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Generalaudienz: Die Katechese im Wortlaut

Wir dokumentieren an dieser Stelle den Wortlaut der Katechese des Papstes in einer Arbeitsübersetzung von Radio Vatikan. Sämtliche Wortmeldungen des Papstes finden Sie auf vatican.va.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Wir setzen unsere Katechesenreihe zur Leidenschaft für die Verkündigung des Evangeliums fort und blicken heute nach Lateinamerika. Dort hat die Evangelisierung eine Quelle, die stets lebendig ist: Guadalupe. Natürlich war das Evangelium schon vor den Erscheinungen dorthin gelangt, wenn auch leider gepaart mit weltlichen Interessen. Statt den Weg der Inkulturation einzuschlagen, hat man sich nur allzu oft für den schnellen Weg der Verpflanzung und des Aufzwingens vorgefertigter Modelle entschieden, ohne jeglichen Respekt vor der einheimischen Bevölkerung.

Der Glaube wird mit dem Leben weitergegeben...

Unsere Liebe Frau von Guadalupe dagegen zeigt sich in den Kleidern der Indigenen; sie spricht ihre Sprache, liebt die lokale Kultur und nimmt sie an: Sie ist Mutter, und unter ihrem Mantel ist Platz für jedes ihrer Kinder. In Maria ist Gott Mensch geworden und durch Maria tritt er noch heute in das Leben der Völker ein. Die Gottesmutter verkündet Gott in der Sprache, die am besten dafür geeignet ist: unserer Muttersprache. Ja, das Evangelium wird in der Muttersprache weitergegeben. Und ich möchte mich bei den vielen Müttern und Großmüttern bedanken, die es an ihre Kinder und Enkelkinder weitergeben: Der Glaube wird mit dem Leben weitergegeben; und deshalb sind die Mütter und Großmütter ja auch die ersten Verkünderinnen. Und der Glaube wird – wie Maria zeigt – in der Einfachheit vermittelt: Die Gottesmutter wählt immer die Einfachen, auf dem Berg Tepeyac in Mexiko wie in Lourdes und Fatima: Sie spricht zu ihnen, sie spricht zu jedem von uns; in einer Sprache, die für alle geeignet und verständlich ist, wie die Sprache Jesu.

Das Böse ertragen können...

Sehen wir uns das Zeugnis des heiligen Juan Diego an, Bote Unserer Lieben Frau von Guadalupe. Er war ein einfacher Mann aus dem Volk, ein Indio: Auf ihm ruhte der Blick Gottes, der es liebt, durch die Kleinen Wunder zu wirken. Als Juan Diego zum Glauben fand, war er bereits erwachsen und verheiratet. Im Dezember 1531 war er etwa 55 Jahre alt. Eines Tages sieht er auf einem Hügel die Mutter Gottes, die ihn zärtlich „mein kleiner geliebter Sohn Juanito“ nennt (Nican Mopohua, 23). Sie schickt ihn zum Bischof, den er bitten soll, dort, wo sie erschienen war, ein Heiligtum zu bauen. Juan Diego macht sich mit der Großzügigkeit seines reinen Herzens bereitwillig auf den Weg, wird aber zuerst nicht vorgelassen. Als es ihm schließlich doch gelingt, mit dem Bischof zu sprechen, glaubt man ihm nicht. Die Muttergottes erscheint ihm erneut; sie tröstet ihn und bittet ihn, es noch einmal zu versuchen. Der Indio kehrt zum Bischof zurück und kann nach vielen Hindernissen auch mit ihm sprechen, aber – nachdem er ihn angehört hat – schickt ihn der Bischof fort und lässt ihn von seinen Männern verfolgen.

