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Papst Franziskus spricht in Awali bei der Schlusszeremonie des „Bahrain Forum für Dialog: Ost und West für menschliche Koexistenz" Papst Franziskus spricht in Awali bei der Schlusszeremonie des „Bahrain Forum für Dialog: Ost und West für menschliche Koexistenz"  

Papst in Bahrain: Religionen als „Friedensgewissen" der Welt

Papst Franziskus hat im Königreich Bahrain eindringlich zum interreligiösen Dialog und zum gemeinsamen Friedenseinsatz aufgerufen: „Lasst uns konkrete Initiativen fördern, damit der Weg der großen Religionen immer proaktiver und beständiger wird, sodass er ein Friedensgewissen für die Welt ist!", so der Appell des Papstes.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

Das katholische Kirchenoberhaupt sprach zum Abschluss des Bahrain-Dialogforums „Ost und West für menschliche Koexistenz" am Freitag in Awali. Papst Franziskus erinnerte bei der Abschlussfeier auf dem Al-Fida-Platz an die zwei „schrecklichen Weltkriege" und den „Kalten Krieg, der die Welt jahrzehntelang in Atem gehalten hat". Auch aktuell sei die Menschheit „inmitten so vieler katastrophaler Konflikte in allen Teilen der Welt, inmitten von Anschuldigungen, Drohungen und Verurteilungen." Es sei jedoch noch nicht zu spät für eine Richtungsänderung. Gläubige müssten sich nun mit aller Kraft geeint gegen Wettrüsten und Krieg stemmen, appellierte Franziskus vor rund 150 Vertretern unterschiedlicher Religionsgemeinschaften und weiteren Teilnehmern des Dialogforums.

„Lasst uns diesen Weg gehen, liebe Freunde: Lasst uns unser Herz für unsere Geschwister weit machen, lasst uns auf dem Weg eines gegenseitigen Kennenlernens voranschreiten. Lasst uns stärkere Bande zwischen uns knüpfen, ohne Doppelzüngigkeit und ohne Furcht, im Namen des Schöpfers, der uns als Hüter unserer Brüder und Schwestern gemeinsam in die Welt gestellt hat. Und wenn verschiedene Mächtige untereinander um Interessen, Geld und Machtstrategien verhandeln, dann zeigen wir, dass ein anderer Weg der Begegnung möglich ist. Möglich und notwendig, denn Gewalt, Waffen und Geld werden die Zukunft niemals mit Frieden einfärben."

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Absage an Terror und imperialistische Visionen

„Wenn verschiedene Mächtige untereinander um Interessen, Geld und Machtstrategien verhandeln, dann zeigen wir, dass ein anderer Weg der Begegnung möglich ist. Möglich und notwendig, denn Gewalt, Waffen und Geld werden die Zukunft niemals mit Frieden einfärben“

Gewalt im Namen der Religion, Terrorismus, „despotische, imperialistische, nationalistische und populistische Modelle und Visionen" verurteilte Franziskus ebenfalls deutlich. In freier Rede fügte Franziskus später in seiner Ansprache auch einen erneuten konkreten Friedensappell für die Ukraine ein und forderte, „ernsthafte Friedensverhandlungen zu starten". Zuvor hatten bereits die Vorredner des Papstes, der König von Bahrain, Hamad bin Isa Al Chalifa, und der Großscheich der Kairoer Al-Azhar-Universität, Ahmed al-Tayyeb, den Ukraine-Krieg in ihren Ansprachen erwähnt. Auch sie warben für interreligiösen Dialog, Toleranz und Zusammenarbeit. Die Stimmung war herzlich, immer wieder gab es freundlichen Blickkontakt zwischen dem Papst und den anderen Rednern, auch wechselten sie zwischendurch ein paar Worte. 

Menschen-, Frauen- und Kinderrechte schützen

Neben dem Thema Frieden ging Papst Franziskus bei seiner zweiten Rede in Bahrain auch auf einige Menschenrechte konkret ein. Das Kirchenoberhaupt mahnte so - wie bereits am Vorabend bei seiner ersten Rede in Bahrain - erneut echte Religionsfreiheit an. Es reiche nämlich nicht aus, „Genehmigungen zu erteilen und die Freiheit der Religionsausübung anzuerkennen", sondern es müsse „echte Religionsfreiheit erreicht werden". Nicht nur Gesellschaften sondern auch alle Glaubensrichtungen müssten sich diesbezüglich prüfen. Konkret warb Papst Franziskus zudem für eine Anerkennung der Frauen „in der Bildung, bei der Arbeit, bei der Ausübung ihrer sozialen und politischen Rechte“.

