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Papst Franziskus bei der Generalaudienz Papst Franziskus bei der Generalaudienz 

Papst: „Manchmal ist Traurigkeit wie eine Ampel“

Traurigkeit oder Trostlosigkeit nicht wegschieben, sondern „lesen lernen“ und daraus lernen: dazu hat Franziskus bei seiner Generalaudienz ermutigt. An diesem Mittwoch schlug der Papst ein weiteres Kapitel seiner Katechesenreihe zur geistlichen Unterscheidung auf.

Anne Preckel – Vatikanstadt

Niemand ist gerne traurig oder fühlt sich trostlos. Dennoch sind solche Gefühle alltäglich und real – und es lohnt es sich, damit umzugehen, machte der Papst deutlich. Auch in diesem Teil seiner Katechesenreihe stützte er sich auf die Methode der „Unterscheidung der Geister“ des Ignatius von Loyola (1491-1556).

„Ich glaube, wir alle haben in irgendeiner Form schon einmal Trostlosigkeit erlebt“, schickte Franziskus voran: „Das Problem besteht darin, wie wir sie lesen können, denn sie hat uns etwas Wichtiges mitzuteilen.“

Zum Nachhören - was der Papst bei der Audienz sagte

Das Gewissen meldet sich

Ausgehend von Traurigkeit empfänden Menschen etwa Reue und änderten ihr Leben, nannte der Papst ein Beispiel. Im unangenehmen Gefühl melde sich ihr Gewissen – ein erster Schritt zur Verhaltensänderung.

Dies habe auch der italienische Schriftsteller Alessandro Manzoni in seinem Buch „Promessi sposi“ („Die Verlobten“, 1827) beschrieben, als er einen Kardinal die innere Zerrissenheit eines Mannes als „gute Nachricht“ beschreiben ließ: Sie sei Zeichen dafür, dass Gott sein Herz berühre – und eine „Einladung“, einen Weg der inneren Unterscheidung zu beschreiten, ergänzte der Papst. Der Roman „I Promessi sposi“ zählt zu den Lieblingsbüchern von Papst Franziskus, er zitiert häufiger daraus. 

Traurigkeit werde heute meist negativ gewertet und verdrängt – „als ein Übel, dem man um jeden Preis entkommen muss“. Dabei könne der Seelenschmerz „eine unverzichtbare Alarmglocke für unser Leben“ sein, erinnerte der Papst, denn er verweise auf „eine mögliche Gefahr oder auf ein vernachlässigtes Gut“, formulierte er mit Thomas von Aquin.

Unangenehme Gefühle ernst nehmen, eine Frage der Gesundheit

Franziskus empfahl also, die eigene Traurigkeit und Trostlosigkeit ernst zu nehmen – „sie schützt uns, damit wir uns und anderen nicht schaden“, ja sei „für unsere Gesundheit unverzichtbar“:

„Es wäre viel ernster und gefährlicher, dies nicht zu spüren und einfach so weiterzumachen. Die Traurigkeit funktioniert manchmal wie eine Ampel, die sagt: Bleibe stehen, bleibe stehen, es ist rot! Ich bin traurig, da ist etwas.“

Manchmal könnten Gefühle der Traurigkeit auch in Form einer Versuchung daherkommen, fuhr der Papst fort – wenn sie uns entmutigen, Langeweile verbreiteten und uns etwas Begonnenes wie die Arbeit, das Studium oder das Gebet nicht zu Ende bringen ließen. Hier riet Franziskus zur Ausdauer und einem gewissen Maß an Selbstdisziplin: „Der Weg zum Guten, so erinnert uns das Evangelium, ist schmal und bergauf, er erfordert einen Kampf, eine Selbstüberwindung.“

Weniger ergiebig: Blockaden und Irrwege

Das Gefühl der Trostlosigkeit könne auch manchmal in die Irre führen und zu vorschnellen Entscheidungen verleiten, so der Papst weiter – sei es im Gebetsleben, in der Ehe oder auch im Ordensleben. Statt hier gleich alles hinzuschmeißen, gelte es zunächst einmal die eigene Verfassung zu verstehen, regte Franziskus an. Ein geistlicher Begleiter etwa könne hier Orientierung geben.

„Eine weise Regel besagt, dass man keine Änderungen vornehmen soll, wenn man sich trostlos oder traurig fühlt“, gab er zu bedenken. „Die Zeit danach und nicht die Stimmung des Augenblicks wird zeigen, wie gut oder schlecht unsere Entscheidungen waren.“

Prüfung und Chance zum Wachsen

„Wenn wir es verstehen, Einsamkeit und Trostlosigkeit mit Offenheit und Bewusstheit zu durchschreiten, können wir in menschlicher und geistiger Hinsicht gestärkt daraus hervorgehen.“

Jesus selbst habe verdeutlicht, dass „Hindernisse, Versuchungen, Momente der Traurigkeit“ jeweils wichtige Prüfungen seien, erinnerte der Papst mit Verweis auf das Evangelium. Das gelte grundsätzlich für das geistliche Leben. Und er ermunterte dazu, diese Momente der Prüfung beherzt anzunehmen – ganz bewusst – und daraus zu lernen:

„Wenn wir es verstehen, Einsamkeit und Trostlosigkeit mit Offenheit und Bewusstheit zu durchschreiten, können wir in menschlicher und geistiger Hinsicht gestärkt daraus hervorgehen. Keine Prüfung wird stärker als das sein, was wir tun können. Aber man darf nicht vor den Prüfungen fliehen, sondern muss sich fragen: Was bedeutet es, dass ich traurig bin, dass ich mich trostlos fühle, dass ich nicht weitergehen kann? (…) Geben wir uns nicht geschlagen wegen eines Momentes der Traurigkeit oder der Trostlosigkeit! Gehen wir weiter!“

(vatican news – pr)

 

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26. Oktober 2022, 11:04