Und hier zeigt sich die Mühsal, die Prüfung der Verkündigung: Trotz des Eifers muss man mit dem Unerwarteten rechnen, das manchmal von der Kirche selbst kommt. Für die Verkündigung reicht es nämlich nicht aus, das Gute zu bezeugen – man muss auch das Böse ertragen können. Vergessen wir das nicht: Für die Verkündigung des Evangeliums genügt es nicht, das Gute zu bezeugen, man muss auch das Böse ertragen können. Ein Christ tut Gutes, aber erträgt das Böse. Beide gehören zusammen, so ist das Leben. Auch heute noch braucht es für die Inkulturation des Evangeliums und die Evangelisierung der Kulturen an vielen Orten Ausdauer und Geduld! Man darf keine Angst vor Konflikten haben – und man darf sich nicht entmutigen lassen! Ich denke an ein Land, in dem die Christen verfolgt werden, weil sie Christen sind und ihre Religion nicht gut und in Frieden ausüben können.

Juan Diego aber ist entmutigt, weil der Bischof ihn zurückgeschickt hat. Er bittet die Gottesmutter, ihn zu entlassen und einen angeseheneren, fähigeren Nachfolger zu finden. Aber sie fordert ihn auf, durchzuhalten. Die Verkündigung birgt immer die Gefahr einer gewissen Kapitulation: Wenn etwas nicht gleich klappt, zieht man sich zurück, man ist entmutigt und flüchtet sich vielleicht in die eigenen Gewissheiten, in kleine Gruppen oder persönliche Frömmigkeitsübungen. Die Gottesmutter aber tröstet uns, sie lässt uns weitergehen, sie lässt uns wachsen: wie eine gute Mutter, die die Schritte ihres Kindes überwacht und es an die Herausforderungen dieser Welt heranführt.

Von der Gottesmutter ermutigt, kehrt Juan Diego also zum Bischof zurück, der ihn um ein Zeichen bittet. Die Gottesmutter verspricht ihm ein solches und tröstet ihn mit den Worten: „Nichts soll dich erschrecken, nichts soll dich betrüben (…); bin ich denn nicht hier, deine Mutter?“ Es ist schön, oft, wenn wir verzweifelt, traurig, in Schwierigkeiten sind, sagt die Gottesmutter das auch zu uns, in unserem Herzen: „Bin ich denn nicht hier, deine Mutter?“ Immer nahe, um uns zu trösten und uns die Kraft zu geben, um vorwärts zu gehen. Dann bittet sie ihn, auf den Hügel zu gehen, um auf dem dürren Boden dort Blumen zu pflücken.

Es ist Winter, aber Juan Diego findet trotzdem wunderschöne Blumen. Er hüllt sie in seinen Mantel und bietet sie der Mutter Gottes an, die ihn auffordert, sie dem Bischof als Beweis zu bringen. Er tut wie ihm geheißen, wartet geduldig, bis er an der Reihe ist, öffnet seine Tilma und schüttet die Blumen vor dem Bischof aus. Und siehe da: Auf dem Stoff des Umhangs zeigt sich das Bild der Muttergottes – jenes außergewöhnliche und lebendige Bild Mariens, das wir alle kennen, und in deren Augen sich noch immer die Protagonisten von damals spiegeln. Das ist die Überraschung Gottes: Wo es Bereitschaft und Gehorsam gibt, kann er Unerwartetes vollbringen, in Zeiten und auf Wegen, die wir nicht vorhersehen können. Und so wird das Heiligtum, um das die Jungfrau gebeten hat, dann auch tatsächlich gebaut.

Juan Diego lässt alles hinter sich und widmet den Rest seines Lebens – mit Erlaubnis des Bischofs – dem Heiligtum. Er nimmt die Pilger auf und evangelisiert sie. Das ist es, was in den Marienheiligtümern, an den Wallfahrtsorten und den Orten der Verkündigung geschieht, wo sich jeder zu Hause fühlt, Heimweh und Sehnsucht nach dem Himmel verspürt. Dort wird der Glaube auf eine echte, einfache und volkstümliche Weise angenommen, und die Gottesmutter hört – wie sie Juan Diego sagte – unsere Rufe und heilt unsere Schmerzen (vgl. ebd., 32). Wir müssen diese Oasen des Trostes und der Barmherzigkeit aufsuchen, wo der Glaube in der Muttersprache zum Ausdruck kommt, wo wir die Mühen des Lebens in den Armen der Muttergottes abladen können und mit Frieden im Herzen wieder zum Leben finden.

(vaticannews - übersetzung: silvia kritzenberger)

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23. August 2023, 09:52

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