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Beim Weihnachtsempfang für die Römische Kurie Beim Weihnachtsempfang für die Römische Kurie 

Papst wünscht Kurienspitzen zu Weihnachten Umkehr und Frieden

Papst Franziskus hat seine ranghöchsten Mitarbeiter in der Kurie dazu eingeladen, die innere Haltung der Dankbarkeit zu pflegen, miteinander wohlwollend umzugehen und sich in Wachsamkeit zu üben, um „gut erzogene Dämonen“ zu erkennen und zu verbannen. Der Papst erklärte den Kurienspitzen beim traditionellen Weihnachtsempfang auch, warum er mitunter Dinge sagt, „die hart und streng klingen“.

Gudrun Sailer – Vatikanstadt

Dankbarkeit, Bekehrung und Frieden: Diese drei Weihnachtswünsche gab Papst Franziskus seinen wichtigsten Mitarbeitern mit auf den Weg, als er sie an diesem Donnerstag zum alljährlichen Weihnachtsempfang in die Segnungsloggia des Petersdoms bat. Unter den leitenden Mitarbeitern sind im Übrigen immer mehr Frauen, seit 2015 beginnt Franziskus seine Weihnachtsrede an die Kurie mit der Anrede „Liebe Brüder und Schwestern“ statt nur mit „Liebe Brüder“ wie die Päpste vor ihm.

Was Franziskus den etwa Hundert Personen umfassenden Stab seiner Führungsriege beim Heiligen Stuhl zu sagen hatte, war auch in diesem Jahr im Wesentlichen eine Anleitung zur Gewissenserforschung. Der Papst rief seine leitenden Mitarbeiter zunächst dazu auf, beim Nachdenken über ihr Leben „immer von der Erinnerung an das Gute“ auszugehen. Die entsprechende Haltung dafür ist Dankbarkeit, und diese innere Haltung empfahl der Papst konsequent einzuüben. Sonst nämlich käme nur „eine Liste unserer Schwächen“ heraus, und das Wichtigste bliebe im Dunkeln, nämlich „die Gnaden, die der Herr uns jeden Tag gewährt“.

In der Segnungsaula des Petersdoms
In der Segnungsaula des Petersdoms

„Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist der Gedanke, dass wir keine Bekehrung mehr brauchen“

Der zweite Punkt, den Franziskus seinen leitenden Mitarbeitern ans Herz legte: Bekehrung. „Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist der Gedanke, dass wir keine Bekehrung mehr brauchen, sowohl auf persönlicher als auch auf gemeinschaftlicher Ebene“, erklärte Franziskus. „Wenn wir glauben, alles gelernt zu haben, verfallen wir in geistlichen Hochmut.“ Bekehrung sei immer Hinwendung zum Evangelium, und dieser Prozess sei nie abgeschlossen.

Hier zum Hören:

Das Böse, „auch das, welches sich unter uns breitmacht“, zu benennen und zu verurteilen, sei aber nicht genug, fuhr der Papst fort. „Es ist an uns, uns angesichts des Bösen für die Umkehr zu entscheiden. Das bloße Anprangern mag uns die Illusion vermitteln, dass wir das Problem gelöst haben, doch in Wirklichkeit geht es darum, Veränderungen zu bewirken, die uns erlauben, uns nicht länger von der Logik des Bösen, die sehr oft eine weltliche Logik ist, gefangen halten zu lassen.“

Beim Weihnachtsempfang
Beim Weihnachtsempfang

Wachsamkeit und tägliche Gewissenserforschung

Der Papst warnte an dieser Stelle vor einer besonderen Dynamik des Bösen: Gerade dort, wo man meine, das Böse aus der Seele vertrieben zu haben, komme es nach einer Weile mit Verstärkung und gut getarnt zurück, „in einem neuen Gewand“. „Wirkte es {das Böse} früher grob und gewalttätig, so verhält es sich jetzt eleganter und höflicher. Dann müssen wir es erneut erkennen und entlarven. Das sind die ,gut erzogenen Dämonen´: Sie kommen höflich herein, ohne dass ich es bemerke.“ Ausdrücklich empfahl Franziskus seinen leitenden Mitarbeitern, sich in Wachsamkeit zu üben und täglich ihr Gewissen zu erforschen, gerade deshalb, weil sie „innerhalb der Mauern der Institution, im Dienst des Heiligen Stuhls, im Herzen der Kirche“ arbeiten: „gerade deshalb könnten wir der Versuchung erliegen, zu denken, dass wir in Sicherheit sind, dass wir besser sind, dass wir uns nicht mehr bekehren müssen.“ Das Gegenteil ist der Fall, sagte Franziskus: „Wir sind in größerer Gefahr als alle anderen, weil wir vom ,gut erzogenen Dämon´ versucht werden, der nicht lärmend daherkommt, sondern Blumen mitbringt.“

