schritten aufgerufen: sie aufnehmen, sie begleiten, sie fördern und ihnen ermöglichen zu arbeiten. „Sie sollen sich einfügen“, hob Franziskus hervor. Eine solche Migrationspolitik koste Geld. „Aber ich denke an Schweden, das zu Zeiten der lateinamerikanischen Diktaturen eine gute Arbeit gemacht hat... Eine Migrationspolitik muss konstruktiv sein, zum Wohl des Landes und zum Wohl der Menschen und auch gesamteuropäisch." Er habe es gut gefunden, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kürzlich nach Lampedusa reiste, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. „Ich finde das gut, weil sie versucht, das zu übernehmen.“

Frauen in der Kirche

„Hier im Vatikan gibt es mehr Frauen in der Arbeit, zum Beispiel ist der Vize im Governatorat des Vatikanstaates eine Frau, eine Ordensschwester. Der Gouverneur hat eine etwas allgemeinere Rolle, aber sie ist diejenige, die die Verantwortung trägt. Im Wirtschaftsrat gibt es sechs Kardinäle und sechs Laien, von diesen sechs Laien sind fünf Frauen.“

Dann gebe es im Vatikan bereits Frauen anstelle von Priestern in der Funktion des Sekretärs, also der „Nummer zwei" eines Dikasteirums. Franziskus zählte die betreffenden zwei Einrichtungen auf: das Ordensdikasterium und das Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen. Im Bischofsdikasterium hingegen, das die Ernennung neuer Bischöfe vorbereitet, habe er drei Frauen zu Mitgliedern ernannt, „weil Frauen Dinge verstehen, die wir Männer nicht verstehen“. Frauen hätten ein besonderes Gespür für gewisse Situationen und müssten „in die normale Arbeit der Kirche einbezogen werden“.

„Maria ist wichtiger als Petrus, weil die Kirche eine Frau ist“


Anders verhält es sich - so Franziskus - mit der Frauenweihe, also dem Zugang von Frauen zum priesterlichen Dienst, der in einigen Teilen der Weltkirche diskutiert wird. „Das ist ein theologisches Problem, kein Verwaltungsproblem", erklärte der Papst. „Frauen können alles in der Kirche tun, sogar Gouverneurin sein, da gibt es kein Problem. Aber vom theologischen, ämterbezogenen Standpunkt aus sind es zwei unterschiedliche Dinge: das petrinische Prinzip, das der Jurisdiktion, und das marianische Prinzip, das das wichtigere ist, weil die Kirche eine Frau ist, die Kirche ist eine Braut, die Kirche ist nicht männlich, sie ist eine Frau. Es braucht eine Theologie, um das zu verstehen, und die Macht der weiblichen Kirche und der Frauen in der Kirche ist stärker und wichtiger als die der männlichen Amtsträger. Maria ist wichtiger als Petrus, weil die Kirche eine Frau ist. Aber wenn wir das auf einen Funktionalismus reduzieren wollen, haben wir verloren.“

Synode und Zölibat

Für Franziskus war das Ergebnis der Synode zur Synodalität positiv. Über alles sei „in völliger Freiheit“ gesprochen worden:

„Und das ist eine wunderbare Sache, und es ist uns gelungen, ein Schlussdokument zu erstellen, das in diesem zweiten Teil für die nächste Sitzung im Oktober studiert werden muss, wie dasjenige über die Familie, auch dies ist eine Synode in zwei Phasen. Ich glaube, wir sind zu eben jener Übung der Synodalität gelangt, die Paul VI. am Ende des Konzils gewünscht hatte, weil er erkannt hatte, dass die Kirche des Westens die synodale Dimension verloren hatte, während die Kirche des Ostens sie hat.“

„Der Priester muss ein Vater sein, er muss in eine Gemeinschaft eingegliedert sein“

Auf eine Frage zum Zölibat der Priester erklärte er: „Es handelt sich um ein positives (also menschengemachtes, Anm.) Gesetz, nicht um ein Naturgesetz: In den katholischen Ostkirchen dürfen verheiratete Männer zu Priester geweiht werden, während es in den westlichen Kirchen eine Disziplin gibt, die, glaube ich, im 12. Jahrhundert festgelegt wurde. Aber es ist ein Gesetz, das problemlos abgeschafft werden könnte. Ich glaube nicht, dass es hilft. Denn das Problem ist ein anderes. Es hilft nicht. Es stimmt, dass es eine üble Sache beseitigen würde, die einige Priester haben: Sie sind ,alte Jungfern'. Ich weiß nicht, ob man das auf Italienisch sagen kann, diese Spiritualität der alten Jungfern. Der Priester muss ein Vater sein, er muss in eine Gemeinschaft eingegliedert sein. Manchmal beunruhigt mich das sehr, wenn der Priester in sich hineinschaut und sich zu einer Überfigur macht. Das gefällt mir nicht, weil er dann den Kontakt verliert. Ich erinnere mich, dass ich einmal einen 65-jährigen Mann traf, ich glaube, er war Pfarrer von drei kleinen Dörfern in den Bergen, jedes Dorf hatte fünfhundert Seelen. Ich fragte: ,Wie machst du das? Kennst du die Leute?´ Er lächelte und sagte: ,Ich kenne sogar die Namen der Hunde der Leute.´ Diese Priester, die eingebettet sind, sind echte Gemeindeväter. Wenn der Priester ein bisschen ,überheblich´ daherkommt, haben wir verloren.“

