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Papst Franziskus bei seiner Ankunft in Larnaca Papst Franziskus bei seiner Ankunft in Larnaca 

Zypern: Ein Papstbesuch, mit dem viele Hoffnungen verbunden sind

Papst Franziskus ist an diesem Donnerstag zu seiner 35. Auslandreise aufgebrochen. Er besucht Zypern und danach Griechenland. Unsere Kollegin Christine Seuss ist in Nikosia vor Ort, wir haben mit ihr gesprochen.

Christine, du bist bereits gestern Abend in Zypern, in Nikosia angekommen, wie hast du die Atmosphäre in Erwartung des Papstes wahrgenommen?

Christine Seuss: Ich muss sagen, in den Straßen sieht man nicht besonders viel, also ich habe keine großen Plakate gesehen, keine großen Zeitungsartikel, und auch die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, haben mir bestätigt, dass natürlich alle wissen, dass der Papst heute kommt, aber dass der Besuch auf eine sehr nüchterne und bescheidene Art stattfindet.  Dass jetzt gerade in diesen Tagen ungewöhnlich schönes Wetter ist, richtig sonnig und warm, das kommt natürlich in dem Zusammenhang sehr gelegen… Zypern ist mehrheitlich orthodox, wie wie wir wissen, und auch wenn die Beziehungen zwischen der Orthodoxen Kirche von Zypern und der Katholischen Kirche ausnehmend gut sind, wollte die kleine katholische Gemeinde doch offensichtlich eher ein niedriges Profil für den Besuch wahren.

Hier unser Kollegengespräch zum Nachhören

Wie liefen denn die Vorbereitungen, ist alles fertig geworden?

Christine Seuss: Ich habe mit verschiedenen Organisatoren gesprochen, und die beiden katholischen Gemeinden, also die Maronitische Gemeinde und die Lateinische Gemeinde, die dem Patriarchat von Jerusalem zugehörig ist, haben sich wirklich mächtig ins Zeug gelegt und in wirklich kurzer Zeit das ganze sehr dichte Programm vorbereitet. Dabei haben unglaublich viele Freiwillige der Gemeinden, aber auch darüber hinaus, geholfen, zum Beispiel bei der Messe im großen Stadium werden viele junge und ältere Menschen helfen. Auch die staatlichen Autoritäten haben sich große Mühe gegeben, der Besuch des Papstes ist für alle ein ganz besonderes Ereignis, das hat unter anderem auch die Tatsache gezeigt, dass der Präsident von Zypern selbst spontan und ganz ungeplant zugestimmt hat, uns als meines Wissens einzigem Medium ein Statement im Vorfeld zu geben, in dem er den Papstbesuch für Zypern als ,historisch‘ bezeichnet und dessen Bedeutung betont; also, ein Besuch, der auf allen Ebenen sehr ernst genommen wird.

Präsident Nikos Anastasiadis bei einem Statement für Radio Vatikan (Foto Antonis Skoullos)
Präsident Nikos Anastasiadis bei einem Statement für Radio Vatikan (Foto Antonis Skoullos)

„Alle Erwartungen übertroffen“

Was haben dir denn die Organisatoren berichtet, was waren die besonderen Herausforderungen, abgesehen natürlich von der kurzen Zeit nach der offiziellen Bekanntgabe des Besuches?

Christine Seuss: Ich habe unter anderem mit Pierbattista Pizzaballa gesprochen, dem Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, der auch für Zypern zuständig ist, und er hat mir gesagt, dass sie doch ein wenig Sorgen hatten, wie der Besuch aufgenommen werden würde, aber dass der große Enthusiasmus, der ihnen aus ihrem Umfeld und auch darüber hinaus entgegenschlug, sie selbst überrascht hat. ,Alle  Erwartungen übertroffen‘, sagte Pizzaballa wörtlich. Vor allem die Migranten, um die sich die katholische Gemeinschaft hier besonders kümmert und von denen es hier sehr viele gibt – das kleine Zypern hat ja immerhin die größte Quote an Asylanfragen pro Kopf in der EU, das darf man nicht vergessen - freuen sich nach Aussage des Patriarchen sehr über die Möglichkeit, ein Zeugnis abzulegen am Freitag in der franziskanischen Kirche hier.

Der Patriarchalvikar von Zypern, Bruder Jerzy, der seit Wochen Tag und Nacht für den Besuch des Papstes hier vor Ort arbeitet, war heute morgen selbst ganz überwältigt, als ich ihn gesehen habe, die Tickets für die Papstmesse im großen Stadium von Nikosia sind alle weg, und ich selbst habe gesehen, dass alle paar Minuten Leute ankommen und noch nach Tickets gefragt haben, dann aber leider mit leeren Händen wieder abziehen mussten… Auch mit dem Beauftragten für die Presse habe ich gesprochen, er ist ein aktives Gemeindemitglied bei den Maroniten und macht das alles neben seinem Job als Manager freiwillig, und er hat mir gesagt, dass die Anforderungen für den Besuch des Papstes alles überstiegen haben, was bei Besuchen anderer Staatsangehöriger vielleicht an Standardprotokoll dazugehört. Also eine riesen Aufgabe, die sie aber, das hat mir besagter Antonis Skoullos auch berichtet, dank der großen Begeisterung aller Mitarbeiter meistern konnten.