Dies war übrigens bereits Thema im Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen, das Papst Franziskus und der Großscheich von Al Azhar, Ahmed al-Tayyeb, im Februar 2019 in Abu Dhabi unterzeichnet hatten. Beim Thema Anerkennung der Frau und weiteren Menschenrechten sei übrigens Bildung elementar, führte Franziskus in Bahrain aus: 

„In diesem wie in anderen Bereichen ist Erziehung der Weg, sich von historischen und sozialen Vermächtnissen zu emanzipieren, die jenem Geist geschwisterlicher Solidarität entgegenstehen, der diejenigen kennzeichnen muss, die Gott anbeten und ihren Nächsten lieben."

Das katholische Kirchenoberhaupt mahnte in seiner Rede außerdem „vollwertige Bürgerrechte" und einen Schutz der Grundrechte der Kinder an. 

Immer wieder bezog sich Franziskus in seiner Rede auch auf die Erklärung des Königreichs Bahrain. Das vom König 2017 unterzeichnete Dokument ist eine Art Absichtserklärung, in der etwa ein gewisses Maß an Religionsfreiheit unterstützt wird. Das islamische Land verfolgt eine vergleichsweise liberale Religionspolitik, einschließlich der Verleihung des Bürgerrechts an einzelne Christen. Für Verletzungen grundsätzlicher Menschenrechte steht das Land aber immer wieder in der internationalen Kritik.

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Gebet und Öffnung des Herzens

Für eine friedlichere, gerechtere und geschwisterliche Welt sei auch das Gebet zentral, da es den Menschen helfe, sie etwa von Egoismus und Selbstbezogenheit zu befreien, führte Franziskus in seiner Rede weiter aus. Neben der Bedeutung des Gebets und der Bildung betonte er in seiner Ansprache als dritten Aspekt auch das Handeln im Sinne der Nächstenliebe:

„Der Schöpfer lädt uns zum Handeln ein, vor allem zugunsten zu vieler seiner Geschöpfe, die in den Agenden der Mächtigen noch nicht genügend Platz finden: Arme, Ungeborene, ältere Menschen, Kranke, Migranten... Wenn wir, die wir an den Gott der Barmherzigkeit glauben, nicht auf die Elenden hören und nicht den Stimmlosen eine Stimme geben, wer wird es dann tun?", rief Franziskus allen ins Gewissen. Seine erste Ansprache in Bahrain an diesem Freitag schloss er dann mit einem Aufruf der Solidarität:

„Gemeinsam Propheten des Zusammenlebens, Schöpfer der Einheit und Friedensstifter sein“

„B emühen wir uns, den verwundeten und geprüften Menschen zu Hilfe zu kommen! Auf diese Weise werden wir den Segen des Allerhöchsten auf die Welt lenken. Er möge unsere Schritte erleuchten und unsere Herzen, unseren Verstand und unsere Kräfte vereinen (vgl. Mk 12,30), damit der Anbetung Gottes die konkrete und geschwisterliche Nächstenliebe entspricht: damit wir gemeinsam Propheten des Zusammenlebens, Schöpfer der Einheit und Friedensstifter sind. Danke."

An diesem zweiten Tag der Papstreise stand später dann eine private Begegnung mit dem Großiman von Al-Azhar, Ahmed al-Tayyeb in der päpstlichen Residenz im Al-Sakhir-Palast, auf dem Programm. Am Nachmittag folgt außerdem eine Begegnung mit Mitgliedern des „Muslimischen Ältestenrats" in der Moschee des Al-Sakhir-Palasts und zum Abschluss eine Ökumenische Begegnung mit Friedensgebet in der Kathedrale Unserer Lieben Frau von Arabien.

(vatican news/kap - sst) 

 

 

 

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04. November 2022, 11:10