Zum Thema homosexuelle Paare antwortete Franziskus: „Die Kirche nimmt die Menschen auf, alle, und fragt nicht, wer sie sind. Dann wächst und reift jeder in seiner christlichen Zugehörigkeit. Es stimmt, dass es heute ein wenig in Mode ist, darüber zu reden. Die Kirche nimmt jeden auf. Eine andere Sache ist, wenn es Organisationen gibt, die eintreten wollen. Das Prinzip ist folgendes: Die Kirche nimmt jeden auf, der getauft werden kann. Organisationen können nicht getauft werden. Menschen schon.“

Kampf dem Missbrauch: Noch viel zu tun

Franziskus erklärte dann im Interview mit dem Direktor von Tg1, dass er die Arbeit von Benedikt XVI. fortführe. „Es wurde eine Menge aufgeräumt. Es waren alles Fälle von Missbrauch, und selbst von der Kurie wurden einige weggeschickt. Papst Benedikt XVI. war in dieser Hinsicht mutig. Er hat das Problem in die Hand genommen und viele Schritte getan und es dann zum Abschluss gebracht. Das geht weiter. Missbrauch, sei es Gewissensmissbrauch, sei es sexueller Missbrauch, sei es sonst irgendetwas, ist nicht hinnehmbar. Er steht im Widerspruch zum Evangelium, das Evangelium ist Dienst, nicht Missbrauch, und wir sehen so viele Bischofskonferenzen, die gute Arbeit bei der Untersuchung des sexuellen Missbrauchs geleistet haben, aber auch andere.“

Es gab zuvor keine Kultur, die gegen Missbrauch vorging, vor allem außerhalb der Kirche: Die Statistik, die er von einer internationalen Organisation erhalten habe, die sich mit diesem Thema befasst, besage, dass 42 bis 46 Prozent des Missbrauchs in der Familie oder in der Nachbarschaft stattfinde, „und die Menschen haben die Angewohnheit, dies zu vertuschen“. Das sei hässlich. Die Kirche habe viel im Kampf gegen die Pädophilie getan habe, „aber es bleibt noch viel zu tun“.

Und dann? 

Was die Kirche nach seinem Pontifikat betrifft, sagte er: „Der Herr weiß es, aber es gibt immer die Melancholie der Vergangenheit. Sie wird auch kommen. Sie ist in den Institutionen und auch in der Kirche präsent. Es sind diejenigen, die zurückgehen wollen, das sind die ,Rückwärtsgehenden'. Die nicht akzeptieren, dass die Kirche vorwärts geht, dass sie in Bewegung ist. Weil die Kirche immer in Bewegung ist, muss sie wachsen.“

Und die Art und Weise, Kirche zu sein, müsse auch mit den drei Prinzipien wachsen, von denen der Kirchenvater Vinzenz von Lérins schon im fünften Jahrhundert sprach. „Von der Wurzel her, so wie der Saft im Baum wächst, aber immer an der Wurzel befestigt“, erläuterte der Papst. Eine Kirche, die sich von den Wurzeln löse, gehe rückwärts und verliere diesen Saft der gesunden Tradition, was nicht Konservatismus ist: „Die Tradition wächst. Und sie muss sich vorwärts bewegen. Denken Sie zum Beispiel an die Todesstrafe. Heute sagen wir, dass die Todesstrafe moralisch nicht akzeptabel sei." Ähnlich sei es beim Thema Sklaverei zugegangen. „Früher waren Sklaven normal. Heute sind sie nicht mehr normal. Das moralische Gewissen wächst. Auch beim Punkt Besitz von Atomwaffen ist es ähnlich.“ Franziskus hatte erklärt, dass nicht nur das Benutzen, sondern schon der Besitz von Atomwaffen unmoralisch sei.

Auf die Frage, wovor er Angst habe, antwortete der Papst: „Es kommen kleine Ängste. Dass dies oder jenes passiert." Richtig Angst mache ihm aber der Krieg im Heiligen Land. „Diese Leute wissen nicht, wie das enden wird. Aber es ist vor dem Herrn geklärt. Nicht, dass die Ängste verschwinden. Aber sie bleiben, sagen wir, auf menschliche Art und Weise. Es ist gut, Ängste zu haben.“

„Denken Sie an den heiligen Paul VI. Er wurde mit allen möglichen Bezeichnungen bedacht, weil er ein Erneuerer war.“

Auf die Frage, ob er von manchen als „linker Papst“ bezeichnet werde, antwortete Franziskus: „Ich mag das nicht, wenn man von rechts oder links spricht. Das sind Etiketten, die nicht real sind. Die wirklichen Zuschreibungen sollten sein: Ist er konsequent, ist er nicht konsequent? Sind die Dinge, die er vorschlägt, im Einklang mit den Wurzeln oder sind es seltsame Dinge? Denken Sie an den heiligen Paul VI. Er wurde mit allen möglichen Bezeichnungen bedacht, weil er ein Erneuerer war.“

Und er habe nichts Linkes, nichts Kommunistisches gehabt, so Franziskus. Es sei nicht einfach zu verstehen, was das bedeutet, gab er zu.

