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„Stade Velodrome“ in Marseille, wo die Papstmesse stattfindet - im Hintergrund die Basilika „Notre Dame de la Garde“ „Stade Velodrome“ in Marseille, wo die Papstmesse stattfindet - im Hintergrund die Basilika „Notre Dame de la Garde“   (AFP or licensors)

Papst reist nach Marseille: „Uns bewahren vor allem, was entmenschlicht"

Ein „Mosaik der Hoffnung“ wollen diese Woche in der französischen Hafenstadt Marseille junge Gläubige verschiedener Religionen und Kirchenvertreter aus 30 Ländern legen. Papst Franziskus schließt die Tage der „Mittelmeer-Begegnung“ im Rahmen eines zweitägigen Pastoralbesuches mit einer Heiligen Messe ab.

Anne Preckel – Vatikanstadt

Gemeinsam hoffen und Geschwisterlichkeit leben: So lässt sich das Anliegen der Begegnungstage „Les Rencontres Méditerranéennes“ in Marseille (16.-24. September 2023) auf den Punkt bringen, die mit einer gemeinsamen Konferenz von Kirchenvertretern und jungen Leuten und einem Programm an Kulturveranstaltungen aufwarten: Gebete und Gespräche, Kulturevents und Solidaritätsveranstaltungen sehen in dieser Woche die Teilnahme von Vertretern verschiedener Konfessionen und Religionen, von Verbänden und Unternehmen, Bedürftigen und Migranten, Einheimischen und Touristen - und am Freitag und Samstag von Papst Franziskus, der im Rahmen eines zweitägigen Pastoralbesuches in die Stadt reist.

Mosaik der Hoffnung

Der Mittelmeerraum ist ein Mosaik der Kulturen, Völker und Religionen – in Marseille wird dies zur Botschaft: unter dem Motto „Mittelmeer: Mosaik der Hoffnung“ wollen die Teilnehmer der „Rencontres Méditerranéennes“ angesichts von Tendenzen der Entfremdung und Verhärtung in Europa ein gemeinsames Zeichen der Geschwisterlichkeit und Solidarität setzen, das mit Franziskus‘ Besuch ein Ausrufezeichen erhält.

Vatikansprecher Matteo Bruni hob am Dienstag vor Journalisten die interreligiöse und ökumenische Dimension der Veranstaltung hervor. Die MED23-Begegnungen in Marseille böten Gelegenheit, „Dialog und eine Kultur der Begegnung zwischen den Küsten des Mittelmeerraums wachsen zu lassen“. Dabei spielten die Regionen Nordafrika, der Nahe Osten, der Balkan und das westliche Europa eine Rolle. Neues Element dieser Mittelmeer-Konferenz sei, dass explizit junge Leute involviert seien - 70 Vertreter der jungen Generationen traten laut Programm in Marseille in Erscheinung, gemeinsam mit 70 Bischöfen. 

Bruni nannte zwei weitere Schlüsselthemen der Reise: Migration und Umwelt. Immer wieder habe Franziskus vom Mittelmeer als einem der größten weltweiten Friedhöfe gesprochen. Der Papst, der 2013 als quasi erste Amtshandlung Flüchtlinge auf Lampedusa besuchte, dürfte in Marseille erneut zur Fürsorge für die Menschen an den Rändern Europas aufrufen – in einer Zeit, in der statt Aufnahme Nationalismen, statt Solidarität Kalkül die Oberhand gewinnen und Menschen nach wie vor buchstäblich untergehen – wie in diesen Tagen ein Säugling vor Lampedusa. Wie der gastgebende Erzbischof von Marseille, Kardinal Jean-Marc Aveline, ankündigte, wird Franziskus in Marseille u.a. Zeugnisse von Migranten anhören, die über eine gefährliche Route an der französisch-italienischen Grenze in das Land kamen.

Begegnung mit Macron

Am Freitagnachmittag, seinem ersten Reisetag, nimmt Franziskus an einem Marianischen Gebet in der Basilika „Notre Dame de la Garde“ und an einem interreligiösen Gedenken für ertrunkene Seeleute und Migranten teil. Am Samstag nimmt er an der Abschluss-Konferenz mit Kirchenvertretern, jungen Leuten und Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft teil und schließt die „Rencontres Méditerranéennes“ am Nachmittag mit einer Heiligen Messe ab, bevor es zurück in den Vatikan geht.