Warum der Papst mit seinen Leuten hart redet

„Entschuldigt, Brüder und Schwestern“

An dieser Stelle wechselte der Papst in seiner Anleitung zur Gewissenserforschung auf eine Meta-Ebene: Er schwenkte auf seine Gewohnheit ein, die Mitarbeiter an der Kurie nicht immer sanft zu behandeln; ein öffentliches Beispiel dafür sind nicht zuletzt alle seine Weihnachtsansprachen an die Kurienspitzen. „Entschuldigt, Brüder und Schwestern", schickte er seiner Ausführung voran, „aber wenn ich manchmal Dinge sage, die hart und streng klingen, dann nicht, weil ich nicht an den Wert von Sanftheit und Zärtlichkeit glaube, sondern weil es gut ist, Zärtlichkeiten für die Müden und Bedrängten zu reservieren und den Mut zu finden, ,die Getrösteten zu betrüben´, … denn manchmal ist ihr Trost nur eine Täuschung des Teufels und keine Gabe des Geistes.“

In der Segnungsaula des Petersdoms
In der Segnungsaula des Petersdoms

„Das Evangelium ist immer das Evangelium des Friedens“

Das letzte Drittel seiner Weihnachtsansprache an die Kurie widmete Papst Franziskus dem Thema Frieden und verbaler Abrüstung. In der Ukraine und überall sonst: „Krieg und Gewalt sind immer eine Niederlage“, wiederholte das Kirchenoberhaupt, und Religion dürfe nie dazu dienen, Konflikte zu schüren. „Das Evangelium ist immer das Evangelium des Friedens, und im Namen keines Gottes kann ein Krieg für ,heilig´ erklärt werden.“ Franziskus zitierte den deutschen evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der durch die Hand der Nationalsozialisten starb und im Gefängnis schrieb, Weihnachten in Haft könne „vom Christlichen her…  kein besonderes Problem sein. … „Dass Elend, Leid, Armut, Einsamkeit, Hilfslosigkeit und Schuld vor den Augen Gottes etwas ganz anderes bedeuten als im Urteil der Menschen, … dass Christus im Stall geboren wurde, weil er sonst keinen Raum in der Herberge fand, - das begreift ein Gefangener besser als ein anderer und das ist für ihn wirklich eine frohe Botschaft“.

„Wenn wir wirklich wollen, dass das Kriegsgeschrei aufhört und dem Frieden Platz macht, dann müssen wir bei uns selbst anfangen“

Franziskus empfahl den Kardinälen, Bischöfen und Laien in Führungsfunktionen des Heiligen Stuhles eindringlich, miteinander wohlwollend zu sein und ihre Art der Kommunikation zu überdenken. Zunächst sollten sie „jede Wurzel des Hasses und des Grolls“ gegenüber anderen ausreißen. „Wir können uns fragen: Wie viel Bitterkeit ist in unserem Herzen? Wovon wird sie genährt? Was ist die Quelle der Wut, die oft Distanz zwischen uns schafft und Zorn und Groll schürt? Warum wird die Lästerei in all ihren Ausprägungen zur einzigen Art und Weise, wie wir über die Wirklichkeit sprechen? Wenn wir wirklich wollen, dass das Kriegsgeschrei aufhört und dem Frieden Platz macht, dann müssen wir bei uns selbst anfangen.“

Papst verurteilt Gewalt mit Worten und Machtmissbrauch

„Niemand soll seine Position und seine Rolle ausnutzen, um den anderen vor den Kopf zu stoßen“

Es gebe „nicht nur Waffengewalt, sondern auch verbale Gewalt, psychologische Gewalt, die Gewalt des Machtmissbrauchs, die versteckte Gewalt des Geschwätzes“, fuhr Franziskus fort. „Vor dem Friedensfürsten, der in die Welt kommt, lasst uns jedwede Waffe ablegen. Niemand soll seine Position und seine Rolle ausnutzen, um den anderen vor den Kopf zu stoßen.“ Stattdessen brauche es Barmherzigkeit und Vergebung und das Anerkennen, „dass der andere auch seine Grenzen hat“. Menschen und Institutionen seien begrenzt, „gerade weil sie menschlich sind“, die Vorstellung einer „reinen Kirche für die Reinen“ wäre Häresie. So wie Gott selbst solle jeder und jede den anderen immer wieder vergeben – und verstehen, „dass man heilig wird, indem man es immer wieder neu versucht.“

Zum Abschluss wünschte Franziskus persönlich jedem und jeder Anwesenden frohe Weihnachten. Er überreichte unter anderem jeweils eine Kopie des Buches über das Leben Jesu von Andrea Tornielli, dem Chefredakteur von „Vatican News“. Unter den Anwesenden beim Weihnachtsempfang des Papstes waren auch Erzbischof Georg Gänswein, der Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt, sowie Kardinal Angelo Becciu, der sich derzeit vor dem Vatikan-Tribunal gegen den Vorwurf der Korruption verteidigt. 

(vatican news – gs)

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22. Dezember 2022, 10:20