COP28
COP28

„Ich fahre nach Dubai zur COP28“

„Ja, ich fliege nach Dubai. Ich denke, ich reise vom 1. Dezember bis zum 3. Dezember. Ich werde drei Tage dort bleiben. Ich erinnere mich, als ich in Straßburg im Europäischen Parlament war und Präsident Hollande die Umweltministerin Ségolène Royal zu mir schickte, um mich zu empfangen, und sie mich fragte: ,Also bereiten Sie etwas zum Thema Umwelt vor? Machen Sie das vor dem Treffen in Paris?´. Ich rief einige Wissenschaftler an, die sich beeilten: ,Laudato si' kam vor Paris heraus. Und das Treffen in Paris war das schönste von allen. Nach Paris haben alle einen Rückzieher gemacht, und man braucht Mut, um in diesem Bereich voranzukommen. Nach ,Laudato si' baten fünf wichtige Ölfunktionäre um einen Termin. Alle, um sich zu rechtfertigen - das erfordert Mut."

Er wisse von einem Land, einer Insel im Pazifischen Ozean, das Land in Samoa kauft, um seine Einwohner dorthin  umzusiedeln, weil die Insel in zwanzig Jahren unter dem Meeresspiegel liegen wird. „Aber das glauben wir nicht. Es ist noch Zeit, das aufzuhalten. Unsere Zukunft steht auf dem Spiel. Die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder. Wir brauchen eine gewisse Verantwortung." 

Franziskus verriet auch, dass er 1975 das letzte Mal am Meer gewesen sei, obwohl er es „sehr mag“. Und er erinnerte sich daran, dass er verlobt war, bevor er seine religiöse Berufung entdeckte, mit „einem sehr guten Mädchen. Sie arbeitete im Kino. Sie war gut. Dann habe ich sie als Erzbischof von Buenos Aires wieder getroffen, in einer Pfarrei mit ihrem Mann und ihren Kindern“.

Glaube und Gesundheit

Auf die Frage, ob sein Glaube jemals ins Wanken geraten sei, antwortet der Papst: „Im Sinne eines Verlustes, nein. Aber in dem Sinne, dass man ihn nicht spürt und auf dunklen Pfaden wandelt, schon: Wo ist der Herr? Haben wir das Gefühl, dass der Herr sich versteckt, wo ist er allein? Oder gehen wir rückwärts und weg von ihm? Wo bist du, Herr? Und warum löst du das nicht? Und du hörst den Herrn innerlich sagen, ich habe doch keinen Zauberstab. Der Herr ist kein Magier. Er ist etwas ganz anderes.“

Zu seinem Gesundheitszustand sagt er: „Ich habe ein Knieproblem, das sich langsam bessert. Jetzt kann ich gut gehen. Und dann hatte ich zwei Bauchoperationen: die erste wegen einer Divertikulitis in meinem Dickdarm, sie haben ein Stück herausgenommen. Und dann das, was passiert, wenn sie den Bauch öffnen. Bei der letzten OP wurde das gereinigt, ich habe die Videoaufnahme gesehen, es fehlte nur die Seife, sozusagen. Sie haben die Verwachsungen abgewaschen. Und jetzt geht es mir gut. Ich kann alles essen.“

Pelé
Pelé

„Zwischen Maradona und Messi bevorzuge ich Pelé“

Schließlich antwortete der Papst auf die Frage, wen er zwischen den beiden großen argentinischen Spielern Maradona und Messi bevorzugt. „Ich werde einen dritten sagen: Pelé. Sie sind die drei, die ich verfolgt habe. Maradona war als Spieler ein Großer. Aber als Mensch hat er versagt. Der arme Kerl ging zugrunde, weil jene, die ihn umjubelten, ihm nicht halfen. Er kam im ersten Jahr meines Pontifikats zu mir, und dann verstarb der arme Mann. Es ist seltsam: So viele Sportprofis nehmen ein schlechtes Ende, auch beim Boxen. Messi ist sehr korrekt. Er ist ein Gentleman. Aber für mich ist von diesen dreien der große Gentleman Pelé. Ein Mann mit Herz. Ich habe mit Pelé gesprochen, ich habe ihn einmal in einem Flugzeug getroffen, als ich in Buenos Aires war, wir haben uns unterhalten. Ein Mann von so großer Menschlichkeit. Sie sind alle drei großartig. Jeder mit seiner eigenen Besonderheit. Messi ist im Moment gut. Und Pelé war gut.“

(vatican news - mg)

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01. November 2023, 21:15