Den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron trifft Franziskus nach mehreren Begegnungen im Vatikan (2018, 2021 und 2022) in Marseille ein weiteres Mal. Macron will auch an der Abschlussmesse mit Papst Franziskus teilnehmen. 

Alle Papstansprachen in Marseille sind auf Italienisch. Begleitet wird der Papst von den Kardinälen Miguel Ángel Ayuso Guixot, Dominique Mamberti, Michael Czerny, Robert Francis Prevost, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und Erzbischof Edgar Peña Parra. Radio Vatikan überträgt alle Programmpunkte live und mit deutschem Kommentar über unsere Homepage, Facebook und Youtube, hier alle Zeiten und Programmpunkte im Überblick.

Stimmen aus Marseille

„Wir brauchen Bewahrung vor allem, was uns entmenschlicht, vor allem, was uns daran hindert, Gott und unsere Geschwister zu lieben“

Pater Olivier Spinosa ist Rektor der Basilika Notre-Dame de la Garde, wo am Freitag das Marianische Gebet für die auf See verstorbenen Seeleute und Migranten mit dem Papst stattfindet. Der Rektor sieht im Gebet zur Gottesmutter heute vor allem einen Sinn:

„Wir brauchen Bewahrung vor allem, was uns entmenschlicht, vor allem, was uns daran hindert, Gott und unsere Geschwister zu lieben. Behüten bedeutet nicht, dass uns nichts passieren darf, sondern vielmehr, dass wir inmitten von Krisen behütet, beschützt und im Glauben bestärkt werden“, so der Priester aus Marseille. „Mit äußerster Kongruenz ist es genau das, was der Nachfolger Petri zu tun kommt: Uns im Glauben und in dem Willen zu bestärken, jedem Menschen gegenüber aufmerksam zu sein.“

Kardinal Aveline, Erzbischof von Marseille, sieht in den Begegnungen in Marseille und dem Papstbesuch einen klaren Auftrag an alle Gläubigen:

„Stellen wir uns in den Dienst aller, damit wir auf den Bruchlinien, die heute den Mittelmeerraum zerreißen und die so viele Menschen, Arme, Benachteiligte oder Migranten betreffen, dazu beitragen, dass auf der Kälte der Welt das Lächeln der Geschwisterlichkeit erblüht“, sagte der Kardinal am vergangenen Wochenende in einer Predigt vor Auftakt der „Rencontres Méditerranéennes“. Die Ortskirche hatte sich in den Tagen zuvor mit einer Novene im Gebet vorbereitet.

Franziskus werde in Marseille auch mit einigen Migranten zusammentreffen, die über die „Via Alpina“, die durch Briançon führt, nach Frankreich gekommen sind, gab Kardinal Aveline bei einer Pressekonferenz weiter bekannt. Die Begegnung finde beim Besuch des Papstes in der Gedenkstätte für ertrunkene Seeleute und Migranten am Freitagnachmittag statt. Dort würden auch Verbände vertreten sein, die sich für Migranten engagieren, anwesend sein, so der Erzbischof von Marseille.

Briançon liegt an der französisch-italienischen Grenze. Migranten versuchen dort, die Grenze auf gefährlichen Wegen in großer Höhe zu überqueren, um den französischen Kontrollen zu entgehen. Die Route ist auch wegen der extrem niedrigen Temperaturen sehr schwierig. Migranten, die es geschafft haben, die Grenze zu überqueren, werden laut Aveline Papst Franziskus in Marseille von ihren schwierigen Lebensbedingungen berichten.

Beim Angelus bat der Papst am Sonntag um Gebet für seine Reise nach Marseille. Mit Blick auf die Migration rief er die Staaten dazu auf, das Problem gemeinsam anzugehen. Am selben Tag hatten die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Italiens Premierministerin Meloni die Insel gemeinsam besucht. In Marseille ist im Rahmen von Franziskus' Pastoralbesuch auch ein offizielles Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorgesehen. 

 

Mit Material von Delphine Allaire – Vatican News (derzeit in Marseille)

- Update am 19. September 13.30 Uhr: Pressebriefing Bruni vom Dienstag -

 

(vatican news/sir – pr)
 

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19. September 2023, 12:52