Fokus Migration und Ökumene

Was sind denn so die Höhepunkte der Reise?

Christine Seuss: Klarerweise liegt der Fokus des Papstes bei dieser Reise auf dem Thema Migration, es wurde ja nicht umsonst auch vor kurzem durch die zypriotischen Behörden bekannt gegeben, dass im Umfeld des Papstbesuches die Umsiedlung von etwa 50 Migranten aus Zypern nach Italien erfolgen sollte. Also der Papst wird wie üblich die katholische Gemeinde treffen, dies geschieht in der Maronitischen Kathedrale, die nur einen Steinwurf vom Franziskanerkonvent entfernt ist, dann die Autoritäten und auch eine große Messe halten, aber diesmal ist am Freitag auch eigens ein Treffen mit den Migranten eingeplant, die Zeugnisse geben werden von einem Schicksal, das persönlich und doch universell ist. Weiter geht es ja dann in Griechenland, mit einem Besuch auf der Insel Lesbos, die sich wie kaum ein anderer Ort zu einem Symbol für die Flüchtlingskrise entwickelt hat.

Aber ein anderer großer Schwerpunkt liegt auch auf der Ökumene, oder?

Christine Seuss: Ja, der Papst wird, und das ist praktisch der in meiner Aufzählung von eben noch fehlende Programmpunkt in Zypern, den orthodoxen Erzbischof Chrysostomos II. treffen, der auch schon mehrfach mit Benedikt zusammengetroffen ist, ihn auch ihm Vatikan besucht hat. Die Beziehungen sind ausnehmend gut. Und dann, eine weitere Besonderheit, ist der Papst ja durch den gesamten Heiligen Synod der Orthodoxen Kirche in Zypern eingeladen worden. Also ein ganz wichtiges ökumenisches Zeichen, diese geschlossene Einladung und das Treffen in der orthodoxen Kathedrale von Nikosia.

„Ein Schmelztiegel, ein Ort, an dem viele Kulturen zusammenkommen“

Zypern ist ja ein Land, das mit vielen Problemen zu kämpfen hat, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, der Coronavirus, die Migrationsflüsse auf die Insel, die extrem zugenommen haben in den letzten Jahren, aber auch die Teilung…

Christine Seuss: Genau, die ersten beiden Probleme sind natürlich nicht nur zypernspezifisch, aber die letzten beiden eben schon. Zypern ist praktisch ein Kreuzweg, nahe an der Türkei, am Nahen Osten, aber eben auch EU-Gebiet. Ein Schmelztiegel, ein Ort, an dem viele Kulturen zusammenkommen. Und diese Teilung in den türkisch besetzten Teil und in den zypriotisch-griechischen Teil, das schafft schon viele Schwierigkeiten. Vor allem die maronitische Minderheit leidet sehr darunter.

Die maronitische Kathedrale in Nikosia
Die maronitische Kathedrale in Nikosia

Wieso das?

Christine Seuss: Weil die Maroniten traditionell im Norden der Insel wohnten, dort ihre vier wichtigsten Dörfer hatten und diese immer noch als ihre angestammte Heimat sehen. Es bereitet den Maroniten große Sorgen, auch das hat mir Antonis Skoullos erzählt, den ich eben erwähnt habe, dass sie in der Mehrheitsgesellschaft von Zypern ohne ihre eigene Tradition, ihre eigene Kultur und ihre eigenen Gemeinschaften schlichtweg assimiliert werden. Die jungen Leute heute kennen diese Dörfer nur noch aus Erzählungen oder Besuchen, und nur noch extrem wenige Maroniten leben heute dort, nachdem sie sie 1974, mit Beginn der türkischen Besatzung, verlassen mussten. Die Situation ist in der lateinischen Gemeinde anders, viele dort sind nicht gebürtige Zyprioten, sondern eben Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nach Zypern kamen und sich hier endgültig oder nur für ein paar Jahre niedergelassen haben.

Das verbindende Element

Was für Hoffnungen verbinden die Menschen denn mit dem Papstbesuch?

Christine Seuss: Nun, jeder hat natürlich so ein bisschen seine eigenen Hoffnungen. Aber allen gemein ist es doch, dass sie dieses verbindende Element des Papstbesuches hervorheben. Er kommt für alle Zyprioten und Bewohner des Landes, wozu ja auch ausdrücklich die Migranten gezählt werden. Die Hoffnung ist natürlich auch die auf Dialog, auf internationale Aufmerksamkeit für die spezifischen Probleme des Landes, und ganz besonders für die Katholiken natürlich die Stärkung im Glauben und die Gewissheit, dass ihre kleine Minderheit in den Augen des Papstes und der Weltkirche wichtig ist.

(vatican news - cs)

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02. Dezember 2021, 15:55