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Die Delegation des B'Nai B'rith International beim Papst Die Delegation des B'Nai B'rith International beim Papst 

Papst: Jüdisch-katholischen Dialog durch Hilfe am Nächsten fördern

Den Letzten helfen, den Menschen, die in Armut oder Krankheit leben: dies ist für Papst Franziskus eine konkrete Weise, um größere Geschwisterlichkeit zu fördern. Er äußerte sich an diesem Montag vor einer Delegation des hebräischen B’nai B’rith International, mit ihren weltweit etwa 500.000 Mitgliedern eine der größten jüdischen Vereinigungen.

Eigener Aussage zufolge verfolgt sie die Förderung von Toleranz, Humanität und Solidarität. Und die Anstrengungen der Organisation im Sinne der Wohlfahrt – ein gemeinsames Anliegen von Juden und Christen - hob Franziskus in seiner Ansprache würdigend hervor.

Hier der Beitrag zum Nachhören

„In der Tat, wenn man an die vielen Konflikte und gefährlichen Extremismen denkt, die die Sicherheit aller gefährden, muss man feststellen, dass der größte Risikofaktor oft die materielle, bildungsmäßige und geistige Armut ist, die einen fruchtbaren Boden für das Schüren von Hass, Wut, Frustration und Radikalismus bildet“, so Franziskus zu seinen Gästen. In der heutigen Zeit sei der Frieden in vielen Teilen der Welt aufgrund von Nationalismen, Partikularinteressen und Gier bedroht, und es scheine, als würden diese Tendenzen immer stärker werden, gab Franziskus zu bedenken.

„Doch damit steigt die Gefahr, dass am Ende nur die Menschenwürde verloren geht und mit Füßen getreten wird. Um die Eskalation des Bösen zu verhindern, ist es wichtig, sich an die Vergangenheit zu erinnern, an die Kriege, an die Shoah und an so viele andere Gräueltaten.“

„Um die Eskalation des Bösen zu verhindern, ist es wichtig, sich an die Vergangenheit zu erinnern, an die Kriege, an die Shoah und an so viele andere Gräueltaten“

Die gemeinsame spirituelle Erinnerung von Christen und Juden führe zum ersten Gewaltakt, der in der Schrift bezeugt wird, nämlich zur Tötung Abels durch seinen Bruder Kain. Dieser leugne auf die Frage Gottes, zu wissen, wo sein Bruder sei: „Die Gewalt geht immer mit Lüge und Indifferenz einher“, so die Beobachtung des Papstes: „Wo ist dein Bruder? Lassen wir uns durch diese Frage provozieren, wiederholen wir sie uns oft. Wir können den göttlichen Traum einer Welt von Geschwistern nicht mit einer Welt von gewalttätigen und indifferenten Einzelkindern ersetzen.“ Angesichts von Gewalt und Indifferenz, seien es die Heiligen Schriften, die uns die Herausforderung des „Du“ entgegenstellten: „Die Treue zu dem, was wir sind, zu unserer Menschlichkeit, bemisst sich hier: sie bemisst sich an der Geschwisterlichkeit, am Antlitz des anderen.“

„Wir können den göttlichen Traum einer Welt von Geschwistern nicht mit einer Welt von gewalttätigen und indifferenten Einzelkindern ersetzen“

Man könne „nicht sich selbst finden, ohne den Bruder zu suchen“, ebenso wenig wie den „Ewigen, ohne den Nächsten zu umarmen“, so der Papst mit Blick auf zwei „mächtige göttliche Fragen“ der Bibel: „Wo ist dein Bruder“ an Kain und „Wo bist du?“ an Adam.

Gegenseitige Unterstützung für gemeinsame Ziele

„Dabei ist es gut, dass wir uns gegenseitig helfen, denn in jedem von uns, in jeder religiösen Tradition wie auch in jeder menschlichen Gesellschaft, besteht immer die Gefahr, dass wir Groll hegen und Streitigkeiten gegen andere schüren, und zwar im Namen absoluter und sogar heiliger Prinzipien. Es ist die verlogene Versuchung der Gewalt, es ist das Böse, das an der Tür des Herzens lauert (vgl. Gen 4,7). Es ist die Täuschung, nach der Gewalt und Krieg Streitigkeiten beilegen. Stattdessen erzeugt Gewalt immer mehr Gewalt, Waffen erzeugen Tod, und Krieg ist nie die Lösung, sondern ein Problem.“

Die Audienz im Vatikan
Die Audienz im Vatikan

In der Genesis werde weiter berichtet, dass der Herr dem Kain ein Zeichen auferlege, damit ihn niemand erschlage. Und genau hier liege die göttliche Logik, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen, unterstrich Franziskus. Dies sei eine Aufgabe, die Christen und Juden gemeinsam angehen könnten, so der Papst mit Blick auf den Einsatz für benachteiligte Menschen, Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.

Ihm sei es schon seit Schulzeiten, wo er jüdische Mitschüler hatte, eine „Herzensangelegenheit“ gewesen, den „jüdisch-katholischen Dialog zu fördern und zu vertiefen“, wobei er an einen Dialog aus Begegnung und Gesten der Geschwisterlichkeit denke: „Lassen Sie uns gemeinsam auf der Grundlage gemeinsamer geistiger Werte voranschreiten, um die Menschenwürde gegen jede Gewalt zu verteidigen und den Frieden zu suchen“, so die abschließende Einladung des Kirchenoberhauptes.

Konflikt von Protokollstelle und Medizinern...

Zu Beginn seiner Ansprache bat der Papst ohne große Umschweife für eine Verspätung gegenüber dem geplanten Beginn der Audienz um Entschuldigung. Er habe sich einer Physiotherapie unterziehen müssen, „und das Protokollamt und die Ärzte haben sich nicht abgesprochen, so dass es zu einer Überlappung der Uhrzeiten kam. Entschuldigt bitte!“

(vatican news - cs)

Die Audienz im Vatikan
Die Audienz im Vatikan

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30. Mai 2022, 11:22